Schlaglichter: Mit der Corona-Pandemie beginnt die Diskussion über die kurz- und langfristigen Konsequenzen

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Das zweite Quartal startete eigentlich wie das erste Quartal. Es gab neue Zahlen zum Strommix in Deutschland. So erreichten die Erneuerbaren in den ersten drei Monaten einen Anteil von 52 Prozent am Bruttostromverbrauch; bei der Nettostromerzeugung lag er sogar bei fast 55 Prozent. Zwischen Januar und April erzeugten die Photovoltaik-Anlagen bereits 14,3 Terawattstunden Solarstrom – gegenüber dem Vergleichszeitraum 2019 ein Plus von 17 Prozent. Allein im April waren es 7 Terawattstunden, was 20 Prozent der Nettostromerzeugung in dem Monat entspricht. Kaum zum Zuge kamen dagegen die Kohlekraftwerke.

Sowohl ZSW und BDEW sowie das Fraunhofer ISE wiesen jedoch auf Sondereffekte hin. So führten die günstigen Windbedingungen und außergewöhnlich vielen Sonnenstunden ebenso zu diesem hohen Erneuerbaren-Anteil wie auch die stark eingebrochene Industrienachfrage mit Beginn des Lockdowns im März in Deutschland. Letzterer wirkte sich massiv auf die Börsenstrompreise aus. Die Analysten von Enervis warnten daher auch vor einer Häufung negativer Strompreise in der nächsten Zeit. Daneben begann im April auch das rapide Abschmelzen des Überschusses auf dem EEG-Konto. Zudem machen erste Horrormeldungen über den zu erwartenden Anstieg der EEG-Umlage als Folge der durch die Corona-Krise bedingt sinkenden Strompreise die Runde. Eine Analyse von Enplify prognostiziert im April einen Anstieg auf bis zu 8,25 Cent pro Kilowattstunde.

Ein schneller Photovoltaik-Ausbau könnte rasch Wertschöpfung im Land und neue Arbeitsplätze schaffen.

Foto: Selina Photovoltaic GmbH

Bereits in dieser Zeit zeichnete sich die verheerende Wirkung der Corona-Pandemie auf die Wirtschaft in vielen Ländern ab. Daher kamen auch die Rufe nach Konjunkturprogrammen und vor allem danach, diese „grün“ auszugestalten. Etwa in Österreich wurde passend dazu eine Studie vorgelegt. Sie zeigt, dass ein verstärkter Photovoltaik-Ausbau das Potenzial hätte, bis zu 200.000 neue Arbeitsplätze bis 2030 im Land zu schaffen. Die Schweiz erkannte schnell das Potenzial der Photovoltaik für eine Wiederbelebung der Wirtschaft. Es stockte noch im April die Solarförderung um 46 Millionen Schweizer Franken auf, um einem Markteinbruch entgegenzuwirken.

In Deutschland folgt wenig später der BDEW, der zentrale Forderungen veröffentlicht, wie mit einer grünen Energieversorgung wirtschaftliche Erholung, Wertschöpfung und Arbeitsmarktbelebung nach der Corona-Krise möglich sind. Der Bundesverband Neue Energiewirtschaft fordert gleich einmal 1000 Gigawatt installierte Photovoltaik-Leistung in Deutschland. Nach seinen Vorstellungen lässt sich die Hälfte der Leistung durch Freiflächenanlagen realisieren. Sie sollen vor allem dort gebaut werden, wo heute noch Energiepflanzen stehen.

Diskussionen zum Nachsehen

Wegen der Corona-Pandemie startete unser virtueller pv magazine Roundtable Europe im Juni 2020 virtuell aus dem Fernsehstudie, mit zugeschalteten Experten aus aller Welt, und Fragen per Chat und Meet-the-speaker Break-Out-Räumen. Die vier Sessions können Sie hier nachsehen:

In diese Zeit fällt auch der 20. Geburtstag des EEG, ohne das es vermutlich weltweit deutlich länger gedauert hätte, die Photovoltaikindustrie zu entwickeln und Solaranaergie als günstige Energiequelle zu etablieren. Hans-Josef Fell, einer der Väter des Gesetzes, erläutert im pv magazine Podcast, warum er es immer noch für relevant hält, wie es weiter entwickelt werden sollte und wie sich die Corona-Krise auf den Klimaschutz auswirkt. Von der Politik wird es abhängen, ob dieser positiv oder negativ ist.

Drohende Stromlücke in Deutschland – Österreich schaltet letztes Kohlekraftwerk ab

In Deutschland wiederum zeigte der BEE, dass bis 2030 eine Ökostromlücke droht. Darüber sollten weder die Erzeugungszahlen aus dem ersten Quartal hinwegtäuschen noch die vom Umweltbundesamt verzeichneten gesunkenen CO2-Emissionen bei der Stromerzeugung. Die Forderungen nach einem jährlichen Photovoltaik-Zubau von zehn Gigawatt werden lauter. Der Bundesverband Solarwirtschaft spricht wenig später nicht nur von einer Ökostromlücke. Er fürchtet bereits ab 2023 eine Stromlücke wegen der Abschaltung von Atom- und Kohlekraftwerken, wenn nicht die Photovoltaik und auch Windkraft endlich stärker ausgebaut werden.

Einen historischen Moment gab es in Österreich. Dort ging das letzte Kohlekraftwerk vom Netz. Genauer gesagt handelte es sich um ein kohlebetriebenes Fernheizkraftwerk des Betreibers Verbund in der Steiermark. Dies war ein Meilenstein hin zu einer 100 Prozent auf erneuerbaren Energien basierenden Stromversorgung, die Österreich bis 2030 anstrebt. Die Grundlage dafür soll das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz bilden, was jedoch auch nur langsam im Laufe des weiteren Jahres vorangebracht wird.

Photovoltaik-Rekord in der Osterwoche

Wieviel die in Deutschland installierten Photovoltaik-Anlagen jedoch aktuell schon leisten können, zeigten sie in der Osterwoche. Sie trugen auf Wochenbasis 23 Prozent zur Nettostromerzeugung bei – ein neuer Rekord. Allerdings darf man dabei auch nicht die speziellen Umstände in der Zeit vergessen. Dass es noch deutlich mehr Photovoltaik braucht, offenbarte dann auch eine Studie von Solarpower Europe und der finnischen Universität LUT. Sie kommt unter anderem zu dem Schluss, dass ein klimaneutrales Europa bereits vor 2050 möglich ist. Allerdings nur mit einem Anteil von 60 Prozent Photovoltaik.

Prosumer-Modell der Bundesnetzagentur sorgt für Zündstoff

Bislang gibt es keine wirtschaftliche Weiterbetriebsoption für Photovoltaik-Anlagen, die ab 2021 aus der EEG-Förderung fallen.

Foto: Wirsol

Ende April macht das Bundeswirtschaftsministerium erstmals zarte Andeutungen über seine Pläne für eine EEG-Reform noch in diesem Jahr. Mit der Novelle soll es dann auch eine Anschlussregelung für die Post-EEG-Anlagen geben, so die Versprechungen. Auch wenn das Thema EEG-Reform damit auf dem Tisch liegt, vergehen doch noch Monate bis zum ersten Entwurf. Derweil präsentierte kurz darauf der Solarenergieförderverein vier Voraussetzungen, um einen wirtschaftlichen Weiterbetrieb zu ermöglichen. Die späteren Vorschläge der Politik sind davon jedoch weit entfernt. Auch mit Blick auf eine anstehende EEG-Reform hatte die Bundesnetzagentur Vorschläge für die Förderung von Photovoltaik-Anlagen erarbeitet. Ihr Prosumer-Modell sorgte gerade im Frühjahr für viel Diskussion in der Photovoltaik- und Speicherbranche.

Eine kleine Mini-EEG-Novelle wird noch Ende April vom Kabinett beschlossen und anschließend durch den parlamentarischen Prozess gejagt. Nicht darin enthalten ist sehr zur Verärgerung der Solarbranche die Abschaffung des 52-Gigawatt-Deckels. Auch nehmen die Debatten über eine politisch gesteuerte Absenkung der EEG-Umlage langsam Fahrt auf. Damit soll einem massiven Anstieg der Umlage für das nächste Jahr entgegengewirkt werden. Mit ihrem Corona-Konjunkturpaket beschließt die Bundesregierung schließlich eine leichte Absenkung der Umlage auf 6,5 Cent pro Kilowattstunde für 2021. Das Defizit wird mit Haushaltsmitteln ausgeglichen.

Erste Bundesländer erlassen Photovoltaik-Pflicht

Die Bundesländer feilen unterdessen weiter Pläne für eine Photovoltaik-Pflicht für Neubauten. Hamburg macht sich zum Vorreiter und beschließt sie mit seinem neuen Klimaschutzgesetz. Greifen soll die Vorschrift ab 2023. Baden-Württemberg und Bremen ziehen kurze Zeit später nach. Das Ländle beschließt die Photovoltaik-Pflicht für Nicht-Wohngebäude ab 2022. Auch im Nachbarland Österreich ist dies ein Thema. Die Hauptstadt Wien weitet ihre Photovoltaik-Pflicht für Neubauten weiter aus. Bayern kommt die Photovoltaik-Pflicht erst mit der Sommerpause auf die Agenda. Der Freistaat beschließt erst einmal, sein Kontingent für Freiflächenanlagen in benachteiligten Gebieten deutlich auszuweiten. Immerhin 200 Zuschläge im Jahr sind nun für solche Anlagen möglich.

Eine IRENA-Studie zeigt auf, wie günstig die Erneuerbaren mittlerweile sind. Mehr als die Hälfte der 2019 installierten Erneuerbaren-Leistung produziert demnach zu geringeren Kosten Strom als neue Kohlekraftwerke. In puncto Kostensenkung der Photovoltaik sind die Ergebnisse der ITRPV-Roadmap immer wieder spannend. Die weiteren Kostenreduktionen lassen sich bei einer erwarteten Lernrate von 23,5 Prozent erahnen. Zugleich wird in der aktualisierten Ausgabe auf den Trend hin zu größeren Wafern eingegangen. Dieser wird vor allem durch die führenden Hersteller aus China getrieben. Sie überbieten sich in der Vorstellung immer leistungsstärkerer Module, allerdings auch basierend auf wesentlich größeren Formaten. So gehörten Trina Solar und Jinko Solar zu den ersten Unternehmen, die Solarmodule mit mehr als 500 Watt Leistung ankündigten.

Photovoltaik-Produktion kehrt nach Europa zurück

In Deutschland und Europa muss man Photovoltaik-Hersteller mittlerweile eher mit der Lupe suchen. Doch dies könnte sich in naher Zukunft wieder ändern. Ein wesentlicher Grund dafür sind die Pläne von Meyer Burger. Der CEO des Schweizer Unternehmens, Gunter Erfurt, ließ im Mai erstmals Pläne verlauten, Gigawatt-Fertigungen für hocheffiziente Solarmodule und Solarzellen aufbauen zu wollen. Diese trieb er in der Folge konsequent voran und nun zeichnet sich ab, ab nächsten Sommer werden die Zellen in Bitterfeld und die Module in Freiberg vom Band laufen. Auch die Eigentümer von Heckert Solar kündigen in dieser Zeit den Bau einer neuen Fabrik in Thüringen an. Auch dort soll es 2021 losgehen und 370-Watt-Module werden vom Band laufen. Der zweideutige Name des neuen Herstellers: Solarwelt.

Die Diskussionen über die nationale Wasserstoffstrategie halten auch im Frühjahr an. Viel diskutiert wird dabei, ob Deutschland genug erneuerbare Energien zubauen kann, um den Bedarf an grünem Wasserstoff selbst zu decken. Das EWI in Köln meint nein und plädiert daher für Technologieneutralität, was aber nichts anderes bedeutet, als auch auf Erdgas und Atomkraft zur Herstellung des Wasserstoffs zu setzen. Dabei arbeitet nicht nur Deutschland an einer passenden Wasserstoffstrategie, sondern auch die EU-Kommission. Es sickern Pläne durch, wonach sie mit ihrer Strategie einen Umsatz von 140 Milliarde Euro bis 2030 in der Branche anstrebt.

In Europa dominieren die Debatten über den Green Deal die Tagesordnung und auch wie dieser die Wirtschaft nach der Corona-Krise wieder ankurbeln kann. EU-Kommissionpräsidentin Ursula von der Leyen legt dazu ein milliardenschweres Programm vor. Es trägt den Titel „Next Generation EU“, doch Kritikern sind die Pläne nicht ambitioniert genug.

Erste Entscheidungen im Patentstreit von Hanwha Q-Cells

Im von Hanwha Q-Cells initiierten Patentstreit mit den Konkurrenten Jinko Solar, Longi Solar und REC zeichnete sich im April ab, dass die US-Richter die Klage nicht zugunsten des südkoreanischen Herstellers entscheiden werden. Im Juni dann der Paukenschlag in Deutschland. Die Düsseldorfer Richter stimmten in erster Instanz für Hanwha Q-Cells. Auch einen „Gegenschlag“ gab es zwischen diesen beiden Ereignissen. Im Mai reichte REC in China eine Patentklage gegen Hanwha Q-Cells ein.

Eher positiv scheint sich die Corona-Krise auf die Speicherbranche auszuwirken. Der Wunsch der Menschen nach mehr Autarkie äußert sich in Batteriesystem-Käufen. Im Juni ist der 200.000 Photovoltaik-Speicher installiert. Damit hat sich ihre Zahl in nur zwei Jahren verdoppelt. Auch die jeweiligen Speicherförderungen in den Bundesländern, die eine haben, laufen weiter wie geschmiert, auch wenn die Bearbeitung von Corona-Hilfsanträge zeitweise Vorrang hat.

1 Stunde Information und Diskussion zum Nachsehen

Themen in Q2:

  • Sind n-Typ-Module der nächste Standard?
  • Solarenergie und Elektromobilität – Ein Praxisleitfaden zur Errichtung intelligenter Ladeinfrastruktur
  • Der Testsieger der Stromspeicher-Inspektion 2020 im Webinarcheck
  • Erfolgreiche Finanzierung und Umsetzung von PPA-Projekten
  • Bis zu 2000 Euro sparen, mit Netz- und Anlagenschutz direkt im Wechselrichter?
  • Neustart bei Solar-Log – wie kundenfreundlich geht Monitoring?
  • Ein neuer Player in der Solar-Arena – ABB Solar wird Fimer
  • Post-EEG-Anlagen – Rechtzeitig umrüsten und Solarstrom selbst nutzen

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