Serie – Wahlprogramme fit für die Energiewende: Die Grünen

Bündnis 90 Die Grünen Parteilogo

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Die Grünen möchten den Ausbau von Windkraft, Photovoltaik, Speicher und Elektrolyseuren durch Bürokratieabbau, Planungssicherheit und Geschäftsmodelle vorantreiben. Können Sie für jeden der drei genannten Treiber ein konkretes Beispiel nennen?

Vereinfachung der Anlagenzusammenfassung, Angleichung der technischen Anschlussbedingungen, leichtere Voraussetzungen für das Repowering von Anlagen – das sind nur ein paar Beispiele für bürokratische Hürden, die wir Grüne zuletzt beiseite räumen konnten. Wir wollen genau dort weitermachen. Indem wir entschlossen den Weg der erneuerbaren Energien weitergehen, nicht an den Ausbauzielen des EEG rütteln und nicht in Erinnerungen der fossilen Vergangenheit schwelgen, geben wir Menschen Vertrauen und Sicherheit, wenn sie den Weg von Solarenergie, Windenergie und Co. einschlagen. Die Transformation unseres Energiesystems braucht uns alle. Daher sorgen wir auch dafür, dass Modelle wie das Energy Sharing endlich kommen.

Sie wollen regionale Energiemärkte prüfen. Bedeutet das, sie wollen mehrere Strompreiszonen prüfen? Wer soll das prüfen und wann?

Die europäische Regulierungsbehörde ACER führt hierzu Prüfungen auf Grundlage der aktuellen Rechtslage durch. Die entscheidende Aufgabe ist, dass tageszeitlich flexible Technologien wie zum Beispiel Batteriespeicher, Wärmepumpen und verschiedene Anwendungen in Gewerbe und Industrie einen Vorteil davon haben, sich an dem regional verfügbaren Angebot von Sonnen- und Windstrom zu orientieren.

Verteilnetze sollen technisch und regulatorisch auf die Integration von erneuerbarer Energie vorbereitet werden. Welche Technologien und welche Regeln sollen kommen, die in den letzten drei Jahren noch nicht ausgerollt wurden?

Wir Grüne wollen einen zügigen und kostengünstigen Smart-Meter-Rollout weiter vorantreiben. Ein wichtiger Punkt ist auch die Möglichkeit der Überbauung bei Netzanschlüssen, die durch unsere Initiative noch am Ende dieser Wahlperiode beschlossen wurde und jetzt in der Praxis Anwendung finden muss. Außerdem unterstützen und begleiten wir die Bundesnetzagentur bei der Digitalisierung der Verteilnetze, damit diese in Zukunft noch besser vorankommt.

Sie versprechen, dass die Netzentgelte im Rahmen und fair bleiben sollen. Was bedeutet das konkret und wie wollen die Grünen das erreichen?

Insbesondere die sinnvolle Einbindung flexibler Technologien wie Speicher, Wärmepumpen und einiger Anwendungen in Gewerbe und Industrie kann die Gesamtkosten im Stromnetz deutlich senken. So bleiben die Kosten im Rahmen. Fair bedeutet, dass die Kosten nicht einseitig auf wenige Akteure abgeladen werden und zum Beispiel Regionen mit viel Erneuerbaren keine höheren Netzentgelte bekommen. Eine entsprechende Reform haben wir in dieser Legislatur auf den Weg gebracht und diesen Gedanken gilt es beizubehalten. Für die überregionalen Stromleitungen übernehmen wir die Netzentgelte aus dem Deutschlandfonds, den wir aufsetzen wollen.

Die Grünen wollen einen „zunehmend sich selbst tragenden Ausbau von Photovoltaik, Windkraft und Speichern“ ermöglichen, um Strompreise sowie den Bundeshaushalt zu entlasten? Ist das eine Abkehr von der festen Einspeisevergütung?

Erneuerbare Energien tragen inzwischen den Löwenanteil unserer Stromversorgung und sichern damit maßgeblich unsere Versorgung. Das ist ein Riesenerfolg. Wir Grüne wollen weiter vorangehen, denn erneuerbarer Strom ist sauber, bezahlbar und unabhängig von Kriegstreibern. Die Erneuerbaren sind nun unsere führende Stromquelle und darauf muss unser Stromsystem ausgerichtet sein. Daher müssen wir jetzt damit beginnen, neue Regeln für einen auf erneuerbaren Energien ausgerichteten Strommarkt von morgen zu diskutieren.

Was bedeutet das konkret für Betreiber von kleinen und großen Photovoltaikanlagen?

Grüne Politik hat in den letzten Jahren einen regelrechten Solarboom ausgelöst. 2024 wurden alle Ausbauziele übertroffen. Für uns Grüne ist weiterhin klar: Wir schaffen nur alle zusammen die Energiewende. Kleine und große PV-Anlagen werden weiterhin eine tragende Rolle spielen bei der Energiewende – sowohl mit Blick auf Einspeisung als auch über Energy Sharing und Eigenverbrauch. Wir haben die Herausforderungen für die verschiedenen Akteure der Energiewende bei allen anstehenden Entscheidungen fest im Blick.

Wie stehen die Grünen zur Spitzenlastkappung bei der Photovoltaikstromerzeugung?

Die Sicherheit des Stromsystems ist essenziell. Dafür müssen wir unsere Netze ausbauen, Flexibilitäten schaffen und die Digitalisierung vorantreiben. Die Solarenergie übernimmt neben anderen erneuerbaren Energien inzwischen eine Schlüsselrolle in unserem System. Das bedeutet auch, dass sie mehr Verantwortung für die Sicherheit unseres Stromsystems übernehmen muss.

Die Stromsteuer soll auf ein europäisches Mindestmaß gesenkt werden. Aktuell werden mit der Stromsteuer etwa sieben Milliarden Euro jährlich eingenommen, die zur Zusatzfinanzierung der gesetzlichen Rentenkassen eingesetzt werden. Steigen als Folge der Stromsteuersenkung die Rentenbeiträge?

Nein. Unser Konzept sieht vor, aus dem allgemeinen Haushalt Geld für die Senkung der Stromsteuer bereitzustellen. Die Abhängigkeit von fossilen Energien kommt uns viel teurer zustehen. Allein die 200 Milliarden Euro, die den Bundeshaushalt durch die steigenden Gaspreise infolge von Putins Angriff auf die Ukraine gekostet haben, unterstreichen dies eindrücklich. Auch die Folgekosten von Luftverschmutzung durch Quecksilber und Feinstaub aus Kohlekraftwerken und die Zerstörung durch die Klimakrise belasten öffentliche Kassen viel mehr als die Senkung der Stromsteuer.

Stromsteuern gleichermaßen für alle Verbraucher zu senken, ist ein milliardenschwerer Steuernachlass, von dem wohlhabende Haushalte mit höherem Stromverbrauch mehr profitieren als einkommensschwache Haushalte. Warum ist dieses Gießkannenmodell besser als gezielte Stromkostenzuschüsse für kleine und mittlere Einkommen?

Die Absenkung der Stromsteuer ist einer von verschiedenen Bausteinen, der einerseits entlasten und andererseits den Umstieg auf erneuerbare Wärme und Mobilität erleichtern soll. Weiterer wichtiger Baustein ist das sozial gestaffelte Klimageld, das wir gezielt zur Entlastung von mittleren und unteren Einkommen einführen wollen.

Die Grünen streben an, das Gebäudeenergiegesetz in seiner Form fortzuführen und notwendige Umrüstungen von Gasheizungen auf Wärmepumpen mit 70 Prozent Förderung zu bezuschussen. Wie hoch sind die Kosten für den Haushalt für dieses Programm?

Laut Bundeswirtschaftsministerium ist die Förderung für den Ausstieg aus dem Heizen mit Öl und Gas auch im Jahr 2025 bedarfsgerecht finanziert; das heißt, die Höhe der Mittel entspricht nach aktueller Planung dem Bedarf.

Mit steigenden Förderungen steigen auch die Preise der Anbieter. Wie wollen die Grünen vermeiden, dass Mittel aus dem Bundeshaushalt auf diese Weise ineffizient genutzt werden?

Stabile Preise bei Wärmepumpen erreichen wir vor allem mit mehr Planungssicherheit für die Branche. Dazu setzen wir auf Verlässlichkeit und Kontinuität bei der Förderung und stehen für einen geregelten Übergang hin zum klimafreundlichen Heizen.

Im Wahlprogramm heißt es, dass die Grünen eine Produktion von Wasserstoff in Deutschland anstreben. Wie hoch sollen die Produktionsmengen aus Deutschland sein?

Das hängt davon ab, wie schnell der weitere Hochlauf der erneuerbaren Energien gelingt, damit Wasserstoff mittels Wasserelektrolyse aus erneuerbaren Energien gewonnen werden kann. Denn eins ist für uns klar: Wasserstoff soll grün sein.

Wie soll das Produktionsziel erreicht werden? Soll es eine Art Bonus-System für in Deutschland produzierten Wasserstoff geben oder Zölle auf importierten Wasserstoff?

Wasserstoff fördern wir über die Abnahmeseite und haben attraktive Investitionsbedingungen auch bei den anstehenden Entscheidungen zum Strommarktdesign stets im Kopf. Da Wasserstoff relativ teuer zu transportieren ist, halten wir deutschen Wasserstoff für konkurrenzfähig.

Beim Netzausbau sollen für die Ertüchtigung der Übertragungsnetzleitungen Mitteln des Deutschlandfonds eingesetzt werden. Um welchen Betrag lassen sich Netzentgelte damit verringern?

Das Fitmachen der Übertragungsnetze ist eine große Aufgabe, die nicht allein die aktuellen Stromkundinnen und Stromkunden finanzieren sollten. Wir Grüne wollen sicherstellen, dass beides zusammengeht: Der notwendige Netzausbau und günstige Strompreise. Für uns ist wichtig, dass das Gesamtpaket stimmt.

Die Förderung der Netzentgelte aus Bundeshaushaltsmitteln wurde 2024 gestrichen. Warum war die Förderung damals falsch und ist in Zukunft wieder richtig?

Wir hielten die Förderung auch 2024 für richtig. Die damals fest eingeplante Gegenfinanzierung der Förderung der Netzentgelte konnte nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aber nicht aufrechterhalten werden. Eine Neuplanung war für den damals vorliegenden Haushalt nicht mehr möglich.

Die Fragen stellte Marian Willuhn.  

Außerdem stellten wir unsere Fragen noch an die Linke, SPD, CDU und FDP. Die Antworten veröffentlichen wir nach und nach, in der Woche vor der Bundestagswahl.

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