pv magazine: Was hat Sie zum Wechsel von Vattenfall zu Sonnen bewogen?
Fermin Bustamante (Foto): Ich war bis 2015 schon einige Jahre in der Solarbranche tätig und damals zum Beispiel für den Start von Sungrow in der EMEA-Region verantwortlich. Ich wollte dann irgendwann was Neues ausprobieren und bin zu Vattenfall in den Bereich E-Mobilität. Da ging es vor allem um den Ausbau der Ladeinfrastruktur. In der Solarbranche ist in dieser Zeit aber sehr viel passiert. Aus meiner Sicht viel mehr als in der Elektromobilität. Photovoltaik, Speicher, Mobilität und vor allem intelligentes Energiemanagement wachsen zusammen, aus Einzelkomponenten wird ein System. Das finde ich extrem spannend, denn das ist aus meiner Sicht das letzte große Verbindungsstück für eine erfolgreiche Energiewende. Wir sind bei der erneuerbaren Stromerzeugung schon sehr weit, aber erst wenn wir den wetterbedingten Zufallsfaktor rausnehmen und eine konstante Energiequelle daraus machen, ist das Ganze nachhaltig und kosteneffizient. Und das geht nur mit intelligenter Steuerung. Angefangen auf der Haushaltsebene über ein Energiemanagement bis hinauf in die Verteil- und Übertragungsnetze mit virtuellen Kraftwerken. Genau in diesen Bereichen ist mir Sonnen während meiner Karriere immer wieder als Vorreiter aufgefallen, so dass mir die Entscheidung nicht schwergefallen ist.
Die jüngsten Zahlen vom BSW-Solar haben gezeigt, dass die Nachfrage nach Photovoltaik-Heimspeichern 2024 leicht zurückgegangen ist. Dies lag vor allem an der schwächelnden Nachfrage nach privaten Dachanlagen. Wie hat sich dies auf Ihr Geschäft in Deutschland ausgewirkt?
Ja, das haben wir natürlich auch gespürt und mussten Einschnitte hinnehmen, so wie viele andere auch. Die Lager vieler Installateure waren lange voll, was sich zeitversetzt auch auf uns als Hersteller ausgewirkt hat. Ich denke aber, dass wir den Tiefpunkt der Nachfrage im Sommer letzten Jahres gesehen haben. Und wir haben mit einer ganzen Reihe von Maßnahmen dagegengehalten. Dazu zählen neue Produkte wie unser Gewerbespeicher „Flexstack“, der direkt den Smarter E Award gewonnen hat. Die neue „sonnenBatterie 10 performance+“ war zum Start im September sogar überverkauft. Diese Produkte sind also recht gut angelaufen. Die Situation ist natürlich noch nicht vergleichbar mit dem Boom 2022/23, aber aktuell ist unsere Produktion im Allgäu voll ausgelastet. Und die Auftragslage lässt es auch zu, dass wir unser Vertriebsteam in den letzten Monaten deutlich ausbauen konnten und damit unsere Partner intensiv betreuen können.
In Österreich gab es eine ähnliche Situation wie in Deutschland – haben sie dort auch einen Nachfragerückgang verzeichnet?
Ja, im Grunde haben wir in allen europäischen Märkten einen ähnlichen Trend wie in Deutschland gesehen. Im Vergleich zu 2023 ging es bergab und im Sommer haben wir dann die Talsohle erreicht. Daher haben wir in Österreich auch ganz ähnliche Schritte unternommen: Wir haben unser Sales-Team ausgebaut und mit der neuen „sonnenBatterie 10 performance+“ ein neues Produkt auf den Markt gebracht, das auch dort sehr gut ankommt.
Wie groß war der Gesamtabsatz 2024 und was sind die Ziele für dieses Jahr?
Wir können leider keine konkreten Zahlen nennen, aber natürlich war unser Absatz 2024 im DACH-Markt rückläufig. Für 2025 sind wir recht optimistisch. Wir konnten den Schwung aus der zweiten Jahreshälfte mitnehmen und setzen unseren Weg konsequent fort. Dazu gehört zum Beispiel, dass wir demnächst ein neues Produkt speziell für den DACH-Markt vorstellen werden. Aber auch die politischen Entscheidungen der letzten zwölf Monate wie der Paragraf 14a EnWG oder das Solarspitzen-Paket bieten uns und unseren Partnern große Chancen. Es wurden endlich die richtigen Weichen gestellt, damit wir unsere Stärken voll ausspielen können, die wir als Systemanbieter mit unserem integrierten Energiemanagement und dem virtuellen Kraftwerk haben. Damit sind wir zum richtigen Zeitpunkt einzigartig am Markt aufgestellt, was uns unsere Partner auch bestätigen.
Oft wird eine Parallele zwischen Modul- und Speicherherstellern gezogen, wenn es um die fallenden Preise geht. Wie stark sind die Preise für Heimspeicher im vergangenen Jahr bei Ihnen gesunken und mit welchen Maßnahmen kompensieren sie den Preisrückgang?
Die Preise von Modulen waren eine Katastrophe für die deutschen Photovoltaik-Hersteller, aber ein Segen für die Endkunden und die Energiewende. Solarstrom ist so günstig wie nie. Diese extreme Entwicklung haben wir im Speichermarkt so nicht gesehen, aber natürlich haben auch wir unsere Preise gesenkt, die damit sehr wettbewerbsfähig sind. Es ist aber auch klar, dass wir nie der billigste Anbieter am Markt sein werden. Batterien, die nur laden oder entladen können, gibt es ganz viele am Markt, die sich kaum voneinander unterscheiden. Als Systemanbieter können wir Mehrwerte wie Direktvermarktung, intelligente Steuerung und das virtuelle Kraftwerk bieten und so über die Laufzeit eine viel höhere Wertschöpfung für die Kunden erzielen, als es mit einem Standardspeicher möglich ist.
Aber sind die Kunden auch bereit, dafür mehr zu zahlen?
Den meisten Menschen geht es ja um das Preis-Leistungsverhältnis. Wenn ich mehr bekomme, bin ich auch bereit etwas mehr zu investieren. Der Preis ist meist nicht das alleinige Entscheidungskriterium: Nehmen wir mal ein neues Beispiel wie die Sicherheit und die Warnung des BSI vor fernsteuerbaren Komponenten aus China. Als heimischer Hersteller haben wir die Steuerung unserer Systeme in der eigenen Hand, unsere Server stehen in Deutschland. Dieser Umstand wird immer wichtiger, denn durch die neuen Gesetze rücken intelligente Speicher tiefer in unser Energiesystem vor. Da wird es sicher auch eine Diskussion geben, welche Technologien und Anbieter das zukünftig dürfen. So wie wir das auch in der Telekommunikation sehen. Wir übernehmen diese Verantwortung bereits, indem wir zum Beispiel täglich Systemdienstleistungen mit unserem virtuellen Kraftwerk erbringen. Damit bieten wir unseren Kunden Daten-, aber auch Investitionssicherheit. Auch das ist ein Wert, der in unserem Produkt mit drinsteckt.
Das Solarspitzen-Gesetz ist mittlerweile final verabschiedet. Erwarten Sie dadurch einen neuen Impuls für die Speichernachfrage?
Das Gesetz ist revolutionär und es ist aus unserer Sicht lange überfällig gewesen. Das Versprechen der Energiewende ist saubere und günstige Energie. Auf der Produktionsseite haben wir das erreicht, Solarstrom ist vielfach die günstigste Energiequelle. Aber wenn dieser Kostenvorteil im Ausbau der Stromnetze hängenbleibt, haben wir nicht viel gewonnen. Auch deswegen wird die Energiewende in der Bevölkerung teilweise und leider zu Recht als zu teuer wahrgenommen. Deswegen ist dieses Gesetz so wichtig. Genauso wie auch der Paragraf 14a EnWG oder die Pflicht für dynamische Tarife. All das sorgt dafür, dass es sich für Haushalte viel mehr lohnt, Solarstrom intelligent über die Zeit zu verteilen und nicht nur ins Netz zu kippen, wenn er gerade da ist. Die Zeiten für die Volleinspeisung sind damit endgültig vorbei, genauso wie der klassische Eigenverbrauch mit einem einfachen Speicher. Denn wenn der Speicher im Sommer um 10 Uhr voll ist, bringt das den Netzen auch keine Entlastung. Was jetzt zählt, sind intelligente Speicher mit Anbindung an den Energiemarkt. Das ist zweifellos ein ganz zentraler Impuls für den Markt, der viel verändern wird. Wir sind jedenfalls bereit, Systemintelligenz wird endlich belohnt. Darauf setzen wir schon seit vielen Jahren, nicht erst seit dem neuen Gesetz.
Ist diese Weichenstellung mit dem neuen Gesetz so allen klar?
Wir sehen zumindest, dass das neue Gesetz einen gewaltigen Informationsbedarf bei den Installateuren und Endkunden verursacht. Mit dem neuen Gesetz tun sich jede Menge Fragen auf, es gibt viele Details, die man verstehen muss. Welche technischen und rechtlichen Anforderungen gibt es genau? Wie berechne ich jetzt die Wirtschaftlichkeit? Wann sind Bestandsanlagen betroffen? Hier stehen unsere Experten den Partnern mit Rat und Tat zur Seite. Denn bei solchen Neuerungen besteht immer die Gefahr, dass man etwas falsch macht und der Kunde nicht das bekommt, was er will oder was am besten wäre.
Sie haben gesagt, Speicher allein reichen heutzutage nicht mehr, es geht auch viel um die intelligente Steuerung und Energiemanagementsysteme. Was hat Sonnen da im Angebot?
Bleiben wir doch gleich beim Solarspitzen-Gesetz, das solche Technologien ja quasi verlangt: Solange sich die neue Anlage zu Beginn noch in der 60 Prozent-Abregelung befindet, können wir Abregelungsverluste mit unserem prognosebasierten Laden stark reduzieren. Dass wir das sehr gut können, hat vor kurzem die Stromspeicherinspektion der HTW Berlin bestätigt. Dazu kommt unser Energiemanager, der zum Beispiel in Kombination mit unserem „sonnenCharger“ dafür sorgt, dass Überschüsse gezielt in das Elektroauto geladen werden. Wenn die Anlage dann den Smart Meter erhält, was leider aktuell in Deutschland immer noch recht zäh sein kann, bringen wir sie in die Direktvermarktung und damit an den Energiemarkt. In der Direktvermarktung darf man nämlich bei kleinen Anlagen die 60 Prozent-Handbremse sofort lösen. Der Speicher kann dann zum Beispiel über unser virtuelles Kraftwerk im Sommer gezielt ins Netz entladen und dort einen guten Preis am Markt erzielen. Damit ist er am Morgen weitgehend leer, so dass er die Mittagsspitze speichern und damit die negativen Strompreise umgehen kann. An der Stelle können zukünftig auch größere Speicher mit höherer Leistung sinnvoll sein, da negative Preise oft in die Stunden mit dem höchsten Photovoltaik-Ertrag fallen. Für jeden dieser Schritte ist Intelligenz notwendig, die bei uns bereits standardmäßig in jedem unserer Speicher steckt.
Planen Sie, ihren Kunden dynamische Stromtarife anzubieten?
Wir haben im letzten Jahr unseren dynamischen Tarif „EnergyDynamic“ vorgestellt, den wir seit Ende 2024 anbieten. Auch hier nutzen wir die Intelligenz unseres Systems aus lokalem Energiemanagement und virtuellem Kraftwerk für unsere Preisoptimierung. Reicht die eigene Erzeugung nicht aus, wird dann geladen, wenn die Preise am niedrigsten sind. Mit dieser Optimierung können unsere Kunden nochmal deutlich mehr sparen als mit einem einfachen dynamischen Tarif, der nicht gesteuert wird. Parallel dazu bieten wir aber auch unsere fixen Stromtarif „sonnenFlat direkt“ weiter an. Nicht jeder möchte einen dynamischen Tarif, da der natürlich günstiger sein kann, aber eben auch nicht die planbare Sicherheit eines festen Tarifs bietet. Damit können wir jedem Kunden das bieten, was seinen Vorstellungen entspricht.
Dieser Inhalt ist urheberrechtlich geschützt und darf nicht kopiert werden. Wenn Sie mit uns kooperieren und Inhalte von uns teilweise nutzen wollen, nehmen Sie bitte Kontakt auf: redaktion@pv-magazine.com.
Der Tenor von diesem Artikel kommt mir irgendwie bekannt vor… 🤔
Hat Shell („Die Grünesten“ … auf dem Planeten) immer noch ihre Patschhändchen bei Sonnen im Spiel?
Zitat aus dem Artikel
Die Zeiten für die Volleinspeisung sind damit endgültig vorbei, genauso wie der klassische Eigenverbrauch mit einem einfachen Speicher. Denn wenn der Speicher im Sommer um 10 Uhr voll ist, bringt das den Netzen auch keine Entlastung. Was jetzt zählt, sind intelligente Speicher mit Anbindung an den Energiemarkt. Das ist zweifellos ein ganz zentraler Impuls für den Markt, der viel verändern wird. Wir sind jedenfalls bereit, Systemintelligenz wird endlich belohnt. Darauf setzen wir schon seit vielen Jahren, nicht erst seit dem neuen Gesetz. Zitat Ende.
Endlich Energiewende pur. Der PH Schröder von 1komma5° würde das genau so zum Ausdruck bringen.
Bei dem würde das der Uwe alledings als Gehirrnwäsche bezeichnen.
Welche Bedeutung/ Einfluss hat eigentlich in 2025 Scientology noch? 🤔
Gutes Interview 👌🏻
Wieso werden die Aussagen zur Gefährdung der Niederspannungsnetze durch PV seitens der VNB eigentlich so unkritisch übernommen.
Kein VNB gibt Ist-Daten zur Auslastung der Ortsnetztrafo heraus – aber Haushaltskunden werden mit den sog. SmartMetern absolut transparent.
Und mit dem „Solarspitzengesetz“ wird das SmartMeter zum perfekten Kontroll- und Überwachungsinstrument !!
@Isegrimchen,
das perfekte Kontroll- und Überwachungsinstrument schleppst Du jeden Tag in Deiner Tasche freiwillig rum.
Wie sollen ohne Volleinspeiseanlagen 500 GW erreicht werden ? Mit 40 Millionen Hausdachanlagen? Ausserdem wird die 60% Regelung bei Einbau eines SM aufgehobenen und nicht bei Eintritt in die Direktvermarktung. Arbeitet er immer noch bei Vattenfall? Energiewende bedeutet also wiedermal Sonnen, Enpal oder 1Koma5, oder wie Hans?