Serie – Wahlprogramme fit für die Energiewende: FDP

Christian Lindner, Bundesfinanzminister

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Die FPD möchte die Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß absenken. Aktuell nimmt der Bund damit rund sieben Milliarden Euro ein. Der größte Teil landet bei der gesetzlichen Rentenversicherung. Wird der Strom dann um 1,5 Cent pro Kilowattstunde billiger, aber die Rentenbeiträge steigen?

Steuern sind generell nicht zweckgebunden, sondern fließen dem allgemeinen Bundeshaushalt zu. Die Finanzierung des Rentenzuschusses war lediglich eine politische Begründung für die Einführung der Stromsteuer. Insofern gibt es keinen Automatismus zwischen diesen Bereichen. Richtig ist jedoch, dass zur Finanzierung der Rente neue Wege gegangen werden müssen. Hierfür schlagen wir unter anderem die Aktienrente vor.

Die FDP schreibt, man wolle den „Netzanschlusszwang“ abschaffen. Neue „Anlagen“ sollen nur ans Netz gehen dürfen, wenn sie systemdienlich und rentabel sind. Wer soll die Systemdienlichkeit und Rentabilität feststellen? Nach welchen Kriterien soll festgestellt werden?

Ob Anlagen rentabel sind, entscheidet der Investor. Für uns ist klar, dass diese Rentabilität durch marktliche Erlöse ohne Förderung gesichert sein muss. Für einen systemdienlichen Betrieb müssen Anlagen auf Signale des Marktes und des Netzes reagieren. Darum müssen alle Anlagen durch den Netzbetreiber steuerbar sein und ihr Strom direkt vermarktet werden.

Welche „Anlagen“ sind hiervon betroffen?  Etwa Photovoltaik auf Einfamilienhäusern?

Jede erneuerbare Energie-Anlage muss systemdienlich betrieben werden. Die Anzahl von PV-Dachanlagen, die nicht steuerbar sind bzw. die wegen der festen Vergütung nicht auf Marktsignale reagieren, führt heute schon zu zunehmenden Problemen im Netz und einem gefährlichen Preisverfall. Darum sollte es hier möglichst wenige Ausnahmen geben.

Die FDP möchte das Ende der EEG-Einspeisevergütung herbeiführen und Windkraft und Solar vollständig in den Markt überführen. Plant die FDP dies regulatorisch zu begleiten und beispielsweise staatliche Garantien zu geben, damit neue Windkraft- und Solarprojekte weiterhin bankfähig bleiben?

Es gibt viele Wege, die Erlösmöglichkeiten der Erneuerbaren am Markt zu verbessern, z. B. durch bessere Rahmenbedingungen für Speicher, wofür sich die FDP in den vergangenen Jahren erfolgreich eingesetzt hat, dem Abbau von Hemmnissen für Flexibilitäten oder die Erleichterung von PPAs. Wenn die Erneuerbaren ihre Erlöse maximieren können, bleiben sie auch für Investoren und Banken attraktiv.

Die FDP setzt bei der Klimapolitik auf den CO₂-Preis. Wenn er eine ernsthafte Leitfunktion entfalten soll, hat das Auswirkungen auf Verbraucherpreise und die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie. Was plant die FDP, um diesen Effekt zu entschärfen?

Der CO₂-Preis sorgt ja dafür, dass CO₂-freie Produkte wettbewerbsfähiger werden, dass sie verbessert und in größeren Stückzahlen produziert werden und damit auch ihre Preise sinken. Wer ein Elektroauto mit Solarstrom lädt, hat natürlich keine CO₂-Kosten. Auf diese Weise können auch Unternehmen mit klimaneutralen Produkten einen Wettbewerbsvorteil erhalten. Wichtig ist aber der Schutz vor „Carbon Leakage“. Hierfür hat die EU den sogenannten Carbon Border Adjustment Mechanism (CO₂-Grenzausgleichsmechanismus) eingerichtet, der aber noch deutlich verbessert werden muss. Optimal wäre aber natürlich, wenn wir den Emissionshandel international ausweiten. Außerdem möchten wir, dass der Staat die Einnahmen aus der CO₂-Bepreisung über die Klimadividende an die Bürgerinnen und Bürger zurückgibt.

Wie plant die FDP, Unternehmen zu unterstützen, um ihnen den Übergang zu Technologien, für die kein CO₂-Preis anfällt, zu erleichtern?

Wir brauchen allgemein gute Rahmenbedingungen für die Wirtschaft: niedrige Steuern, wenig Bürokratie, Zugang zu Kapital und Fachkräften. Dann sind Unternehmen erfolgreich und können auch Aufgaben wie die Dekarbonisierung meistern. Auch dies muss ihnen der Staat so einfach wie möglich machen und alle Möglichkeiten zur CO₂-Vermeidung eröffnen – auch CCS oder blauen Wasserstoff. Daneben gibt es noch Mechanismen wie die Strompreiskompensation und CBAM, die die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft schützen.

Der CO₂-Preis soll Strom- und Energiesteuern vollständig ersetzen. Zunächst sollen Energiesteuern auf Heiz- und Kraftstoffe abgesenkt werden, solange der CO₂-Preis steigt. Der Effekt wäre eine zeitweise Preisstabilisierung von Kraftstoffpreisen für Gasheizungen und Verbrennerautos trotz steigender CO₂-Preise. Wie plant die FDP an dieser Stelle, die Leitwirkung des CO₂-Preises zu entfalten?

Der Staat soll sich nicht am CO₂-Preis bereichern. Darum ist eine Kompensation der Belastung folgerichtig, nicht zuletzt auch durch das Klimageld. Für uns steht der Emissionshandel im Mittelpunkt der Klimapolitik. Durch die Begrenzung der CO₂-Emissionen werden die Klimaziele garantiert erreicht.

Die FDP möchte eine Rückkehr zur Kernenergie, aber ohne Subventionen. Welche Kernkrafttechnologie könnte nach Ansicht der FDP heute ohne Subventionen am Markt bestehen?

Es gibt interessante Entwicklungen im Bereich der Kerntechnik, und viele Staaten in der EU und weltweit setzen auf einen Ausbau der Kernenergie. Gleichzeitig steigt der Bedarf an grundlastfähigen, CO₂-freiem Strom, zum Beispiel durch das rasante Wachstum der Künstlichen Intelligenz. Innovation kann nur dann entstehen, wenn man sie zulässt. Ob sie sich durchsetzt, ist eine andere Frage.

Was konkret ist der ideologische Ballast des deutschen Atomrechts?

Das Atomrecht hat sichergestellt, dass Deutschland über Jahrzehnte sichere Kernkraftwerke betrieben hat, die Unternehmen und Verbraucher mit günstigem Strom belieferten. Ideologisch war es, diese Kraftwerke vorzeitig stillzulegen, während andere Länder weiter auf diese Technologie setzen beziehungsweise ihre Ausstiegsentscheidungen im Lichte des Klimawandels revidieren.

Die FDP plant eine Klimadividende. Einnahmen aus dem Emissionshandel sollen als Pauschalbeträge an die Bürger ausgeschüttet werden. Das klingt wie das Klimageld, das in der vergangenen Legislaturperiode im Haus von Christian Lindner etwa drei Jahre lang nicht umgesetzt wurde. Warum glaubt die FDP, es jetzt umsetzen zu können oder zu wollen?

In Christian Lindners Amtszeit wurden die notwendigen Vorbereitungen für das Klimageld – an denen Olaf Scholz als Finanzminister noch gescheitert war – umgesetzt. Die Klimadividende dient dazu, den Bürgerinnen und Bürgern die Kosten aus der CO₂-Bepreisung zurückzuerstatten. Dazu dürfen die Einnahmen aus der CO₂-Bepreisung aber nicht von anderen Maßnahmen aufgezehrt werden, wie es bislang unter Minister Habeck praktiziert wird.

Die FDP strebt einen internationalen Emissionshandel an. Welche Vorteile verspricht sie sich davon für Deutschland?

Der Klimawandel ist ein globales Phänomen und muss daher global angegangen werden. CO₂ sollte dort eingespart werden, wo es am günstigsten ist, und dafür braucht es einen grenzüberschreitenden Emissionshandel. Der EU-ETS beweist, wie erfolgreich solch internationale Kooperation sein kann. Das bedeutet nicht, Verantwortung abzuschieben. Wir stehen zum Ziel der Klimaneutralität Europas bis 2050 und dazu, andere Länder auf diesem Weg zu unterstützen, beispielsweise im Rahmen der wirtschaftlichen Zusammenarbeit. Von einem kosteneffizienten, globalen Klimaschutz profitieren letztendlich alle – denn so wird der wirksamer und die Chancen, die Pariser Klimaziele einzuhalten, steigen deutlich.

Die FDP möchte Umwelttechnik „Made in Germany“ und wirbt damit, Unternehmen in der Branche mit den richtigen Rahmenbedingen zu unterstützen. Der Solarmodulhersteller Meyer Burger ist wegen mangelnden politischen Rückhalts und schlechter Rahmenbedingungen, wie zum Beispiel der nicht umgesetzten Resilienzboni für öffentliche Ausschreibungen, aus Deutschland abgezogen. Warum sollten verbleibende Hersteller von Wärmepumpen, Solarmodule, Batterien oder ähnlicher Umwelttechnik jetzt auf gute Rahmenbedingungen der FDP hoffen?

Gute Wirtschaftspolitik zeichnet sich nicht dadurch aus, Lieblingsbranchen einzelner Parteien oder Politiker mit viel Geld der Steuerzahler dauerhaft zu subventionieren. Wir können auch nicht die Strukturdefizite unseres Standortes durch komplexe und teure Förderprogramme kaschieren. Der Resilienzbonus wurde auch von vielen Unternehmen aus der Solarbranche zu Recht massiv kritisiert. Wir wollen gute Rahmenbedingungen für alle Branchen und Unternehmen, zum Beispiel durch niedrige Steuern, weniger Bürokratie, mehr Freihandel und natürlich auch einen fairen Wettbewerb mit unseren Handelspartnern. Dann werden auch Anbieter innovativer Umwelttechnik erfolgreich sein können.

Die Fragen stellte Marian Willuhn.  

Außerdem stellten wir unsere Fragen noch an CDU, SPD, die Grünen und die Linke. Die Antworten veröffentlichen wir nach und nach, in der Woche vor der Bundestagswahl.

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