Sie werden bald CEO von IBC Solar. Sie kennen das Unternehmen, das Ihr Vater Udo Möhrstedt 1982 gegründet hat, schon lange. Es ist ja ungefähr so alt wie Sie selbst.
Julius Möhrstedt: Ja, ich begleite die IBC schon die komplette Lebenszeit. Ich habe in der Zwischenzeit aber auch einige externe Ausflüge gemacht, weil ich ursprünglich Maschinenbauer werden wollte. Dann bin ich aber wieder zurück zum Unternehmen gekommen, weil es einfach zu viel Spaß gemacht hat. Es ist einfach ein perfektes Team und ich finde die Branche unheimlich attraktiv.
Wie war das so als Kind auf den Messen?
Ich kann mich zum Beispiel daran erinnern, als wir nach Triesdorf zu Landwirtschaftsmesse gefahren sind, um ein Solarmodul mit einer solarbetriebenen Pumpe auszustellen. Das war noch vor der Intersolar in Freiburg. Dann später erinnere ich mich zum Beispiel an die Intersolar ab 2006. Da war die Stimmung so gut wie ab 2022 wieder. Es war ein Miteinander. Wir waren alle Überzeugungstäter mit dem einem Ziel, Photovoltaik nach vorne zu bringen. Das ist auch heute noch der Fall, wenn man mit den Altgedienten in dieser Branche spricht.
Sie waren auch schon die letzten Jahre offiziell in der Firma beschäftigt. Was haben Sie bisher gemacht?
2018 bin ich offiziell zum Unternehmen gekommen. Ich war dann erst einmal Projektmanager, das heißt Mädchen für alles. Ich habe nahezu in jede Abteilung reinschnuppern und auch mit aufs Dach gehen können. Dadurch habe ich viel gelernt. Mir ist es persönlich sehr wichtig, die Produkte und Kunden zu kennen. Dann war ich Vorstandsassistenz, musste also Vorlagen, Entscheidungsvorlagen und dergleichen ausarbeiten. Seit 2023 übernahm ich die Rolle des Senior Vice President of Central Europe und war für die Märkte Österreich, Schweiz und Benelux für die Distribution zuständig.
Und Sie waren schon der heimliche Chef?
Das habe ich vermieden, denn wir haben eine ganz klare Struktur bei uns: Wir haben den Vorstand und den Aufsichtsrat als AG. Aber es fiel teilweise schwer. Die Kolleginnen und Kollegen, inklusive des Vorstands und des Aufsichtsrats, hatten eigentlich immer schon gewollt, dass ich mich einbringe, denn mein Vater und ich sind beide Gesellschafter. Daher war es wichtig, dass es den entsprechenden Austausch und Diskussion gibt.
Ist Ihr Vater immer noch aktiv und auch noch hier auf der Intersolar?
(das Gespräch fand auf der Messe statt)
Er steht hinter uns hier auf dem Messestand. Er ist nicht mehr tief im operativen Geschäft tätig, aber er bekommt noch alle Zahlen und Auswertungen. Er hat den Markt und den Ausblick immer noch sehr gut im Blick.
Reden wir über den Markt und den Ausblick. Seit rund einem Jahr sieht es gerade im kleinen Segment unter 10 Kilowattpeak nicht so gut aus. Was ist Ihre Einschätzung?
Der starke Anstieg 2022 und 2023 war überraschend und eine große Herausforderung – auch weil die Hersteller erst einmal Produktionskapazitäten aufbauen mussten. Besonders schnell wuchs der Residential-Markt, weil Privathaushalte kurzfristiger investieren. Dass dieser Bereich auch als erster wieder zurückgeht, war für uns absehbar. Deshalb haben wir frühzeitig auf das gewerbliche Segment gesetzt – etwa mit einem eigenen Speicherteam und unserem Projektbereich für Ready-to-Build-Anlagen. Insgesamt ist der Markt nicht so stark eingebrochen wie 2013/2014. Ich bin überzeugt, dass auch der Residential-Bereich wieder anziehen wird – vor allem in Kombination mit dynamischen Stromtarifen.
Der Kunde wird jetzt ja zunehmend nach den Auswirkungen des Solarspitzen-Gesetzes fragen. Ob sich eine Anlage noch lohnt, wenn sie auf 60 Prozent abgeregelt wird. Oder wenn die Vergütung gestrichen wird, wenn die Strompreise negativ werden. Installateure brauchen jetzt wieder Verkaufstalent, oder?
Wir sind jetzt wieder in einer Situation, die der in 2013 und 2014 ähnelt. Damals entwickelte sich der Markt von einer sehr gut vergüteten Volleinspeisungsanlage zu einer Eigenverbrauchsanlage. Es gab eine entsprechende Delle, weil Endkunden erstmal überzeugt werden mussten, dass sie weniger Geld bekommen, aber dafür Geld sparen. Ich gehe davon aus, dass es ein, zwei, vielleicht maximal drei Jahre dauern wird, bis sich die Leute heute an die neuen Bedingungen gewöhnt haben. Wir sehen das zum Beispiel schon bei Endkunden in Holland. Dort wird teilweise erst eine kleinere Anlage gekauft, um Erfahrungen zu sammeln. Die Käufer nutzen einen dynamischen Stromtarif und merken, dass sich die Kombination mit einem entsprechenden Speicher und einem Auto trotzdem lohnt. Dann wird wieder investiert.
Der Markt kommt ja auch von der anderen Seite unter Druck, durch die Baumarkt-, Balkon-, Garagendach- oder Was-auch-immer-Anlagen. Der Preisunterschied zwischen so einer 2-Kilowatt-Anlage und einer regulären 8- oder 10-Kilowatt-Anlage ist einfach groß. Glauben Sie, dass sich der Trend zu den Baumarktanlagen aufhalten lässt?
Nein, wir waren auch immer davon überzeugt, dass Balkonkraftwerke, also Kleinkraftwerke, ein wichtiger Schritt sind. Sie sind ein sinnvoller Einstieg. Wir hatten auf einem Strategie-Workshop den Leitspruch von meinem Vater aufgenommen: „Strom in jede Hütte“. Wer in einer Wohnung lebt, profitiert damit direkt. Die Systeme werden zudem immer professioneller, etwa durch kleine Speicher. In Häusern wächst, wenn man so eine Anlage hat, meist der Wunsch nach einer größeren Anlage – besonders, wenn Elektroauto oder Wärmepumpe dazukommen. Für viele sind sie der erste Schritt – und oft nicht der letzte. Außerdem, was vielen noch nicht bewusst ist: Die Preise für Photovoltaikanlagen liegen heute weit unter dem Niveau von 2018 oder 2019.
Wenn die Preise auf einen Bruchteil von denen, die wir 2018 hatten, gefallen sind, heißt das ja auch, dass die Margen im Großhandel klein werden. Ist das ein Problem?
Wir haben bei den Modulen letztes Jahr einen Preisverfall von bis zu 50 Prozent gehabt, wodurch natürlich auch die absolute Marge was das reine Solarmodul angeht, sinkt. Das wird allerdings zum Teil durch größere und komplexere Systeme kompensiert. Gründe dafür sind die inzwischen günstigen und damit gut leistbaren Systemkosten – für den gleichen Betrag aus er Vergangenheit bekomme ich mehr und zum anderen der steigende Strombedarf durch die Elektrifizierung im Bereich Wärme und Mobilität.
IBC Solar ist ja diversifiziert. Sie verkaufen nicht nur in das Kleinanlagensegment, sondern bauen auch Großspeicher. Hilft das, den Rückgang bei den Margen, absolut als Kostenblock gesehen, auszugleichen?
Wir haben zwei Säulen: Das ist einmal das Distributionsgeschäft als unser Hauptpfeiler. Dort beliefern wir das komplette Anlagensegment bis 5 Megawatt. Der zweite Pfeiler ist das Projektgeschäft mit Flächenentwicklung, dem EPC- und dem O&M-Angebot inklusive des Speichers. Ganz kompensieren werden wir den Rückgang, den wir im Distributionsgeschäft europaweit haben, nicht ohne weiteres. Aber es ist eine stabile Säule, die hilft.
Was aus diesem ganzen Portfolio läuft dieses Jahr am besten?
Distribution in der Summe hat immer noch die Nase vorne, besonders im Anlagensegment über 20 bis 500 Kilowattpeak, über das wir gesprochen haben. Dann kommt das Anlagensegment, was wir teilweise mit unseren Kunden gemeinsam zusammen bearbeiten , wenn ihnen die Anlagen zu groß sind. Das sind die Anlagen 500 Kilowattpeak und größer.
Was ist Ihre Prognose für dieses Jahr im 20- bis-300-Kilowatt-Bereich?
Im Familienunternehmerkreis treffen wir uns einmal im Jahr mit entsprechenden Unternehmen, und da gibt es schon eine entsprechende Zurückhaltung bei der Investitionsfreude, gerade jetzt nach den Wahlen und beim Start der neuen Regierung. Aber wir haben auch genügend Beispiele, wo wir PPAs vom Dach vor Ort an C&I-Endkunden mit Fachpartnern zusammen entwickelt haben. Da steckt ein großes Potenzial drin.
Sie haben gerade die politische Lage angesprochen. Wie schätzen Sie diese nach dem Start der neuen Regierung ein?
Ich bin ein optimistischer Mensch und gehe davon aus, dass die Politik aus den Entwicklungen nach 2013 unter Altmaier, Röttgen, Rösler und anderen gelernt hat, dass man die Erneuerbaren nicht von heute auf morgen einfach wieder runterfährt. Die Branche hat unheimlich viel Aufbauarbeit geleistet und es ist nicht klug, diese wieder abzuwürgen. Ich gehe davon aus, dass unsere neue Wirtschaftsministerin sich das sehr genau angeschaut hat und hier einen soliden Weg gehen wird. Als IBC Solar bringen wir uns, nicht zuletzt über den BSW-Präsidenten, stark in die Debatte ein. Ich glaube auch, dass die Politik die Netzausbaukosten, die durchs Land getragen werden, überschätzt. Das ist wie am Anfang mit der Photovoltaik. Da hat auch jeder gesagt, die ist viel zu teuer, und das kriegen wir nicht hin.. Die Speicherpreise sind stark gefallen. Wenn man sie dezentral an entsprechenden Punkten zur Netzstabilisierung nutzt, hat das viel Potenzial. Ich glaube, wir werden bei einem Bruchteil der Netzausbaukosten enden, die heute prognostiziert werden.
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…“Ich bin ein optimistischer Mensch und gehe davon aus, dass die Politik aus den Entwicklungen nach 2013 unter Altmaier, Röttgen, Rösler und anderen gelernt hat, dass man die Erneuerbaren nicht von heute auf morgen einfach wieder runterfährt.“…
An dieser Stelle sei Katherina Reiche und ihre aktuellen Pläne und Äusserungen erwähnt.
Mich würde interessieren ob Hr. Möhrstedt weiter optimistisch bleibt?! 🙂
„…Katharina Reiche und ihre akt. Pläne und Äüßerungen…“
Naja: Minister/innen kommen und gehen, gottlob! Seit 2013 allein schon die bereits erwähnten Altmaier ff.