Solarpower Europe Summit: „Mission Solar“ startet

Solarpower Europe Summit, CEO Walburga Hemetsberger, EU-Energiekommissarin Kadri Simson

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Rund 400 Teilnehmer waren auf dem „Solarpower Europe Summit 2024“ dabei, als Verbandspräsident Aristotelis Chantavas und der Vizepräsident der EU-Kommission, Maros Sevcofic, die „Mission Solar“ am Montag offiziell in Brüssel starteten. Nahezu zeitgleich drehte sich beim Treffen der EU-Energieminister ebenfalls viel um die Photovoltaik. Rund zwei Stunden stand Walburga Hemetsberger, CEO von Solarpower Europe, den Politikern Rede und Antwort, wie sie später auf der Veranstaltung berichtete.

In den letzten Jahren hat sich die Solarbranche in Brüssel einen gewissen Stellenwert erarbeitet. Sie steht für die schnellst wachsende Stromerzeugungsquelle in Europa. 2023 lag der Photovoltaik-Zubau bei 56 Gigawatt, wie EU-Energiekommissarin Kadri Simson am zweiten Tag der Veranstaltung erklärte. Sie ist zum dritten Mal dabei, vielleicht auch das letzte Mal, denn im Herbst stehen Neuwahlen in der EU an. Simson sagte, die Solarbranche hat eine „gute Geschichte zu erzählen“. So habe sich der Photovoltaik-Zubau in der EU binnen zwei Jahren verdoppelt. Aufgrund des Zubaus in den letzten zwei Jahren hätten 15 Millionen Kubikmeter Gasimporte aus Russland eingespart werden können, eine durchaus wichtige Kennzahl seit dem Angriff Russland auf die Ukraine. Zudem seien in der Solarbranche in Europa mittlerweile etwa 650.000 Menschen beschäftigt. Diese Veränderungen und das rasante Wachstum hätten auch Simson überrascht. „Ich wundere mich, wieviel sich gewandelt hat“, sagte sie rückblickend auf ihren ersten Auftritt vor drei Jahren. Der rasant gewachsene Zubau sei unter anderem auf EU-Maßnahmen wie die Solarenergie-Strategie und den „REPower“-Plan zurückzuführen, mit denen die Rahmenbedingungen angepasst und vor allem Genehmigungen für neue Projekte beschleunigt worden seien, so Simson.

Während der Zubau durch die Decke zu gehen scheint, stehen auf der anderen Seite die Photovoltaik-Hersteller eher im Regen. Sie sehen sich einem unfairen Wettbewerb von Seiten der chinesischen Photovoltaik-Konkurrenz ausgesetzt. Schnelle Hilfe aus Brüssel, auf die viele Unternehmen hofften und manche weiter hoffen, ist dennoch nicht in Sicht. Obwohl Simson betonte, die EU habe ihre Hausaufgaben gemacht. Sie spielt damit unter anderem auf die Einigung der EU-Gremien auf den Net-Zero Industry Act (NZIA) an. Nun sei es an den Mitgliedsstaaten, die Regelungen zu implementieren.

Suche nach dem Gleichgewicht

Im NZIA ist eine Quote von 40 Prozent für heimische Energiewende-Technologien bei der Deckung der Nachfrage vorgesehen, also auch für die Photovoltaik, wie Simson sagte. Es gehe allerdings auch darum, ein Gleichgewicht zu finden. Europa müsse das Tempo beim Zubau beibehalten, aber auch die Hersteller unterstützen. Noch gebe es Kapazitäten, Module in Europa herzustellen.

Wie lange die bestehenden Hersteller in der aktuellen Situation noch am Markt aktiv sein werden, steht jedoch auf einem anderen Blatt. Armin Froitzheim, CTO von Solarwatt, verwies in der Diskussion nach Simsons Rede darauf, dass der sächsische Photovoltaik-Hersteller im vergangenen Monat bereits 84 Mitarbeiter entlassen habe. „Und wir werden mehr entlassen müssen, wenn es nicht schnell Maßnahmen gibt“, so Froitzheim weiter. „Wir warten in Deutschland auf den Resilienzbonus für Dachanlagen. Doch er wird immer wieder verschoben“, so der Solarwatt-CTO weiter. Wohl weil sich die Partner in der Bundesregierung nicht sicher seien, ob der Bonus WTO-konform ist.

Die Notwendigkeit, eine gewisse Resilienz entlang der Photovoltaik-Wertschöpfungskette zu schaffen, sieht man durchaus auch bei der EU-Kommission. Doch gegen das Vorgehen in China und mittlerweile mit dem Inflation Reduction Act (IRA) in den USA wirken die Maßnahmen der EU zu schwach. Es werden viele Stellschrauben genannt, an denen gedreht werden soll, um das viel beschworene „level playing field“ für die europäischen Hersteller zu schaffen. Unter anderem nennt Simson die Daten- und Cybersicherheit oder auch die Ecodesign-Richtlinie. In der Tat kann man damit etwas kompensieren, doch was die Photovoltaik-Hersteller wirklich bräuchten, um am Markt zu bestehen oder auch Kapazitäten massiv auszubauen, ist eine konstatierte Opex- und Capex-Förderung, wie sie die USA derzeit vormachen und mit der sie auch europäische Hersteller ins Land locken.

Auch Sevcofic warb auf dem „Solarpower Europe Summit 2024“ für die Einführung von Resilienzauktionen in den Mitgliedsstaaten. Dabei müssten die „Kriterien neu ausbalanciert“ werden. Kriterien wie CO2-Fußabdruck, Menschenrechte und Nachhaltigkeit müssten dabei mehr zählen als allein der Preis.

Eindeutiges Nein zu Importzöllen

Simson erklärte, sie habe im Vorfeld des Treffens der EU-Energieminister einen Brief an alle zuständigen Landesminister geschickt. Dort habe sie die möglichen Maßnahmen skizziert, wie die Rahmenbedingungen für die Photovoltaik-Hersteller verbessert werden könnten, ohne gleichzeitig den Zubau einzuschränken. „Wir sind uns einig, dass wir eine gezielte Antwort brauchen, die den EU-Herstellern hilft, ohne den Rest des Marktes zu beeinträchtigen. In diesem Sinne wollen wir qualitativ hochwertige Produkte fördern, die hohen Umwelt- und Arbeitsstandards entsprechen. Wir wollen uns auf innovative Technologien wie gebäudeintegrierte Photovoltaik oder Agri-PV konzentrieren“, so Simson zum Ergebnis. Einigkeit bestehe darüber, dass es keine Importzölle geben werde.

Ein ganz anderes Thema kam auf dem „Solarpower Europe Summit“ auch immer wieder zur Sprache – das Netz. Mit dem Ausbau der Solarenergie muss auch der Netzausbau voranschreiten. Gerade Sevcofic betonte, dass wenn die EU ihre Ausbauziele bei der Photovoltaik erreichen wolle, die Netze 3,5 mal mehr Energie als jetzt transportieren müssten. Daher gelte es die Netze zu erneuern, aber auch die Verbindungsprobleme zwischen den EU-Mitgliedsstaaten zu beheben.

Aber die „Mission Solar“ wurde ja in diesem Jahr auch erst gestartet. Dass es trotz aller Erfolge noch viel zu tun gibt und auch noch viel Potenzial gehoben werden kann und muss, haben die zwei Tage in Brüssel gezeigt. Vielleicht gelingt dann auch der große Wurf und es erscheint eine Lösung am Horizont, mit der die europäische Downstream- und Upstream-Industrie gleichermaßen gut leben kann. Aber dies steht doch eher noch in den Sternen, und im Juni stehen die Wahlen zum EU-Parlament an. Auch wenn die Photovoltaik eine gewichtigere Größe in Brüssel geworden ist, weiß doch niemand recht, wo der Fokus der neugewählten EU-Kommission ab Herbst liegen wird.

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