Kraftwerksstrategie: Bundesregierung einigt sich darauf, dass sie sich einigen will

Windräder, Windkraftanlagen, Strommasten, Stromnetz, Illustration BMWK zur Kraftwerksstrategie

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Einer gemeinsamen Mitteilung zufolge haben Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) am Montag „die wesentlichen Elemente einer Kraftwerksstrategie sowie Festlegungen zu weiteren Vorhaben vereinbart“. Weitere Schritte zur Umsetzung dieser Strategie werden von der Energiebranche ebenso wie von Wirtschafts- und Industrieverbänden seit langem erwartet und mit zunehmender Dringlichkeit eingefordert.

Die aktuelle regierungsinterne Vereinbarung umfasst zum einen, dass Konzepte „für einen marktlichen, technologieneutralen Kapazitätsmechanismus erarbeitet werden“. Diese sollen „bis spätestens 2028 operativ sein“, die entsprechende Einigung hierzu „soll innerhalb der Bundesregierung bis spätestens Sommer 2024 erzielt werden“. Zum anderen will das Bundeswirtschaftsministerium bis dahin auf Grundlage des von ihm getragenen Expertengremiums „Plattform Klimaneutrales Stromsystem“ auch ein „Optionenpapier“ zur Einigung auf das zukünftige Strommarktdesign vorlegen.

Eine vergleichsweise handfeste Ankündigung macht die Bundesregierung zu Gaskraftwerken, die zu einem späteren Zeitpunkt auf Betrieb mit Wasserstoff umrüstbar sind. Für solche „H2-ready“-Kraftwerke sollen „kurzfristig“ Ausschreibungen für bis zu viermal 2,5 Gigawatt Leistung erfolgen – eine Verringerung gegenüber früheren Überlegungen. Das Umstiegsdatum auf Wasserstoffbetrieb soll aber erst „zwischen 2035 und 2040“ liegen; wann genau, soll wiederum 2032 festgelegt werden. Die Förderung für diese Kraftwerke soll aus dem Klima- und Transformationsfonds erfolgen.

Die Einigung umfasst auch die Förderung neuer Technologien „mit geeigneten Instrumenten“. Ausdrücklich erwähnt wird hier etwa die Kernfusion. Der Betrieb von Wasserstoffkraftwerken bis 500 Megawatt soll im Rahmen der Energieforschung gefördert werden. CO2-Abscheidung und -Speicherung „für Verstromungsanlagen mit gasförmigen Energieträgern“ findet ebenfalls Erwähnung.

„Es muss zeitnah ein konkreter Gesetzesvorschlag folgen“

Für die künftige Praxis mutmaßlich wichtiger ist die angekündigte Beseitigung bestehender Hemmnisse für Elektrolyseure und von Doppelbelastungen, die derzeit noch auf Strom für Elektrolyseure und Strom zur Speicherung anfallen.

Der Bundesverband der Energie-und Wasserwirtschaft (BDEW) erklärte, es sei „enorm wichtig, dass die Bundesregierung endlich eine Entscheidung zur Kraftwerksstrategie getroffen hat“. Es müsse nun aber „zeitnah ein konkreter Gesetzesvorschlag folgen“, damit noch in diesem Jahr die erste Ausschreibung erfolgen könne. Der Öko-Energieversorger Lichtblick erklärte, die ersten Ankündigungen ließen hoffen, „dass Großspeicher und auch die Nutzung von Flexibilitäten der Kunden endlich in Berlin angekommen sind“.

Der Verband der Chemischen Industrie (VCI) hingegen befand, die Einigung sei „nicht der nötige große Wurf, der die Versorgungssicherheit sicherstellt. Jetzt haben wir wieder nur eine Übergangslösung.“ Vor allem bei der angekündigten Ausarbeitung des Kapazitätsmechanismus sei „mehr Tempo“ erforderlich.

„Alle verfügbaren Flexibilitätspotenziale sind zu berücksichtigen“

Der Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne) wiederum „betrachtet den Ansatz von Kapazitätsmärkten kritisch, da er zu Marktverzerrungen führt und hohe Kosten zur Folge hätte“. Generell sei die Einigung aber „für die Branche wichtig, da sie nach einer langen Hängepartie die Richtung etwas konkreter anzeigt“. Kritik übt der BNE ausdrücklich an der „Schwerpunktsetzung auf Erdgas“. Die Frist bis zum Umstieg auf Wasserstoff sei viel zu lang, womöglich werde „der Stromsektor dann erst 2040 vollständig dekarbonisiert.“ Dies sei aber bis spätestens 2035 erforderlich.

Dies fordert auch der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE). Es sei richtig, „dass die auszuschreibenden Kapazitäten für H2-ready-Gaskraftwerke verringert wurden“. Der Verband habe in diesem Zusammenhang schon lange vor „fossilen Überkapazitäten“ gewarnt. Die längere Umstiegsfrist sei hingegen „nicht mit den Klimazielen vereinbar. Der BEE fordert, bei den geplanten Ausschreibungen auch aus Gründen der Kosteneffizienz „alle verfügbaren klimafreundlichen Flexibilitätspotenziale zu berücksichtigen, also vor allem die steuerbaren Quellen Bioenergie, Wasserkraft, Geothermie, zudem grüne Kraft-Wärme-Kopplung, Speicher und Power-to-X“.

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