Die grün-geführte Landesregierung in Baden-Württemberg hat zu Wochenbeginn eine neue Solaroffensive beschlossen. Ganz konkret geht die Universitätsstadt Tübingen im Ländle nun voran. „Als erste Kommune in Deutschland hat Tübingen eine Solarpflicht für praktisch alle neuen Bauvorhaben beschlossen“, verkündete Oberbürgermeister Boris Palmer (Bündnis 90/Die Grünen) in einem Post vom Dienstag auf der Facebook-Seite der Stadt. „Die Stadt regelt entweder über Kaufverträge oder über Bebauungspläne, dass in neuen Baugebieten jedes Haus eine Solaranlage haben muss.“
Nach einer sachlich verlaufenden Diskussion hätten zwei Drittel für den Grundsatzbeschluss zur Photovoltaik-Pflicht gestimmt. „Ich bin sehr stolz darauf, wie Stadt und Rat in die Rolle ökologischer Pioniere geschlüpft sind“, so der grüne Oberbürgermeister. „Photovoltaik ist in der Stadt die billigste und beste Stromquelle. Eine Pflicht, sie zu nutzen, ist zum Vorteil aller. Nötig ist sie trotzdem, denn viele beschäftigen sich damit nicht und lassen die Chance daher aus.“
Der Grundsatzbeschluss sieht vor, dass die Verpflichtung zur Installation einer Photovoltaik-Anlage in den Grundstückskaufverträgen sowie in städtebaulichen Verträgen festgeschrieben wird. Wenn es diese vertragliche Möglichkeit nicht gebe, dass sollte die Festsetzung in den B-Plänen erfolgen, allerdings unter dem Gebot der Verhältnismäßigkeit. Das Kriterium der Beachtung der Angemessenheit gilt in allen Fällen. Eine Befreiung von der Photovoltaik-Pflicht ist auch möglich, wenn für die Pflichterfüllung des EEWärme-Gesetzes eine Solarthermieanlage auf dem Dach errichtet wird, wie es in dem Beschluss heißt.
Die Stadt selbst geht offensiv voran. So sei das Modell beim Tübinger Güterbahnhof erprobt worden. Alle Bauherren hätten die Photovoltaik-Pflicht dort akzeptiert, so Palmer. Das größte Argument aus seiner Sicht: „Strom vom eigenen Dach ist billiger als aus dem Netz. Jetzt machen wir das in der ganzen Stadt.“ Es sei dabei vorgesehen, dass Menschen, die eine neue Photovoltaik-Anlage nicht selbst finanzieren könnten, könnten sie über die Stadtwerke bauen lassen. Sie müssten dann die Photovoltaik-Anlagen über den Strompreis abbezahlen, was Palmer zufolge zwei Cent je Kilowattstunde billiger sei, als der Strombezug aus dem Netz.
In einem Interview mit pv magazine hat Boris Palmer die Hintergründe und Erwartungen, die mit der neuen Photovoltaik-Pflicht in Tübingen verbunden sind, noch näher erläutert.
Dieser Inhalt ist urheberrechtlich geschützt und darf nicht kopiert werden. Wenn Sie mit uns kooperieren und Inhalte von uns teilweise nutzen wollen, nehmen Sie bitte Kontakt auf: redaktion@pv-magazine.com.
Wenn das Bezahlen für das errichten einer PV-Anlage inclusive Eigenstromverbrauch 2 Cent billiger ist als der Bezug aus dem Netz dann wurden wir Jahrzehntelang mit Wissen und Duldung der Bundesregierung vorsätzlich mit überhöhten Strompreisen ausgeraubt. Dieselskandal ? Demnächst Energieskandal und die Vorstandsvorsitzenden der Firma BRD haben natürlich wie die Autofritzen von Nix Nix gewusst. Es wäre zu wünschen das diese Iniatitive von Tübingen dem übrig gebliebenen DDR-Saurier aus Meckpom im Kanzleramt einen Denktritt in Richtung Energiewende gibt.
Das mit dem „Jahrzehntelang“ stimmt schon deshalb nicht, weil erst seit wenigen Jahren (genauer: 2-3), und nur Dank nicht nachhaltiger chinesischer Massenproduktion (die Hersteller sind alle nicht profitabel) die Stromgestehungskosten aus PV so niedrig wie im Augenblick sind. Es kommt hinzu, dass Sie alleine mit einer PV-Anlage nicht autark sind. Sie müssen, insbesondere im Winter, noch Strom aus dem Netz beziehen. Und der kostet nicht das, was er kostet, sondern der Preis wird künstlich niedrig gehalten. Die wahren Kosten durch Umweltschäden und Altlasten sind wesentlich höher, werden aber externalisiert. Der Durchschnittspreis, den man als Verbraucher derzeit für Netzstrom bezahlt, müsste also viel höher sein. Bezieht man nur Netzstrom zu Zeiten, wo die PV nichts liefert, müsste der Preis noch höher angesetzt werden. PV-Strom+kostenwahrer Netzstrom wäre immer noch deutlich teuerer, als das, was die Verbraucher heute als 100%-Versorgung aus dem Netz beziehen. Allerdings umweltfreundlicher.
Lernen Sie was vernünftiges und engagieren Sie sich politisch, statt populistischen Phrasen hinterherzulaufen. Die Dinge sind komplizierter, als es sich in solchen Phrasen verpacken lässt.
Angela Merkel hat immerhin Physik studiert, wie Oskar Lafontaine auch. Beide zeigen aber sehr deutlich, wie schwierig es ist, sein besseres Wissen in der Politik auch umzusetzen, weil dort zu viele Hohlköpfe herumlaufen, denen man Konzessionen machen muss.
Das hat schon einen gewissen Charme, im gleichen Beitrag über „populistische Phrasen“ anzuziehen und dann n‘ Klopper rauszuhauen wie „weil dort zu viele Hohlköpfe herumlaufen“.
Hallo Ivan Jack, hallo alle!
Zitat: „Wenn das Bezahlen für das Errichten einer PV-Anlage inclusive Eigenstromverbrauch 2 Cent billiger ist als der Bezug aus dem Netz, dann wurden wir jahrzehntelang mit Wissen und Duldung der Bundesregierung vorsätzlich mit überhöhten Strompreisen ausgeraubt.“
Sie vergessen bei Ihrer Polemik, dass die Preise für Photovoltaikanlagen (und damit auch die Stromerzeugungskosten) HEUTE deutlich günstiger sind als in den vergangenen Jahren. Und die Preise werden noch weiter fallen! Ich will Ihnen als grobe Orientierung (im individuellen Fall können die Kosten auch von meinen durchschnittlichen „Daumenwerten“ abweichen) folgende Werte nennen:
Anno 2000 haben schlüsselfertige PV-Anlagen ca. 5.000-6.000 Euro/kWp gekostet. Das bedeutet bei durchschnittlicher deutscher Einstrahlung einen Stromerzeugungspreis von ca. 50-60 Cent/kWh.In etwa dieser Höhe lag auch die Förderung durch die Einspeisevergütung. In den letzten 18 Jahren sind die Kosten für eine schlüsselfertige PV-Anlage deutlich gesunken. Entsprechend wurde auch die Förderung zurückgefahren.
Heute liegen wir bei ca. 1.200 bis 1.500 Euro/kWp (kleine Anlagen im Dachbereich Wohnhäuser bis 30 kWp) über ca. 1.000 Euro/kWp (mittlere Anlagen im gewerblichen Dachbereich, ca. 100-300 kWp) herunter bis 600 bis 800 Euro/kWp (große Anlagen im Freiflächenbereich, 750 kWp bis 10 MWp).
Mit diesen Investitionskosten ergeben sich HEUTE Stromerzeugungskosten von ca. 12-15 Cent/kWh im Wohnhausbereich, ca. 10 Cent/kWh für gewerbliche Anlagen und ca. 6 bis 8 Cent/kWh für Freiflächenanlagen. Die HEUTIGEN Vergütungssätze orientieren sich an diesen Werten, so dass es auch trotz geringerer Förderung immer noch wirtschaftlich ist, eine – und darauf weise ich als Gutachter gerne besonders hin: qualitativ hochwertige! – PV-Anlage zu installieren.
Wenn man den Strom selbst verbraucht, kommen die ganzen Steuern und Abgaben noch auf die Erzeugungskosten obendrauf, so dass sich – wie für die“ Tübinger Solarpflicht“ richtig kalkuliert – Kostenvorteile von ca. 2 Cent/kWh gegenüber dem „Egalstrom“ aus dem Netz ergeben.
Viele Grüße!
Ivan Jack sagt:
Wenn das Bezahlen für das errichten einer PV-Anlage inclusive Eigenstromverbrauch 2 Cent billiger ist als der Bezug aus dem Netz dann wurden wir Jahrzehntelang mit Wissen und Duldung der Bundesregierung vorsätzlich mit überhöhten Strompreisen ausgeraubt.
@ Ivan Jack
Grundsätzlich haben Sie Recht. Wir zahlen in der Tat eine zu hohe EEG Umlage, deshalb sind unsere Strompreise zu hoch.
Wenn die EEG Umlage in all den Jahren jährlich Merit Order bereinigt worden wäre, wäre der Bezug aus dem Netz nicht 2 Cent teurer.
Merit Order ( MOE ) bereinigt heißt, die Börsenpreissenkung die die EE bewirken hätte der Umlage jährlich zugute kommen müssen, Kosten/Nutzen Effekt..
Ans Tageslicht kommt diese Ungerechtigkeit nun in verschiedenen Varianten.
Zum einen in der von Ihnen Erwähnten, und zum anderen im mit Milliarden überfüllten EEG Konto, wofür die Verbraucher auch noch negative Zinsen zahlen müssen..
Am aller deutlichsten wird es am aktuellen Markt.
Ein Durchschnittshaushalt wird durch die EEG Umlage mit etwa 220 bis 240 Euro jährlich belastet, so ist von amtlichen Stellen zu erfahren. Und wer zu den Stromanbietern wechselt, die die gesunkenen Börsenpreise, sprich Strom Beschaffungskosten an ihre Kunden weitergeben kann mehr als 300 Euro jährlich sparen, so wird auch empfohlen.
Gesunkene Börsenpreise, von den EE durch den Merit Order Effekt an der Strombörse ausgelöst, wohlgemerkt, die aber nur Umlagen kompensierend wirken, wenn man den Versorger wechselt.
Die Umlage selbst bleibt und steigt, als Angriffsfläche für die Energiewendegegner.
Wie die Börsenpreise gesunken sind, kann man im Folgenden sehen.
http://www.iwr-institut.de/images/seiteninhalte/presse/grafiken/strompreis_terminmarkt.png
Ihre obige Aussage die da lautet.
Zitat:: dann wurden wir Jahrzehntelang mit Wissen und Duldung der Bundesregierung vorsätzlich mit überhöhten Strompreisen ausgeraubt.Zitat Ende.
Wird mit aktuellen Daten und Fakten bestätigt.
Wichtiger als PV-Strom wäre eine ordentliche Wärmedämmung. Eigentlich sollte heute jedes Haus, das 50-100 Jahre stehen soll, als Passivhaus oder besser gebaut werden. Bei der Passivhaustechnik hat nämlich seit dem Jahr 2000 die gleiche Lernkurve stattgefunden, wie in der PV: Sie ist heute so billig, dass die Einsparungen an Heizkosten die Mehrkosten für die Dämmmaßnahmen um ein mehrfaches übersteigen. Auf einem EFH mit 150 qm Wohnfläche lassen sich vielleicht 7000 kWh pro Jahr Strom produzieren. Die Absenkung des Wärmebedarfs von 7l Heizöl pro qm+Jahr auf 1,5 l brächte bei dem gleichen Haus aber (5,5l*10kWh/l*150=) 8250 kWh. Wenn man vorher z.B. 10% des Wärmebedarfs erneuerbar gedeckt hat, ist die gleiche Energiemenge dann 50% des Restwärmebedarfs. Alleine durch Einsparen lässt sich also der Erneuerbaren-Anteil enorm steigern. Der Strom würde im Sommer erzeugt, wo schon heute nicht mehr aller PV-Strom seinen Abnehmer findet, die Wärmebedarfs-Einsparung würde man aber im Winter erzielen, wenn Energie in Mitteleuropa ohnehin knapper ist. Damit würde insbesondere der Bedarf an saisonalen Langzeitspeichern sinken.
Der entscheidende Punkt ist: Jeder faule Kompromiss beim Wärmedämmstandard kompromittiert das Haus für Jahrzehnte. PV kann man jederzeit, wenn das Geld reicht, nachrüsten – den Wärmedämmstandard nachträglich zu verbessern ist so aufwendig, dass es sich nur im noch schlechter gedämmten Altbaubestand lohnt.
Also: PV-Pflicht ist nicht schlecht. Es reicht aber nicht, und es gibt noch viel wichtigeres. Wenn man sich bewusst ist, dass die blauen oder schwarzen Module auf dem Dach als Feigenblatt nicht reichen, dann ist es kein Problem. Leider gibt es viele Menschen, die glauben, mit dem Sammeln von Aludeckeln von Joghurtbechern hätten sie genug getan, um das Müllproblem lösen. Die glauben dann auch, mit den PV-Modulen erschöpfend tätig geworden zu sein.
Ich finde gut, wenn z.B. Scheunen und Hallen mit PV ausgerüstet werden, aber nicht, wenn direkt unter dem Dach sich Menschen dauerhaft aufhalten: baubiologisch gesehen sollte man 3-4 Meter Abstand zu den Modulen und dem Wechselrichter halten. Das setzt voraus, dass die Anlage korrekt montiert und geerdet und unnötiger Elektrosmog vermieden wurde.
Zu den Kommentaren möchte ich mich hier nicht äußeren.
Nur eins…
Man sollte sich doch mal neuere Entwicklungen und Projekte anschauen.
z.B. http://hennehaus.de/
Denn man muss nicht ein Haus in Kunststoff einpacken um Geld zu sparen.
Viel Spaß mit den Beiträgen
J.S.
Hallo liebe Klimaschützer,
endlich mal jemand, der das Problem am Schopfe packt und den Mut hat zu handeln und nicht nur darüber zu reden.
Wir haben vor 7 jahren ein co2-neutrales plusenergiehaus gebaut und sind uns auch nicht sicher gewesen, ob das alles so funktioniert. Aber es klappte besser als erwartet.
Daraufhin schrieben wir einen Brief an Behörden,Parteien und Umweltverbände und forderten alle auf, sich in Zukunft darüber Gedanken zu machen, daß zukünftig alle Neubauten als Co2-neutrale Häuser gebaut werden sollen. Die Antworten waren dürftig oder es gab kein Feedback.
Mit umweltfreundlichen Grüßen Brigitte und Christian Karasek