„Wir sind es leid, uns in die Abhängigkeit der Politik zu begeben“

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Soventix-CEO Thorsten Preugschas

Foto: Soventix GmbH

pv magazine: Afrika scheint für Soventix eine zentrale Rolle zu spielen. Wie kam es dazu?

Thorsten Preugschas (Foto): Irgendwann hatten wir in Europa die Situation, dass sich die Märkte zunehmend konsolidierten. Aber nicht nur das. Dazu kamen rückwirkende Eingriffe beispielsweise in Spanien – mit Ausnahme einiger Player wurde in Europa eine ganze Industrie auf die Schlachtbank geführt. Wir haben noch rechtzeitig den Schritt in den Emerging-Market gemacht und können uns so bis heute gut halten. Unsere Wettbewerber von damals wie Phoenix Solar taten diesen Schritt nicht rechtzeitig und sind jetzt größtenteils weg vom Fenster. In Südafrika sind wir inzwischen seit über fünf Jahren aktiv, wobei sie hier Verhältnisse ähnlich den europäischen haben. In Tansania wiederum befinden wir uns in einer Frühphase zum Markteintritt und arbeiten dort mit einem lokalen Partner zusammen. Der dritte Schwerpunkt liegt in Nigeria, wo wir neben kleineren Projekten mit Banken, Supermärkten oder Fabriken auch große Freiflächenanlagen bauen.

Dort haben sie jetzt ein Pilotprojekt mit einer nigerianischen Bank gemeldet, bei dem sie mit Hybridanlagen die Bankautomaten fürs Wochenende mit Strom versorgen. Was war das Besondere an diesem Projekt?

Sie haben hier die ungewöhnliche Kombination aus relativ kleiner Photovoltaik-Anlage mit acht Kilowatt, relativ großem Speicher mit 80 Kilowattstunden Speicherkapazität und dem Dieselgenerator, der die komplette Bank mit Strom versorgt. Wir haben die Hybrid-Anlage so konzipiert, dass die Photovoltaik-Anlage die Woche über genau so viel Strom in den Batteriespeicher einspeist, dass dieser über das Wochenende den Bankautomaten mit Strom versorgen kann – der Dieselgenerator damit also ausgeschaltet werden kann, wenn die Bank zu ist. Vor allem die Steuerungselektronik solcher Anlagen ist bei dem Projekt und in Nigeria insgesamt eine große ingenieurstechnische Herausforderung. Üblicherweise finden sie hier den Anschluss an ein marodes Netz, einen Gasgenerator und als Back-up einen Dieselgenerator. In diese Dreierkombination mit zum Teil uralten Anlagen müssen sie dann noch die Photovoltaik-Anlage und die Batterie integrieren – die Steuerung dieser fünf Elemente ist die große Herausforderung.

Wieso der Einstieg in den nigerianischen Markt?

Weil im Grunde auch viele geopolitische Faktoren dafürsprechen. Sie haben auf der einen Seite die Flüchtlingsproblematik, auf der anderen Seite ein Land mit einem riesigen Energiebedarf – in Nigeria haben nur etwa 20 Prozent der Menschen Zugang zu Strom. Deswegen ist es wichtig, dort Bedingungen zu schaffen, dass die Leute nicht weggehen – und das mit Elektrifizierungsprojekten, die ja trotz allem lukrativ sind.

Welchen Stand hat die Photovoltaik dort – schließlich ist Nigeria reich an Bodenschätzen, insbesondere an Öl und Gas?

Die Infrastruktur ist aber sehr schlecht. Sie können heute mit Photovoltaik wegen den optimalen klimatischen Bedingungen billiger Strom erzeugen als mit Dieselgeneratoren. Ganz ohne die Generatoren funktioniert es natürlich auf absehbare Zeit nicht. Die Herausforderung liegt darin, die Anlage so groß wie möglich und so klein wie nötig zu machen. Denn anders als beispielsweise in Ghana gibt es hier kein hinreichendes Stromnetz, in das sie überschüssigen Solarstrom einfach einspeisen könnten.

Welche Schwierigkeiten gibt es?

In Nigeria haben sie ein hohes Länderrisiko, dafür aber auch höhere Renditen. In Ländern wie diesen sind die extremen Währungsschwankungen ein großes Problem. Um sich dagegen abzusichern, schließt man am besten Stromabnahmeverträge – sogenannte PPAs – mit internationalen Währungen ab. Dazu kommen noch die hohen Kapitalkosten, die heute in Nigeria bei 20 Prozent oder mehr liegen. Die Renditen der Anlagen sind zwar groß, reichen aber nicht aus, um diese Kosten wieder reinzuholen. Projekte sind deswegen eigentlich nur mit Fremdfinanzierung zum Beispiel durch europäische Banken mit einer Verzinsung von sechs bis sieben Prozent möglich.

Erhalten Sie in Nigeria eine Förderung für ihre Projekte?

Sie haben hier ein definiertes PPA für große Freiflächenanlagen – aber wir sind es inzwischen leid, uns mit unseren Projekten in die Abhängigkeit der Politik zu begeben. Gerade in Ländern mit hohem Länderrisiko wollen wir nicht auf die Politik setzen. Stattdessen gehen wir mit unserem lokalen Partner lieber direkt zu den Unternehmen und Institutionen und zeigen ihnen, wie sie durch den Einsatz von Photovoltaik- und Hybridanlagen ihre Energiekosten senken können.

Wie sieht es beim Thema Sicherheit aus?

In Nigeria herrschen natürlich Bedingungen, wie wir sie von hier nicht kennen – denken sie beispielsweise an die Boko Haram im Norden, die regelmäßig Leute entführt. Wir haben für solche Fälle eine Versicherung, die im Fall der Fälle einspringen und die Mitarbeiter wieder professionell auslösen würde. Die Versicherung schult darüber hinaus unsere Mitarbeiter verhaltenstechnisch. Von Nigeria aus betreuen wir auch Projekte in den Nachbarländern. Wir haben dafür natürlich unsere Mitarbeiter vor Ort, setzen aber dazu verstärkt auf lokales Personal und bilden die Leute dafür intensiv aus.

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