Nach einem mehrwöchigen erfolgreichen Testlauf hat der Windgas-Elektrolyseur der Städtischen Betriebe Haßfurt und des Hamburger Energieanbieters Greenpeace Energy am Freitag den Regelbetrieb aufgenommen. Der Pressemeldung zufolge soll die Anlage am Mainhafen überschüssigen Strom aus dem nah gelegenen Bürgerwindpark Sailershäuser Wald sowie aus weiteren Windenergie- und Photovoltaik-Anlagen in erneuerbaren Wasserstoff umwandeln, auch Windgas oder Power-to-Gas genannt. Die Unternehmen erwarten, dass der Elektrolyseur mit der Größe eines Containers pro Jahr eine Million Kilowattstunden Windgas ins Gasnetz einspeist.
Für Greenpeace-Energy-Vorstand Nils Müller ist die Windgas-Technologie ein zentraler Baustein für das Gelingen der Energiewende. Zudem betrete das Unternehmen technisches Neuland. „Unser extrem reaktionsschneller Elektrolyseur hilft dabei, sowohl das lokale Stromnetz als auch das übergeordnete Verteilnetz zu stabilieren“, sagt Müller: „In Deutschland und wohl auch weltweit ist dies ein absolutes Novum.“ Wie Greenpeace Energy weiter mitteilt, gehört der 1,25-Megawatt-Elektrolyseur von Siemens zur neuesten Generation: Die PEM-Anlage – PEM steht für polymer electrolyte membrane – produziere nicht nur Wasserstoff, sondern verhindere auch Ausfälle im lokalen Stromnetz, wo Erzeugung und Verbrauch immer im Gleichgewicht bleiben müssten. Möglich mache das die Steuerungssoftware der Firma Next Kraftwerke, die den Elektrolyseur mit anderen Anlagen zu einem sogenannten virtuellen Kraftwerk zusammenschalte.
Next Kraftwerke zufolge fährt die Anlage gemäß der lokalen Netzauslastung im Gebiet der Stadtwerk Haßfurt. Dafür prognostiziere Next Kraftwerke sowohl die Einspeisung aus erneuerbaren Energien in der Region als auch den Gesamtstromverbrauch im Verteilnetz. Zusätzlich berücksichtige das Leitsystem des virtuellen Kraftwerks den Durchfluss des lokalen Erdgasnetzes, das den im Elektrolyseur produzierten Wasserstoff aufnimmt. Aus dieser Datenlage errechne das Leitsystem den Einsatzzeitpunkt des Elektrolyseurs und schalte diesen anschließend vollautomatisch über eine vor Ort verbaute Fernwirkeinheit. Im Ergebnis springe die Power-to-Gas-Anlage nur bei einem Überfluss von erneuerbaren Energien an und entlaste damit sowohl das lokale als auch das übergelagerte Verteilnetz.
Dank seiner Reaktionsschnelligkeit, so Next Kraftwerke weiter, eigne sich der Elektrolyseur zusätzlich hervorragend für die Bereitstellung von Regelenergie zur Netzfrequenzstabilisierung – Primärregelleistung, Sekundärreserve und Minutenreserve. Die notwendigen Tests für alle drei Produkte habe die Anlage bereits absolviert und befinde sich nun in der Präqualifikationsphase beim zuständigen Übertragungsnetzbetreiber Tennet. Vorbehaltlich der zu erwartenden Genehmigung entlaste die Anlage somit nicht nur das Verteilnetz, sondern auch das Übertragungsnetz.
Greenpeace Energy zufolge zögert die Politik bislang, Windgas die nötige Unterstützung zu gewähren. Dabei sei Windgas Studien zufolge nicht nur im Strombereich unverzichtbar: Statt erneuerbare Kraftwerke wie bisher abzuschalten, wenn das Netz deren Energie nicht aufnehmen kann, könnten die Überschüsse künftig als erneuerbare Gase in Form von Wasserstoff oder Methan gespeichert werden. Selbst in einem vollständig erneuerbaren Energiesystem ließen sich so längere windstille und sonnenarme Phasen, sogenannte Dunkelflauten, von bis zu drei Monaten überbrücken. Zudem biete Windgas als einzige Technologie die nötigen Kapazitäten, um in Zukunft auch im Verkehrssektor, in der Wärmeversorgung oder in der Chemieindustrie die CO2-Emissionen drastisch zu senken. Allerdings gibt es erste Anzeichen für ein politisches Umdenken. (Petra Hannen)
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