Agri-Photovoltaik-Anlage fertig, aber nicht am Netz

Agri-Photovoltaik-Anlagen, Energeno

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Es ist ein Fall, wie es Deutschland derzeit wohl viele gibt: Die Energiegenossenschaft Energeno aus Heilbronn hat im Süden Brandenburgs eine Agri-Photovoltaik-Anlage mit knapp einem Megawatt Leistung errichtet. Baulich ist alles fertig, doch der Netzanschluss fehlt. Dies liegt in diesem Fall nicht am Netzbetreiber, sondern an der EU-Kommission. Energeno wartet auf die beihilferechtliche Genehmigung des „Solarpaket 1“ durch Brüssel. Das Gesetz gilt zwar in weiten Teilen seit dem 16. Mai, doch die darin enthaltene, um 2,5 Cent höhere Vergütung für Agri-Photovoltaik-Anlagen ist noch nicht genehmigt. Ähnliches gilt auch für die vorgesehene höhere Vergütung für gewerbliche Dachanlagen.

Wann und ob das grüne Licht aus Brüssel kommt, ist unklar. Die EU-Kommission hat für die Genehmigung keine zeitliche Frist einzuhalten. Auch ist sie frei in der Entscheidung, die höheren Vergütungssätze rückwirkend zum Tag des Inkrafttretens des Gesetzes oder erst ab dem Tag ihrer Entscheidung wirksam werden zu lassen. Den schwarzen Peter der fehlenden Genehmigung hat die EU-Kommission dem deutschen Wirtschaftsministerium zugeschoben, da dieses seine Aufgaben bisher nicht erfüllt habe. Dies spielt auf die Einführung von sogenannten Rückforderungsmechanismen wie Contracts for Difference (CfD) an, die die Bundesregierung im EEG bislang nicht etabliert hat.

Leidtragende sind nun Bürgerenergieprojekte wie die Agri-Photovoltaik-Anlage im Süden Brandenburgs. Eigentlich sollte die Anlage von Energeno aus Heilbronn bereits Ende 2024 ans Netz gehen und Solarstrom erzeugen, wie das Solar Cluster Baden-Württemberg zu dem Fall berichtet. Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Verzögerung seien erheblich. „Ohne verbesserte Rahmenbedingungen haben besondere Solaranlagen wie zum Beispiel Agri-PV aufgrund der höheren Investitionskosten im Vergleich zu herkömmlichen PV-Freiflächenanlagen kaum eine Chance auf wirtschaftliche Realisierbarkeit“, sagt Energeno-Vorstand Lukas Bühler. Den aktuell geltenden Technologiebonus für hochaufgeständerte Agri-Photovoltaik-Anlagen von 0,7 Cent pro Kilowattstunden im EEG hält er für unzureichend, um eine wirtschaftliche Agri-Photovoltaik-Anlagen zu realisieren. Dazu komme die Unsicherheit, ob die um 2,5 Cent pro Kilowattstunde höhere Vergütung rückwirkend gelten wird. Daher verschiebt Energeno den Betriebsstart seiner Anlage.

Doch auch das Warten ist nicht ohne Risiko. Nach Angaben der Energiegenossenschaft hätte die Photovoltaik-Anlage, unter der Rinder grasen, im ersten Halbjahr etwa 465.000 Kilowattstunden Strom erzeugen können. Bei einer Einspeisevergütung inklusive Technologie-Bonus von 0,7 Cent pro Kilowattstunde hätten sich die Einnahmen auf 35.000 Euro belaufen. Mit der höheren Vergütung wären es sogar knapp 45.000 Euro im ersten Halbjahr gewesen. Die Differenz von 10.000 Euro sei für ein Bürgerenergieprojekt „ein entscheidender Unterschied“.

Energeno beziffert die Investitionssumme mit weniger als eine Million Euro. Allerdings stiegen die Finanzierungskosten, genauer gesagt die Zinslast, mit jedem Monat, in dem die Agri-Photovoltaik-Anlage keinen Solarstrom einspeise. Dazu kommt, dass mit dem Solarspitzen-Gesetz in diesem Jahr neue Regelungen eingeführt wurden. So wäre auch die Agri-Photovoltaik-Anlage mit ihrem Netzanschluss von der Regelung betroffen, dass in Zeiten negativer Börsenstrompreise keine EEG-Vergütung gezahlt wird. Die ausgefallenen Zeiten werden zwar an die Förderzeit angehängt, allerdings sinken die aktuellen Einnahmen dadurch.

„Technisch fertig, politisch blockiert – so sieht die Energiewende bei Agri-PV aktuell aus“, sagt Bühler weiter. Die Energiegenossenschaft hätte ohne die Aussicht auf die erhöhte Vergütung aus dem „Solarpaket 1“ die Photovoltaik-Anlage anders geplant oder sie vielleicht gar nicht realisiert. Wieviele solcher Fälle es deutschlandweit gibt, ist leider nicht herauszufinden. Sicher ist eben nur, es ist kein Einzelfall.

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