pv magazine: Welche Rolle spielt die Finanzierung von Batteriespeichersystemen bei Ihnen?
Peer Günzel: Seit rund zwei Jahren beschäftigen wir uns bei der DAL mit der Finanzierung von großen Batteriespeichern. Wir sind dieses Thema von Anfang an vorsichtig angegangen, aufgrund der Risiken, die sich dabei ergeben. Früher wurden diese Projekte lediglich für Primärregelenergie beziehungsweise im Rahmen der Innovationsausschreibungen vergütet und fristeten eher ein Schattendasein. Aufgrund der signifikant gesunkenen Invest-Kosten und weil man mit dem Energiehandel jetzt Geld verdienen kann, sind in den letzten Jahren ganz neue Investment Cases für Batteriespeicher entstanden. Nichtsdestotrotz ist natürlich die Frage, ob diese Arbitrage langfristig so funktioniert, wie man sich das vorgestellt hat. Man generiert den Cash weitestgehend aus dem hoffentlich billigen Einkauf von Strom und dem teureren Verkauf von Strom. Da unklar ist, in welcher Geschwindigkeit und in welcher Größenordnung der Zubau der Batteriespeicher stattfindet, ist es sehr schwer einzuschätzen, wie lange die Batteriespeicher in der Lage sein werden, die geplanten Arbitrage-Gewinne zu erzielen, die so hoch sind, dass sie auch entsprechend die Betriebskosten, aber auch Zins und Tilgung decken.
Wie gehen Sie mit dieser Unsicherheit um?
Wir haben viel Arbeit reingesteckt und viele Strompreisstudien von unterschiedlichen Anbietern als Grundlage genommen. Nachdem wir einmal die Situation hatten, dass von einem Tag auf den anderen ein Anbieter solcher Strompreisstudien seine Erwartungen für die Vergütung von diesen Speichern um 30 Prozent reduziert hat, haben wir gesagt, jetzt schauen wir doch noch mal ganz genau auf unsere Risikoparameter. Warum? Weil wir natürlich, wenn wir die Finanzierung auf Basis der alten Ertragsprognose für diesen Batteriespeicher aufgesetzt hätten, mit unserer Finanzierungsstruktur in Schwierigkeiten gekommen wären.
Battery Business & Development Forum
Treffen Sie Peer Günzel, stellvertretender Geschäftsführer der DAL, auf dem Battery Business & Development Forumam 16. Juli in Frankfurt, um die Finanzierung von Batteriespeicherprojekten zu finanzieren. Ebenfalls vor Ort, u.a.: DKB, Commerzbank, ABN AMRO.
Die Veranstaltung, die pv magazine mit Conexio und Solar Power Europe ausrichtet, ist für alle gedacht, die Batteriegroßspeicher planen oder in solche investieren, und mehr wissen wollen, zum Beispiel über Netzanschluss, Baugenehmigung, technische Planung, Vermarktung oder Finanzierung und regulatorische Entwicklungen. In einem kompakten Tag behandeln wir die wichtigsten Aspekte mit Fokus auf Deutschland und Italien sowie mit Ausblick auf andere europäische Länder. Bereits am Vorabend können Sie auf der Networking-Reception Projektentwickler und Kapitalgeber treffen.
Was war der Anlass dafür, dass der Anbieter von Strompreisstudien seine Ertragsprognose um 30 Prozent reduziert hat?
Das war im Wesentlichen einfach nur die geänderte Markteinschätzung des Anbieters, der sich da nicht hat genau in die Karten schauen lassen. Wären es drei oder fünf Prozent gewesen, hätte man das verstanden, weil das Marktmechanismen sein können. Wenn aber selbst diejenigen, die sich intensiv damit beschäftigt haben, mit 30 Prozent in ihrer Prognose danebenliegen können, kommt man natürlich sehr schnell zu dem Ergebnis, dass man als Bank eigentlich doch eher zum Beispiel ein Tolling Agreement unterlegt haben will, um eine solide und partiell langfristige vernünftige Finanzierung aufzusetzen. Damit bekommen der Betreiber und damit auch die Bank eine gewisse Sicherheit für die Erlöse mit dem Batteriespeicher.
Aber Sie finanzieren nicht nur, wenn man ein Tolling Agreement hat, sondern auch, wenn man den Speicher fully merchant vermarktet, sich also auf die aktuellen Markterlöse verlässt. Wie hegen Sie da das Risiko dann ein?
Exakt, das finanzieren wir auch. Wir nehmen dazu siginifikante Risikoabschläge auf die prognostizierten Erträge aus den Ertragsgutachten. Das heißt, bei dem, was konservativ prognostiziert wird an Erträgen, machen wir eine weitere Reduzierung im zweistelligen Prozentbereich. Wir geben nur so viel Fremdkapital in diese Finanzierung rein, dass wir noch eine entsprechend solide Schuldendienst-Deckungsrate haben. Das ist ein zusätzlicher Puffer, um etwaige Marktpreisschwankungen abfangen zu können.
Dadurch benötigt der Investor also mehr Eigenkapital. Wie lange ist typischerweise die Laufzeit der Finanzierung?
Wir sehen Laufzeiten von maximal zehn Jahren. Meist sind sie noch ein bisschen drunter, sei es durch einen Cash Sweep, sei es durch einen Dividend Lock, wo beim Reißen gewisser Parameter nicht mehr an Eigenkapitalgeber ausgeschüttet werden darf. Das nimmt man entweder als vorzeitige Tilgung am Ende des Kredites oder man macht es in Form eines zusätzlichen Sparbuches, auf dem eine zusätzliche Cash-Reserve angespart wird.
Sind die Fully-Merchant-Projekte mittelfristig ein Auslaufmodell, weil die Erlöse zwar gerade sehr hoch sind, sich aber in ein paar Jahren auf einem niedrigeren Niveau einpendeln können?
Ich persönlich bin kritisch, ob wir zukünftig noch Fully-Merchant-Projekte sehen werden, wenn der Bedarf nach diesen Stromspeichern zunehmend gedeckt wird und alle das gleiche Betriebsmodell haben. Wenn alle billig einkaufen und teuer verkaufen, unterstützt durch KI, können sie irgendwann keine Arbitrage mehr realisieren. Damit wird das Thema fully merchant aus meiner Sicht mittel- bis langfristig schwierig.
Haben Sie so viel Einblick in die Wirtschaftlichkeitsberechnungen Ihrer Kunden, dass Sie sagen können, ob es sich für die Kunden unter den Bedingungen mehr lohnt, fully-merchant zu gehen, mit weniger Fremdkapital und kürzeren Laufzeiten zu leben, oder eben dann doch ein Tolling-Agreement abzuschließen?
Fully merchant ist natürlich für all diejenigen, die im Moment investieren, sehr lukrativ. Beim Tolling Agreement haben Sie einfach deutlich geringere Erträge. Natürlich lässt sich derjenige, der das Preisrisiko nimmt, das zu Recht vergüten, auch wenn er noch andere Möglichkeiten als ein Projektierer hat, das Risiko zu minimieren. Aber die Tolling-Agreements bringen eine Preissicherheit rein, insbesondere aus Sicht der finanzierenden Bank. Auf dieser Basis kann sie das finanzieren, was sie sonst vielleicht nicht macht, und mit mehr Fremdkapital.
Große Photovoltaik-Kraftwerke werden heutzutage fast grundsätzlich mit Speicher geplant. Wie sieht da die Finanzierung aus?
Diese großen Photovoltaik-Projekte werden ja deswegen jetzt überwiegend mit Speicher geplant beziehungsweise gebaut, weil das Thema negative Strompreise über die nächsten ein, zwei, vielleicht sogar drei Jahre sehr relevant sein wird. Wenn ich als Betreiber einer Photovoltaik-Anlage einen PPA abschließen will, ist es für den PPA-Offtaker attraktiver, wenn ich den Strom relativ gleichmäßig über den Tag verteilen kann. Ich kann beispielsweise in den Mittagstunden einen Vier-Stunden-Speicher vollmachen und den Strom dann in den Abendstunden, nachts oder am frühen Morgen zur Verfügung stellen. Dadurch kann ich einen höheren PPA-Preis erzielen.
Diese Speicher werden dann einfach mitfinanziert zu den Konditionen, die auch das Photovoltaik-Projekt hat?
Ja, die werden mitfinanziert. Das ist dann eine Gesamtprojektfinanzierung. Was den Fremdkapitalanteil angeht, muss man genauer hinsehen. Je höher der PPA-Preis ist, desto mehr Fremdkapital kann eine Bank grundsätzlich hineingeben.
In der aktuellen Marktsituation schwierig ist, PPAs abzuschließen, mit denen sich Photovoltaik-Anlagen finanzieren lassen. Sehen Sie aktuell Projekte, wo PPAs erfolgreich abgeschlossen werden, indem man eine Batterie dazustellt?
Wir sind da eher in der Anfangsphase. Es gibt jetzt die ersten Projektierer und Projekte, die auf dem Weg sind. Diese sind aber wichtig. Der Offtaker wird anders als früher üblicherweise nicht mehr das Risiko der negativen Strompreise tragen wollen. Das hat zu einem kompletten Umdenken geführt. Wenn ich aber das Risiko der negativen Strompreise vom Offtaker auf den Produzenten übertrage, muss natürlich der Produzent auch bei sich entsprechend sehen, wie er das verarbeitet bekommt. Das ist noch kein Standard für PPAs.
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Zitat: „Natürlich lässt sich derjenige, der das Preisrisiko nimmt, das zu Recht vergüten“
Und wer bezahlt die Vergütung? Die Verbraucher, weil es keine vernünftigen Tolling-Verträge gibt, bei denen die Netzbetreiber den Batteriebetreibern eine feste Vergütung für die Bereitschaft bezahlen und eine kostenorientierte Vergütung für die Inanspruchnahme. Da die tatsächliche Inanspruchnahme kaum Kosten verursacht (Li-Ionen-Batterien altern, ob sie jetzt be- und entladen werden, oder einfach still herumstehen), ist die kostenorientierte Vergütung gering. Die Finanzierungskosten sinken auch, wenn die Batteriebetreiber weniger Risiko tragen müssen. Das sind nochmal reduzierte Kosten, die letztlich die Verbraucher sparen.
Das Hauptrisiko liegt jetzt darin, ob die Politik sich mal endlich dazu entschließt, eine zukunftsfähige Marktordnung einzurichten, in der Batteriespeicher eine zentrale Rolle spielen. Im Augenblick besteht die Gefahr des Attentismus: Weil es zu wenig Speicher gibt, kann nichts mehr zugebaut werden, weil zu wenig zugebaut wird, werden keine weiteren Speicher mehr geplant. So eine Abwärtsspirale ist schwer zu stoppen. Und wenn man eine Partei in der Regierung hat, die sich für besonders wirtschaftskompetent hält, besteht außerdem die Gefahr, dass sie das zu lange ignoriert und erst reagiert, wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist. Und die Wirtschaftsministerin ist leider der Meinung, dass Gaskraftwerke auch Strom produzieren können, und dann wäre doch alles in Ordnung.
Der Strom wird für die Verbraucher ja günstiger, wenn Speicher zu gebaut werden, da diese die Preisspitzen dämpfen, indem sie günstiger Strom bereitstellen als die Erzeuger, die sonst den Strom verkaufen würden. Die Erlöse, die die Speicher erwirtschaften, gehen dann auf Kosten dieser Erzeuger und auf Kosten derer, die ihre Erzeugung falsch prognostiziert haben. Ob Tolling oder fully-merchant ist für die Verbraucher egal. Es geht bei der Diskussion nur darum, wie Trader, Toller, Betreiber und Bank die Erlöse untereinander aufteilen.
Bei der Strombereitstellung (Entladung des Speichers) haben Sie recht. Wie aber jeder Kaufmann weiß, liegt der Gewinn im Einkauf. Speicher leben im Augenblick davon, dass sie den Strom umsonst bekommen, oder sie sogar dafür bezahlt werden, Strom abzunehmen. Da es aber trotzdem etwas kostet, den Strom zu produzieren, muss das Geld ja irgendwo herkommen.
Und das ist ganz einfach: Die Stromproduzenten werden aus dem EEG-Konto bezahlt, das seinerseits den eingekauften Strom an der Börse an die Speicherbetreiber weiterverkauft, eben für Null oder sogar noch etwas drauflegt. Nun ist die EEG-Umlage gerade abgeschafft, das auf dem EEG-Konto entstehende Defizit wird vom Staatshaushalt getragen, aber das ist letztlich die gleiche Personengruppe: Jeder Stromverbraucher ist auch Steuerzahler, vielleicht nicht 1:1, aber es gibt sogar etwas Korrelation. Und so bezahlen die Steuerzahler (die auch Stromverbraucher sind) den Gewinn der Speicherbetreiber und den Risikoaufschlag für die Finanzierer.
Wenn es die Speicher nicht gäbe, wäre alles noch viel schlimmer, aber wenn wir ein ordentliches Betreibermodell hätten, könnte es (aus Sicht der Verbraucher/Steuerzahler) wesentlich besser sein, und die Speicherbetreiber könnten trotzdem noch gut leben, weil bei weniger Risiko ihre Finanzierungskosten geringer wären.
Die Marge für den „stand alone“ Speicher im Daytrading entsteht durch die niedrigen oder sogar negativen Preise tagsüber und den höheren Preisen am Abend.
Wird der Speicher tagsüber beladen so „simuliert“ er einen zusätzlichen Stromverbrauch. Sobald sich aber der Stromverbrauch der Erzeugten Menge annähert, steigen die Börsenpreise wieder schnell an. Das ist die Preiselastizität. Die Marge im Intraday Batteriegeschäft entsteht durch den relativ kleinen Teil Stromproduktion der über den Verbrauch in derselben Viertelstunde hinausgeht. Wir sehen ja, dass an bedeckten Tagen sich die Preise auch tagsüber gut halten. Kommen nun neue (Gas oder Wind) Generatoren ins Spiel die auf der anderen Seite, nämlich am Abend wenn der geladene Speicher seinen Strom ins Netz abgeben möchte, dann sinkt der Börsenpreis auch in diesen Zeiten sehr viel schneller als dem Batterie Betreiber lieb ist. Die Gelegenheiten für den wirtschaftlich erfolgreichen Einsatz werden dann seltener.
Das ist auch logisch. Sobald die vielen derzeit geplanten Windräder die Preise am Abend und in der Nacht sinken lassen, schadet das dem Geschätsmodell der Speicher massiv. Es werden dann mehrere Tage am Stück PV und Wind zusammen rund um die Uhr für niedrige Börsenpreise nahe Null sorgen. Auch variable Gaskraftwerke glätten das Erzeugungsprofil und reduzieren der Batterie ihre Einsatzmöglichkeiten. Statt 1,5 roundtrip mit 15 Cent/kwh Marge am Tag, sind das dann noch 3 roundtrip mit 7 Cent/kwh Marge in der Woche. Dieses Szenario setzt ungehinderte Netzdurchleitung quer durch die Republik voraus. Darauf werden wir noch ein paar Jahre warten müssen. Bis dahin sollte sich der Einsatz eines Speichers der Netzdienlichkeit unterordnen. Es macht wenig Sinn im Süden einen Speicher zu beladen, weil im Norden ein hohes Windangebot die Preise drückt. Weil der billige Windstrom nicht in den Süden durchgeleitet werden kann, müsste Kohlestrom den Speicher laden. Wie gesagt, der Speicher simuliert beim Beladen Stromverbrauch.
Es lohnt sich diese Markt- und Preismechanismen genau anzuschauen, um für sich die passenden Möglichkeiten herauszufinden.
Und jetzt müssten Sie noch überlegen, ob es gerecht ist, dass die Speicher unabhängig davon, zu welchem Preis sie den eingespeicherten Strom verkaufen können, ihn zum Minimalpreis von Null, manchmal sogar zu einem negativen Preis bekommen. Und für wenn könnte es ungerecht sein? Und was müsste man ändern, damit man zu einer für alle (Speicherbetreiber, Erzeuger und Verbraucher) gerechten Marktordnung kommt? Wenn Sie diese Fragen lösen können, dann haben Sie wirklich was geschafft.