Mit der zunehmenden Zahl an Elektrofahrzeugen wächst auch der Bedarf an Schnellladestationen, die eine große Anzahl von Kunden zur gleichen Zeit mit hoher Leistung bedienen können. Bei parallelem Stromtanken ist dort eine Ladeleistung von mehreren Megawatt notwendig. Damit können große Schnellladestationen nicht länger über das Niederspannungsnetz versorgt werden, da selbst bei geringer Auslastung der Tankstelle die nötige Leistung 300 Kilowatt übersteigen würde.
Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE hat daher nun zusammen mit Partnern im Projekt „MS-Tankstelle“ Mittelspannungs-Systemtechnik entwickelt, mit der künftige Schnellladestationen eine Leistung von mehreren Megawatt bereitstellen können. Den Forschern zufolge senken der Einsatz von Siliziumkarbid-Halbleitern und die Anhebung des Spannungs-Niveaus den Materialeinsatz und die Kosten für die Hochleistungs-Ladestationen. Die Technik könne flexibel auf unterschiedlich große Ladestationen und verschiedene Fahrzeugtypen angewandt werden.
Technik grundsätzlich auch für Batteriespeicher geeignet
Das im Projekt mit den Partnern Sumida Components & Modules, Infineon Technologies und AEG Powersolutions entwickelte leistungselektronische System setzt auf ein Mittelspannungsnetz, das mit einem Gleichrichter auf einer Spannung von 1500 Volt betrieben wird. Die höhere Spannungsebene führt zu einer höheren Leistung bei gleicher Stromstärke, ohne dass der Kabelquerschnitt größer werden muss. Den Wert von 1500 Volt haben die Forscher gewählt, da dies die Grenze der Niederspannung ist und oberhalb dieses Wertes andere Normen gelten. In Folgeprojekten ist geplant, die Spannung darüber hinaus zu steigern.
Ein galvanisch getrennter Wandler koppelt das Gleichstrom-Verteilnetz an die Fahrzeugbatterie und steuert die Schnellladung. Die Gleichstromwandler mit einer Leistung von je 175 Kilowatt sind so konzipiert, dass sie im System problemlos parallelgeschaltet werden können. Dieser modulare Ansatz erlaubt es, sowohl Ladestationen mit geringerer Leistung für PKW als auch Stationen mit größerer Leistung für LKW zu bauen.
Das im Projekt entwickelte Konzept mit einem zentralen Gleichrichter und einer 1500 V-DC-Verteilung hat auch den Vorteil, dass die Netzanschlusskomponenten – Transformator und Gleichrichter – unabhängiger von der Ladeelektronik dimensioniert und skaliert werden können. Mit Blick auf den großen Bedarf an Leistungselektronik und Komponenten wie Kabeln und Transformatoren wird der Materialbedarf im Vergleich zu aktuellen Lösungen deutlich reduziert, so die Fraunhofer-Forscher.
Für einen unkomplizierten Ladeprozess soll die Station mit den in Europa dominierenden Standards CCS1 und CCS2 voll kompatibel sein, also für Stromstärken bis 500 Ampere und eine Spannung bis 1000 Volt in den Fahrzeugen. Darüber hinaus soll das Konzept auch den Megawatt Charging System (MCS)-Standard unterstützen. Für diesen ist eine zweite Umrichtermodul-Variante geplant, für die lediglich einige Komponenten angepasst werden müssen.
„Die von uns im Projekt entwickelte Topologie kann nicht nur für Ladestationen, sondern potenziell auch in erneuerbaren Hybridkraftwerken oder für die Integration von stationären Batteriespeichern eingesetzt werden“, erklärt Andreas Hensel, Gruppenleiter Hochleistungselektronik und Systemtechnik am Fraunhofer ISE.
Dieser Inhalt ist urheberrechtlich geschützt und darf nicht kopiert werden. Wenn Sie mit uns kooperieren und Inhalte von uns teilweise nutzen wollen, nehmen Sie bitte Kontakt auf: redaktion@pv-magazine.com.
Frage: Wo holen die „Fraunhofer-Zauberer“ die so ganz nebenbei angesprochenen 1500 V DC denn überhaupt her?! – Wer macht das – wer bezahlt das – wie sieht das in de Praxis technisch und kaufmännisch aus ?!
Da wird man wohl zukünftig doch verstärkter an DC gekoppelte Lösungen denken. Im Bereich PV, Batteriespeicher und auch WEAs mit DC Zwischenkreis sind die 1500V keine unüblichen Spannungsbereiche und diese ermöglichen dann eine direkte Anbindung von Ladeinfrastruktur und Erneuerbaren. Um auch Leistung bereitzustellen zu können, wenn keine erneuerbare Quelle verfügbar ist und der Speicher leer ist, kann ein (kleiner dimensionierter) Wechselrichter den DC Kreis zusätzlich mit Netzstrom füttern sowie Überschüsse aus den Erneuerbaren ins Netz zurückspeisen.
‚Mann denkt‘ fragte:
„Frage: Wo holen die „Fraunhofer-Zauberer“ die so ganz nebenbei angesprochenen 1500 V DC denn überhaupt her?!“
Das ist sehr einfach zu erklären. Bei einem Anschluss an das 11kV Netz lässt sich diese Spannung mit verschiedensten Methoden bequem erzeugen. Zum Beispiel effizient über Halbleiter (Kaskaden), bei denen die Spannung über Spannungsteilung (serielle Schaltung) als Quelle für Gleichrichter dient oder etwas weniger effizient über Transformatoren.
Aber auch aus einem 230/380V AC Netz lässt sich das erzeugen. Aufgrund der Peak-Peak-Spannung werden bequem ca. 800V DC mit einer konventionellen Brückenschaltung erzeugt. Daraus kann man auch höhere Spannungen erzeugen, verschiedene Methoden wie Boost-Konverter sind Butter-und-Brot-Technik.
Die 1500V sind eher dadurch bedingt, dass das noch mit normalen Bauteilen realisierbar ist, welche bequem beim einschlägigen Versandhändler geordert werden können.
Bei noch höheren Spannungen wird es teuer.
@Dirk Schiller:
Ein 11-kV-Netz werden Sie für die Ladestation schwerlich finden, außer die Ladestation ist auf einer Autofähre.
An Land in Deutschland gibt es für Mittelspannungsverteilebenen 10 kV in Städten und 20 kV im ländlichen Bereich. Mancherorts dann noch 50 kV.
Auf großen Schiffen sind die 11 kV üblich, auf mittelgroßen 6 kV.
Moritz Kaiser schrieb:
„An Land in Deutschland gibt es für Mittelspannungsverteilebenen 10 kV in Städten und 20 kV im ländlichen Bereich.“
Vielen Dank.
Allerdings kann ich zu meiner Entschuldigung anführen, dass die nominell 11kV Verteilnetze sich mehr oder weniger nur im Namen von den als nominell 10kV geführten Verteilnetzen unterscheiden.
Die Hardware ist im Regelfall (weitestgehend) identisch.
Alternative Geschäftsidee:
Ladestellen-Betreiber kaufen zentral noch gut brauchbare Auto-Akkus auf
und nutzen diese dann (etwa im 10-er-Block) als Zwischen-Speicher vor Ort / an bzw möglichst nahe den Ladesäulen.
Haupt-Vorteil;:
viel mehr Schnell-Laden möglich
+ Einkauf von Strom, wenn günstig
Neben-Vorteil:
Die Mittags-Spitzen von Solatstrom können !zu beiderseitigen Nutzen! von Solar und Ladestellen! ernshtaft reduziert werden, wenn … ja wenn erst wenn eine derartige Ladesellen-Speicherung grossräumig stattfindet.
Vielleicht bringt hier gar neues Gesetz und Bürokratie mal einen eindeutigen Gewinn, indem alle Ladestellen-Betreiber gesetzlich gezwungen werden -innerhalb vernünftiger Fristen- angemessen grosse eigene Ladestellen-Zwischenspeicher anzulegen-oder (wenn direkt vor Ort unzumutbar) sich -anstatt- freikaufen können, indem diese einen angemessen grossen Akkuspeicher in möglichst kurzer ?max 5km? Entfernung zu der/den Ladestation-en anzulegen haben ?!