Energy-Charts: Börsenstrompreis wird im Schnitt etwa 15 Prozent niedriger ausfallen als 2023

Strompreise, November 2024, Erzeugung Erneuerbare

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Im November stiegen die Börsenstrompreise auf bis zu 80 Cent pro Kilowattstunde. Auch in diesen Tagen liegen sie teilweise sogar noch etwas darüber. Dies führt dazu, dass Kunden mit dynamischen Tarifen tief in die Tasche greifen müssen. Preisspitzen von bis zu 1,31 Euro pro Kilowattstunde sind beispielsweise in der App von Tibber für den Strombezug verzeichnet. Bruno Burger, Leiter von Energy-Charts am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE, erklärt die Ursachen für die aktuellen Entwicklungen am Strommarkt.

pv magazine: Hat Sie der relativ deutliche Anstieg der Börsenstrompreise im November überrascht?

Bruno Burger (Foto): Im Winter sind die Börsenstrompreise immer höher als im Sommer, weil einerseits weniger Strom aus Laufwasser und Solar zur Verfügung steht und andererseits der Stromverbrauch höher ist. Dieses Jahr ist der Börsenstrompreis im November und Dezember aber höher als im vergangenen Jahr und mit den Kosten für Erdgas und CO2-Zertifikate alleine nicht zu begründen. In den ersten zehn Monaten des Jahres war der Börsenstrompreis aber niedriger als letztes Jahr, wodurch der Jahresdurchschnitt dieses Jahr circa 15 Prozent niedriger als letztes Jahr sein wird.

Wie sah es in den europäischen Nachbarländern aus? Haben Sie da auch diesen Anstieg an den Strombörsen verzeichnet?

Durch den europäischen Stromhandel sind die Börsenstrompreise der europäischen Länder gekoppelt. Die Unterschiede sind dadurch begründet, dass die Übertragungskapazität an den Grenzkuppelstellen begrenzt ist. Mit unbegrenzter Übertragungskapazität (Kupferplatte) wären die Börsenstrompreise in allen Ländern gleich hoch. Im November war der Day-Ahead Strompreis in Norwegen, Schweden, Dänemark und Frankreich niedriger als in Deutschland und in Polen, der Schweiz, Österreich und Tschechien höher.

Die Dunkelflaute Anfang November war ja ein Grund für den Preisanstieg. Gab es noch mehr?

In der Dunkelflaute vom 6. und 7. November hatten wir am 6. November um 18 Uhr und 19 Uhr Börsenstrompreise über 800 Euro pro Megawattstunde respektive 80 Cent pro Kilowattstunde. Da dieser Peak aber nur zwei Stunden lang war, hätten Batteriespeicher hier schon viel helfen können. Am 5. November hatten wir um 17 Uhr und 18 Uhr Preise um 500 Euro pro Megawattstunde. Auch hier hätten Batterien in diesen zwei Stunden die Preise nach unten drücken können. Die Intraday-Preise waren zu diesen Zeitpunkten niedriger als die Day-Ahead Preise. Eventuell war der Day-Ahead Markt auch etwas überhitzt. Prinzipiell haben wir im Winter wenig Solarstrom und sind deshalb auf den Wind angewiesen. Dieser weht aber nicht so zuverlässig. Wir haben immer Phasen mit Wind über mehrere Tage und dann auch Flauten, die mehrere Tage andauern können. Hier reichen Batterien zur Überbrückung nicht aus. Längere Lücken müssen mit Gaskraftwerken gefüllt werden, die heute mit Erdgas betrieben werden und später auf Wasserstoff umgestellt werden können.

Wird der Gaspreis nach Ihren Erwartungen in den kommenden Monaten auf dem Niveau bleiben und von daher auch das Strompreisniveau?

Der Gaspreis ist natürlich abhängig vom Weltmarkt und der weltpolitischen Lage. Der Stopp der russischen Gaslieferungen nach Österreich hat wahrscheinlich auch zu höheren Preisen geführt. Außerdem spielt die Temperatur und damit der Verbrauch natürlich eine große Rolle. Der vergleichsweise kalte November hatte einen höheren Verbrauch und damit auch höhere Preise zur Folge. Die Gasspeicher sind aber noch gut gefüllt. Die Bundesnetzagentur meldet einen Füllstand von 88 Prozent für den 8. Dezember.

Im November hatten wir zeitweise eine Entkopplung des Strompreises vom Gaspreis. Wenn man vereinfachend annimmt, dass ein Gaskraftwerk 50 Prozent Wirkungsgrad hat, erhält man folgende Formel für die variablen Stromkosten eines Gaskraftwerks: Strompreis (Euro/Megawattstunde) = 2 * Gaspreis (Euro/Megawattstunde) + 0,4 * CO2-Preis (Euro/Tonne CO2). Der Strompreis war teilweise aber deutlich höher. Das kann dadurch begründet sein, dass manche Kraftwerke einen hohen Aufwand für das An- und Abfahren haben und sich dieser nur bei längeren Laufzeiten rechnet.

Wie haben sich die Stromimporte und -exporte entwickelt?

Im Saldo hatten wir 2024 deutlich höhere Importe als 2023. Die höchsten Importe hatten wir im Juli und August. Das liegt an den niedrigen europäischen Börsenstrompreisen im Sommer aufgrund des niedrigeren Verbrauchs und aufgrund höherer erneuerbarer Erzeugung in Europa. Das zeigt aber auch, dass wir im Sommer noch mehr Solarstrom mit Batteriespeichern ins Netz einbinden könnten. Hier sind eher die Verteilnetze der limitierende Faktor. Im Januar hatten wir einen Exportüberschuss und im Februar eine ausgeglichene Import/Exportbilanz. Prinzipiell kann man sagen, dass unsere fossilen Kraftwerke im Sommer aufgrund der niedrigen Strompreise seltener zum Einsatz kamen und im Winter bei hohen Strompreisen mehr eingesetzt wurden.

Können Sie vielleicht noch kurz sagen, wie die Entwicklung bei der Photovoltaik in diesem Jahr aussah? Wo stehen wir nach elf Monaten verglichen mit dem Vorjahreszeitraum?

Bis einschließlich Oktober wurden 13 Gigawatt Photovoltaik beim Marktstammdatenregister neu angemeldet. Bis zum Jahresende werden wir etwa 15 Gigawatt erreichen. Damit liegen wir dann auf dem Niveau von 2023. Bei den Batteriespeichern hatten wir bis November einen Zubau von 3,5 Gigawatt Leistung und 5,0 Gigawattstunden Kapazität. Bis zum Jahresende werden wir die Zubauzahlen vom letzten Jahr (4,1 Gigawatt/5,9 Gigawattstunden) bei den Batteriespeichern nicht ganz erreichen.

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