Einbruch des Segments der kleinen Anlagen: Der Boom stockt

Homenergy, Geschäftsführer, Hannes Münzinger

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Die Photovoltaik-Branche in Deutschland hat insbesondere in den Jahren nach dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine einen regelrechten Boom erlebt. Nachdem Deutschland den Bezug von Gas aus Russland eingestellt hat, führte die Unsicherheit der Versorgungssituation dazu, dass sich immer mehr Haushalte mit Alternativen für eine sichere und bezahlbare Energieversorgung auseinandergesetzt haben. Für viele Unternehmen der Photovoltaik-Branche war dies ein massiver Wachstumsimpuls. Doch dieser Boom ist vorbei.

Blickt man auf das Marktstammdatenregister für 2024, sind die Zahlen hinsichtlich der Photovoltaik-Installationen in kleineren Segmenten im Vergleich zu 2023 klar rückläufig. So wurden im August 30 Prozent weniger Photovoltaik-Anlagen zwischen 0 und 10 Kilowatt Leistung in Betrieb genommen als im Juli.

Die Photovoltaik-Euphorie ist also gedämpft. Dafür gibt es eine Reihe von Gründen.

Einer ist sicherlich die Zinspolitik: Die Zeit der Niedrigzinsen ist vorbei, was auch private Investitionen dämpft ‒ eine Entwicklung, die nicht nur den Energiesektor betrifft. Gleichzeitig hat sich der preisliche Unterschied zwischen fossilen Energien und erneuerbaren Alternativen wieder deutlich verkleinert.

Die Photovoltaik-Euphorie ist gedämpft

Auch die Einspeisevergütung ist ohne Frage ein Faktor. Sie ist seit ihrer Einführung im Jahr 2000 deutlich gesunken. Lag sie anfänglich noch bei 50 Cent pro Kilowattstunde, beträgt sie aktuell noch 8,03 Cent für Anlagen bis 10 Kilowatt ‒ auch wenn sie im Jahr 2023 leicht angehoben wurde, um neue Anreize für Photovoltaik-Investitionen zu schaffen. Seit diesem Jahr wird sie jährlich um ein Prozent gesenkt. Das sind ‒ rational betrachtet ‒ nur Centbeträge, aber hinter (großen) privaten Investitionsentscheidungen liegt bekanntlich auch immer Psychologie und die Frage, was die Zukunft bringt.

In diesem Zusammenhang ist politische Verunsicherung, die rund um die EEG-Debatte entstanden ist, ein klarer Wachstumshemmer. Die unklaren Pläne in Sachen Einspeisevergütung bei negativen Strompreisen führen zu verzögerten oder im schlimmsten Fall ausbleibenden Investitionen. Die aktuelle politische Unsicherheit ist darüber hinaus wenig hilfreich.

Was ist also zu tun ‒ für Unternehmen und die Politik?

Für die Unternehmen heißt es, sich effizienter aufzustellen, ohne hohe Qualitätsansprüche zu senken. Hier gibt es eine Vielzahl von Ansatzpunkten in Sachen Transparenz, Schnelligkeit und Qualität:

  • Hohe Qualität bei gleichzeitiger Kostenoptimierung erfordert, dass sich die Photovoltaik-Betriebe immer weiter entwickeln, um im Preiskampf bei hohen Vertriebskosten zu überleben. Digitale Prozesse sind dabei entscheidend für schnelle Produktzyklen. Beispiele sind eine intelligente Routenplanung, ein effizientes digitales Kundenportal oder die Optimierung von Lagerkapazitäten. Darüber hinaus gilt es, sich neue und sinnvoll ergänzende Geschäftsfelder zu erschließen. Ein Beispiel ist die Wärmepumpe, die insbesondere in Kombination mit eigenem Photovoltaik-Strom weitaus kosteneffizienter und umweltfreundlicher ist als eine fossile Heizungsform.
  • Schnelligkeit heißt, dass Anlieferung, Dachmontage und Elektroinstallation im besten Fall innerhalb von zwei Arbeitstagen erfolgen ‒ ohne Nacharbeiten. Gerade am eigenen Haus wollen Kunden aus nachvollziehbaren Gründen keine langwierige Baustelle. Es braucht zudem einen Ansprechpartner, der über den ganzen Abwicklungsprozess hinaus verfügbar ist.
  • Transparenz wiederum bedeutet, jeden Schritt der Kundenkommunikation nachvollziehbar zu gestalten. Kunden wollen verstehen, was konkret passiert. Fotodokumentationen, Projektplanung und die entsprechenden Entwicklungsschritte sowie andere relevante Projektinformationen sollten schnell, einfach und effizient in einem digitalen Kundenportal nachvollziehbar sein.

Betriebe müssen sich weiterentwickeln

Darüber hinaus ist es von hoher Wichtigkeit, ein Top-Wertangebot zu schaffen, beispielsweise durch den Zugang zu einem Energie-Managementsystem und dynamischen Tarifen. So kann gewährleistet werden, dass der durchschnittliche Strompreis für den Kunden noch weiter sinkt und die Kunden den Unterschied stärker wahrnehmen.

Auch für die Politik ergeben sich klare „Hausaufgaben“. Die Photovoltaik-Branche braucht, wie die gesamte Wirtschaft, Sicherheit und Verlässlichkeit. Das erfordert klare und schnelle Entscheidungen und weniger Hängepartien. Ein Beispiel ist das Hickhack rund um die Wachstumsinitiative der Bundesregierung.

Zudem sollte der Smart-Meter-Rollout beschleunigt werden, um Flexibilität beim Strombezug zu ermöglichen. Ein breiter Zugang zu dynamischen Tarifen und reduzierten Netzentgelten brächte dabei einen massiven Mehrwert für das so wichtige Ziel des netzdienlichen Verhaltens. Millionen Haushalte könnten mit einem dynamischen beziehungsweise preisdifferenzierten Stromtarif viel mehr für Energiewende und Netzstabilität erreichen als viele Bedenkenträger das prognostizieren.

Und in der Kommunikation sollte die Politik den Bürgerinnen und Bürgern reinen Wein einschenken: Der steigende CO2-Preis wird dazu führen, dass die Elektrifizierung der Wärme mit eigenem Photovoltaik-Strom im Vergleich zu fossilen Energieträgern immer günstiger wird. Diese Botschaft ist nicht ausreichend durchgedrungen, aber wahr ‒ unabhängig davon, wer nach der nächsten Bundestagswahl das Ruder in der Regierung übernimmt.

Attraktive Renditen sind möglich

Denkt man dann noch das eigene Elektroauto mit − und die Zahl der E-Autos wird auch hierzulande über die kommenden Jahre steigen ‒ ergibt sich daraus ein noch größerer Vorteil.

Das ist kein Wunschdenken. Das Fraunhofer ISE stellt in seinem neuen Papier „Aktuelle Fakten zur Photovoltaik in Deutschland“ fest, dass attraktive Renditen möglich sind: „Grundsätzlich können kleine Photovoltaik-Anlagen Erträge über die EEG-Vergütung (….) und über die Verringerung des Strombezugs dank Eigenverbrauch bringen.“

Es gibt also eine Vielzahl von Ansatzpunkten für Betriebe und die Politik, um Endkunden die Entscheidung für eine eigene Photovoltaik-Anlage zu erleichtern.

Die Argumente für deren Sinnhaftigkeit, gerade langfristig, sind unbestreitbar ‒ selbst wenn man alle ideellen Argumente für erneuerbare Energien außen vor lässt. Nun gilt es, die Hürden wieder zu senken. Dann ist der Wirtschaftsstandort Deutschland mit seinen vielen innovativen und qualitätsorientierten Unternehmen bestens aufgestellt für einen neuen Aufschwung bei der Photovoltaik-Verbreitung im Eigenheim.

— Der Autor Hannes Münzinger ist Mitgründer und einer von drei Geschäftsführern bei Homenergy. Sein Fokus bei dem Münchner Start-up, das Hausbesitzern den Zugang zu einer erneuerbaren Energieversorgung anbietet, liegt auf den Bereichen Strategie, Finanzen und Installationen. Zuvor war Diplom-Volkswirt als Geschäftsführer bei Daheim Solar tätig und arbeitete im Innovationsmanagement bei der Thüga. Seine berufliche Laufbahn startete er als Berater bei EY und Deloitte Consulting. —

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