1Komma5° verlässt den BSW-Solar und sieht durch dessen Politik die eigenen Pläne für eine Modulproduktion gefährdet

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Mit einer geharnischten Erklärung verabschiedet sich 1Komma5° aus dem Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar). Das Hamburger Unternehmen liegt seit Monaten mit dem Verband und anderen Akteuren aus der Solarbranche im Clinch über die richtige Gestaltung von Fördermaßnahmen, insbesondere die Frage von Resilienzboni und -auktionen. Der BSW-Solar streitet dafür, diese Instrumente gemeinsam mit den im „Solarpaket 1“ noch ausstehenden Gesetzesänderungen schnellst möglich einzuführen und wird hierbei auch von anderen Verbänden, etwa dem Bundesverband der Elektrizitäts- und Wasserwirtschaft (BDEW), unterstützt. 1Komma5° hat sich wiederum gemeinsam mit den ebenfalls vorrangig in Installation und Vertrieb aktiven Unternehmen Enpal, Energiekonzepte Deutschland und Zolar klar dagegen positioniert. 1Komma5°-Geschäftsführer Philipp Schröder nannte den Bonus in einem Beitrag für pv magazine einen „Etikettenschwindel“, Widerspruch erhielt er dafür zum Beispiel von Eric Quiring, Global Public Affairs Manager bei SMA.

Die sehr kontrovers geführte Debatte hat nun mit dem offenen Bruch eine weitere Eskalationsstufe erreicht. 1Komma5° distanziert sich mit seinem Austritt „von der Linie des BSW mit Blick auf die Forderungen nach neuen, aggressiven Subventionen“. Dies betreffe insbesondere die Forderung des Verbands nach einem „Produktionsbonus“ – eine Vokabel, die der BSW-Solar so bislang nicht verwendet hat. 1Komma5° versteht hierunter offenbar die Ausgestaltung der Resilienzboni in der Form, dass für Photovoltaik-Anlagen – oder auch andere Erneuerbare-Energien-Anlagen – eine höhere Vergütung gezahlt wird, wenn diese aus Komponenten von einheimischen Herstellern bestehen.

„Subventionen in dieser Form“, so der Vorwurf von 1Komma5°, „würden nur einzelnen Firmen kurzfristig helfen, während der nachhaltige Aufbau einer Solarmodul-Industrie in Deutschland sogar eingebremst werden würde.“ In der Folge könnte der Bonus „quasi zu einem Monopol einzelner Hersteller führen und gleichzeitig den Markt verzerren“. Es entstünden zudem „zusätzliche Kosten für Steuerzahler von geschätzt 700 Millionen Euro je Gigawatt Leistung“. Diese Summe ist über den Förderzeitraum von 20 Jahren gerechnet.* Der BSW-Solar geht dagegen davon aus, dass durch den Bonus eine mittlerer dreistelliger Millionenbetrag im Jahr nicht überschritten wird.

1Komma5° sieht sich mit eigenen Produktionsplänen benachteiligt

1Komma5° formuliert diese herbe Kritik auch mit Blick auf die eigenen Pläne. Das Unternehmen hatte im vergangenen Oktober eigene, schon einige Monate zuvor erstmals bekannt gegebene Pläne zum Aufbau einer Solarmodulproduktion konkretisiert. Die erste Phase sollte demnach bereits Ende dieses Jahres in Betrieb gehen. Der von 1Komma5° so genannte „Produktionsbonus” sei aber so beschaffen, dass er die Ansiedlung neuer Modul-Produzenten behindert, „wenn diese beispielsweise noch auf einzelne Teile entlang der Wertschöpfung außerhalb Europas angewiesen sind.“ Dies würde „den Wettbewerb damit erheblich verzerren, da potenzielle neue europäische Modul-Produzenten in Konkurrenz mit einzelnen stark geförderten Anbietern stünden“. Auch 1Komma5° selbst könne nicht in eine Produktion in Deutschland investieren, „wenn man während der Hochlaufphase bei Endkunden-Förderungen gegenüber dem Wettbewerb benachteiligt wird.”

Das Unternehmen, dessen Geschäftsführer Philipp Schröder – allerdings noch während seiner Zeit beim Batteriehersteller Sonnen – selbst einmal Vorstandsmitglied des BSW-Solar war, „möchte nicht Teil eines rückwärtsgewandten Verbandes sein, der aus unserer Sicht auf Kosten der Steuerzahler und des Industriestandortes Klientelpolitik für wenige Mitglieder betreibt“.

BSW-Solar bedauert Austritt

Der BSW-Solar erklärte zum Austritt auf Anfrage von pv magazine, er vertrete mehr als 1000 Unternehmen und freue sich über mehr als 300 Neubeitritte im vergangenen Jahr, bedaure aber „auf der anderen Seite natürlich den Austritt jedes einzelnen Unternehmens“. Er werde, so Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig, „weiterhin versuchen, auch abweichende Auffassungen, soweit sie den Interessen der Solarwirtschaft insgesamt dienen, in seine Positionsbestimmung zu integrieren.“ Die Bündelung von Interessen erfordere zuweilen Kompromisse, und ein solcher Kompromiss bestünde beim Thema Resilienz darin, „dass sich der BSW-Solar mit Nachdruck gegen die Einführung von Zöllen und Handelsbarrieren einsetzt, auf der anderen Seite aber für einen befristeten Zeitraum und einen Teil des EEG-Fördervolumens die Einführung von Resilienboni und -Auktionen empfiehlt“. Damit könne europäischen Herstellern während der Aufbauphase von Fabriken der Weg zur internationalen Wettbewerbsfähigkeit erleichtert werden. Diese Linie werde „einstimmig vom BSW-Vorstand und Vertretern aller Wertschöpfungsstufen getragen“. Zudem würde die Bundesregierung mit der Einführung einer Resilienz-Komponente im „Solarpaket 1“ lediglich der Anfang dieser Woche auf EU-Ebene im Rahmen des Net-Zero-Industry Act beschlossenen Regelung vorgreifen.

Philipp Schröder im pv magazine Podcast

Philipp Schröder von 1Komma5° erläutert im pv magazine Podcast seine Einschätzung, wie sich der Photovoltaikmarkt entwickelt, warum er sich gegen Resilienzboni zum Schutz von Modulherstellern wendet und wie er sich das Derisking von China vorstellt.

*Anmerkung der Redaktion: Den Satz haben wir am 12.2.2024 zur Klarstellung nachträglich in den Artikel eingefügt.

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