Vorbehalte gegen Resilienzboni nicht ganz nachvollziehbar

SMA, Produktion, Wechselrichter, Deutschland

Teilen

pv magazine: Derzeit läuft eine zunehmend hitziger werdende Debatte über Resilienzauktionen und -boni. Wie sieht man dieses Thema bei SMA?

Eric Quiring: SMA hält, wie die gesamte Solarbranche, dieses Instrument, das nach Schätzungen des Fraunhofer ISE mit zunächst 55 Millionen Euro ja keine große Summe umfasst, für sehr sinnvoll. Einerseits bietet es die Möglichkeit, die ersten Schritte aus der Abhängigkeit der Branche von chinesischen Herstellern zu unternehmen. Andererseits wird über die Resilienzboni beim Endkunden Transparenz über die Herkunft der Komponenten einer Solaranlage hergestellt. Viele Kunden wissen derzeit gar nicht, woher beispielsweise der Wechselrichter stammt, der ihnen angeboten wird. Dieses Signal ist aus unserer Sicht in einem Markt, in dem Kunden zunehmend Wert auf Themen wie Datensicherheit und Nachhaltigkeit legen, enorm wichtig. Entscheidend ist jetzt, dass Deutschland den von der Europäischen Union mit dem Net Zero Industrial Act gesetzten Rahmen schnell und entschlossen umsetzt. Sowohl Hersteller als auch Kunden brauchen jetzt Planungssicherheit. Daher ja, wir benötigen dieses Instrument als Branche unbedingt, wenn wir aus der aktuellen Talsohle kommen wollen.

Welche Maßnahmen aus dem Konzept würden den Photovoltaik-Herstellern in Deutschland kurzfristig am meisten helfen?

Der Resilienzbonus würde den Kunden sofort bewusst machen, dass sie eine Wahl haben zwischen in Europa und von Drittstaaten hergestellten Produkten. Diese Maßnahme würde kurzfristig wirken und Transparenz schaffen. Viele Anbieter von Komplettlösungen bieten aktuell gar keine deutschen oder europäischen Komponenten an. Die steigende Nachfrage nach europäischen Produkten auf Kundenseite würde Installateuren sicher helfen, breitere Angebote zu machen. Denn es gibt immer noch viele Kunden in Deutschland die bereit sind für höhere Resilienz auch einen höheren Preis zu zahlen.

Momentan sieht es aber so aus, dass sich in der Regierung die FDP und in der Photovoltaik-Branche große Installateursunternehmen gegen die Resilienzboni stellen. Können Sie deren Argumentation nachvollziehen?

Wir können den Druck, unter dem die Installateursunternehmen stehen, nachvollziehen. Der aktuelle Preiskampf, insbesondere bei den Modulen, stellt die ganze Branche vor große Herausforderungen. Aber die Lösung kann ja nicht sein, die europäische Solarindustrie einfach kampflos aufzugeben, wenn Produkte aus China kostengünstiger produziert werden.  Wir haben in Europa und Deutschland viele hochinnovative Unternehmen entlang der solaren Wertschöpfungskette, die zahlreiche Arbeitsplätze in einem wichtigen Technologiefeld sichern und aktiv an der Energiewende arbeiten. Diese mit einem Instrument wie dem Resilienzbonus kurzfristig bei der Erhaltung ihrer Wettbewerbsfähigkeit zu unterstützen, muss im Interesse aller Regierungsparteien und der gesamten Solarbranche sein. Die Resilienzboni sind ja als freiwilliges Instrument gedacht, das den Markt nicht steuert, sondern ihn lediglich transparent macht und dem Kunden die Entscheidung überlässt. Die Vorbehalte dagegen können wir daher nicht ganz nachvollziehen.

In Deutschland bauen sie ihre Wechselrichter und Speicherapplikationen ja „nur“ noch zusammen. Die Einzelteile selbst kommen von überall her. Wie sieht die Einkaufsstrategie von SMA aus?

Wir haben unsere Produktion 2019 in Deutschland zentriert. Die einzige Ausnahme bildet derzeit unsere Tochterfirma SMA Magnetics, die elektromagnetischen Bauteile in Polen herstellt. Das Bekenntnis zum Standort Deutschland ist für uns insbesondere im Bereich der Kommunikationseinheiten, die bis auf die Leiterplatten ausschließlich in Deutschland produziert werden, sehr wichtig, um die Qualität und Langlebigkeit sicherzustellen, für die wir als Unternehmen stehen. Natürlich beziehen wir einzelne elektronische Komponenten, wie Halbleiter, aus Asien. Aber unsere Wertschöpfung mit rund 4000 Mitarbeitenden findet zu einem überwiegenden Teil in Europa statt.

Könnten aus der EU noch Impulse kommen, die der Solarindustrie hierzulande kurzfristig helfen?

Die EU verschärft derzeit Maßnahmen für Ausschreibungen im NZIA – von freiwilligen Kriterien bis hin zu vorgeschrieben Pre-Qualifizierungs-Maßnahmen.  Hier steht explizit das wichtige Thema Cybersicherheit im Mittelpunkt.  Die EU hat erkannt, dass die Abhängigkeit von asiatischen Herstellern nicht nur eine Gefahr für die Existenz der europäischen Hersteller im Solarbereich ist. Auch die Fragen nach der Sicherheit von Daten und der Dantenutzung spielen bei Anlagen, die ja Teil der kritischen Infrastruktur sind, eine immens wichtige Rolle. Dieses Thema halten wir bei SMA für entscheidend und würden uns daher wünschen, dass Deutschland hier nicht wartet, sondern zügig handelt.

Dieser Inhalt ist urheberrechtlich geschützt und darf nicht kopiert werden. Wenn Sie mit uns kooperieren und Inhalte von uns teilweise nutzen wollen, nehmen Sie bitte Kontakt auf: redaktion@pv-magazine.com.

Popular content

Baywa einigt sich mit Kapitalgebern auf Durchfinanzierung bis 2027
08 Oktober 2024 Banken stellen dem Konzern rund 500 Millionen Euro zur Verfügung. Fast alle Gläubiger wollen bis Ende dieses Jahres darauf verzichten, Ansprüche gelte...