Mehr als 570.000 neu installierte Photovoltaik-Speicher in 2023

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Die Hersteller von Photovoltaik-Speichern können sich über eine hohe Nachfrage freuen: Im vergangenen Jahr hat sich die Zahl der installierten Batteriespeicher dem Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) zufolge auf fast 1,2 Millionen verdoppelt. Die nutzbare Speicherkapazität liegt jetzt bei rund zwölf Gigawattstunden. Das entspricht dem Tagesstromverbrauch von 1,5 Millionen Zwei-Personen-Haushalten, rechnet der BSW-Solar vor. Die Zahlen des Verbandes basieren auf dem Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur.

Der BSW-Solar begrüßt die jüngste Initiative des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWK) zur Entwicklung einer Stromspeicherstrategie. Der Mitte Dezember veröffentlichte erste Entwurf lasse jedoch wesentliche Fragen zur Rolle von Speichern im Stromsystem der Zukunft offen. In einer nun vorgelegten Stellungnahme empfiehlt der Verband zahlreiche konkrete Nachbesserungen.

So sollten Speicher künftig eine eigenständige, zentrale Säule im Stromsystem bilden – neben der Erzeugung, dem Netzbetrieb und dem Stromverbrauch. Dieser Ansatz fehle im Entwurf der Stromspeicherstrategie. Er müsse sich zudem in der Weiterentwicklung des energiewirtschaftlichen Rechtsrahmens sowie einer angemessenen Ausstattung mit Forschungsmitteln niederschlagen. Nur so sei der von Experten für notwendig erachtete Ausbau der Kapazitäten von Batteriespeichern um den Faktor 25 bis 2050 erreichbar.

Mehr als 570.000 Photovoltaik-Speicher wurden 2023 neu installiert

Grafik: Bundesverband Solarwirtschaft

Speicher bei der Regulatorik immer gleich mitberücksichtigen

Eine intelligente Speicherstrategie müsse dem Verband zufolge auch darauf zielen, mit Hilfe von Stromspeichern die vorhandene Netzkapazität effizienter zu nutzen, die Benutzungsstunden des Netzes zu erhöhen und damit die Anschlusskapazitäten sowohl für dezentrale Erzeuger als auch für neue Verbraucher wie Wärmepumpen und Elektroautos zu vergrößern. „Ein schneller Batteriespeicherausbau kann den Netzausbaubedarf verringern und Zeit gewinnen für den darüber hinaus notwendigen, aber langwierigen Ausbau des Stromnetzes“, sagt Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des BSW-Solar.

Konkret nimmt der Verband darüber hinaus unter anderem Stellung zu den bereits identifizierten Hemmnissen beim Speicherausbau. An vielen Stellen gebe es dringenden Handlungsbedarf, beispielsweise bei der Entfristung der Netzentgeltbefreiung, bei der Möglichkeit, Speicher sowohl für vor Ort erzeugten Solarstrom wie auch für Netzstrom zu nutzen sowie bei der Bereitstellung von Systemdienstleistungen durch Speicher.

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„Es fehlen flexible rechtliche Rahmenbedingungen, damit Speicher ihre technische Flexibilität dem Stromnetz tatsächlich zur Verfügung stellen können“, sagt Körnig. „Dafür brauchen wir einen Paradigmenwechsel weg von selektiven Ausnahmen der Speicher von bestimmten Einschränkungen hin zu einem Rechtsrahmen, der insbesondere Batteriespeichern den gleichen Vorrang einräumt, der den erneuerbaren Energieanlagen ebenfalls zugestanden wird.“ So wie heute immer mehr Investoren beim Kauf einer Photovoltaikanlage den Batteriespeicher gleich integrieren, müssten auch Gesetzgeber, Bundesregierung und Bundesnetzagentur die Speicher im Rahmen ihres regulativen Handelns künftig immer gleich mitberücksichtigen.

Kritik übt der BSW-Solar auch an Plänen des Bundesforschungsministeriums, infolge der Kürzungen am Klima- und Transformationsfonds (KTF) die staatlichen Fördermittel für einen Großteil der Batterie-Anwendungsforschung für 2024 zu streichen.

Bundesverband Neue Energiewirtschaft fordert langfristige Lösung für Netzentgelte

Auch der Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne) sieht die Strategie des BMWK im Grundsatz positiv. Sie reiße wichtige Eckpunkte an – greife allerdings noch zu kurz. So fehlten klare und ambitionierte Ziele sowie ein agiles Monitoring, um diese Ziele zu erreichen. Weitere zentrale Punkte sind dem Verband zufolge die Netzentgelte für Speicher, die Neuregelung der Baukostenzuschüsse und eine Verbesserung der Regeln für den Redispatch für Kombinationen aus EE-Anlagen und Speichern.

Die Netzentgelte sind nach Einschätzung des bne der wesentliche Faktor für die Wirtschaftlichkeit der Speicher. Die jüngste Verlängerung des §118 Abs. 6 EnWG sei entscheidend gewesen, um einen „Fadenriss“ für den weiteren Speicher-Ausbau zu verhindern. Jetzt brauche es zügig eine langfristig tragfähige Lösung, um einen weiteren marktgetriebenen Ausbau zu ermöglichen.

Auch die Baukostenzuschüsse haben nach Ansicht des Verbandes eine hohe wirtschaftliche Bedeutung für die Speicher. Bisher ist den Netzbetreibern im Grundsatz freigestellt, ob sie Baukostenzuschüsse erheben. Die erratische Erhebung der Baukostenzuschüsse habe weder eine tragfähige Begründung noch eine sinnvolle Lenkungswirkung.

Die aktuellen Vorgaben zum Redispatch hält der bne mit Blick auf Speicher, die zusammen mit Erneuerbare-Energien-Anlagen betrieben werden, für hochproblematisch. Die Anlagen werden durch Vorgaben der Netzbetreiber im Fall eines Engpasses gedrosselt, der Strom darf dann auch nicht alternativ in die Speicher eingebracht werden. Damit werde den Betreibern widersinnig die sinnvolle Verwendung des Stroms aus ihren Anlagen verwehrt und damit die Wirtschaftlichkeit der Speicher untergraben.

Langfristszenarien unterschätzen Speicherausbau

Der bne geht davon aus, dass Stromspeicher langfristig mehr als 200 Gigawatt Leistung bereitstellen werden. Die Langfristszenarien nehmen bei Batteriespeichern allerdings keinen nennenswerten Anstieg bis 2030 an. So ist dem Verband zufolge in Deutschland ein Ausbau von lediglich fünf Gigawattstunden modelliert. Damit würden falsche Schlüsse in Hinblick auf Netzausbau, aber auch auf steuerbare Kapazitäten und den zugehörigen Bedarf an Wasserstoff gezogen. Diese Schwächen müssen schnell korrigiert werden, so der bne, da sonst Fehlinvestitionen und stranded investments folgen.

Eine kürzlich erschienene Frontier-Economics-Studie zu Großbatteriespeichern hat deren wirtschaftliche Chancen herausgearbeitet, so der bne: Der Ausbau der netzgebundenen Speicher kann demnach einen enormen Beitrag zur Reduzierung der CO2-Emissionen leisten und den Investitionsbedarf in neue Gaskraftwerke drastisch reduzieren – um bis zu 9 Gigawatt. Darüber hinaus können Speicher sehr hohe Marktpreise in Zeiten geringer Erneuerbare-Erzeugung dämpfen und bei sehr hoher Erzeugung die Preise stützen, damit die Wirtschaftlichkeit der Photovoltaik- und Windenergie-Anlagen verbessern und gleichzeitig die Kosten für Verbraucher senken.

BEE: Nutzung der Flexibilitätsoptionen der Speicher in der Strategie verankern

Auch der Bundesverband Erneuerbare Energie e.V. (BEE) begrüßt die Strategie, fordert aber umfassende Konkretisierungen im Rahmen einer Gesamtstrategie. „Mit der Speicherstrategie liegt nun ein Papier vor, das die geplanten Maßnahmen der Bundesregierung zum notwendigen Ausbau der Stromspeicherkapazitäten und deren Systemintegration zusammenführt“, so BEE-Präsidentin Simone Peter.

Die Vorschläge zeigten grundsätzlich in die richtige Richtung. Bedauerlich sei aber, dass vieles im Vagen bleibe. Auch konkrete Zuständigkeiten und Zeitpläne lasse das Dokument vermissen. Größten Nachbesserungsbedarf sieht der BEE bei Maßnahmen für einen innovativen und vielfältigen Einsatz von Speichern. „Speicher können im Energiesystem als Flexibilitätsoption verschiedene wichtige Aufgaben übernehmen. Dazu zählen beispielsweise die Eigenverbrauchsoptimierung oder die Erbringung von Systemdienstleistungen“, so Peter. „Dabei kann ein Speicher mehrere Funktionen gleichzeitig erfüllen. Die Stromspeicherstrategie muss das anerkennen, Ausschließlichkeitsanforderungen oder andere Beschränkungen sind aufzuheben.“

Betriebswirtschaftlichkeit und Investitionssicherheit seien entscheidend, um den Ausbau der Energiespeicher voranzutreiben. „Die Entfristung der Netzentgeltbefreiung gemäß § 118 Abs. 6 EnWG sowie die Standardisierung von Baukostenzuschüssen sind wesentliche Schritte“, so Peter. „Diese Zuschüsse sollten ausschließlich für solche Speichersysteme geleistet werden müssen, die den Netzausbaubedarf vergrößern.“

Strombezug aus dem Netz für Systemdienstleistungen erleichtern

Wichtig für den Ausbau von netz- und systemdienlichen PV-Speicher- und Wind-Speicher-Anlagenkombinationen seien ausreichende Höchstwerte bei den Innovationsausschreibungen sowie getrennte Ausschreibungen für Wind und Photovoltaik: „Unterschiedliche Kostenstrukturen bei Wind-Speicher-Kombinationen erfordern separate Ausschreibungen mit angepassten Volumina und Höchstwerten“, sagt Peter. „Damit alle Erneuerbare-Speicher-Kombinationen Systemdienstleistungen erbringen können, sollte außerdem der Strombezug aus dem Netz erleichtert werden.“

Die bürokratischen und prozessualen Vereinfachungen, die es für Erneuerbare-Anlagen gibt, müssten automatisch auch für Speicher gelten. „Speicher sind ein unverzichtbarer Teil des künftigen Energiesystems. Ihr Ausbau sieht sich zum Teil ähnlichen Hürden gegenüber wie der Ausbau der Erneuerbaren, beispielsweise beim Wegenutzungsrecht oder dem Netzanschluss. Unterschiedliche Regelungen ergeben daher keinen Sinn“, betont Peter .

Anmerkung der Redaktion: Wir haben die Meldung am 17.1.24 um 13 Uhr um die Stellungnahme des bne und um 15 Uhr um die Position des BEE ergänzt.

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