Deutschland knackt 2023 voraussichtlich die 14 Gigawatt-Marke. Und die Länder der Europäischen Union können sich zum dritten Mal in Folge über einen Rekordzubau an Photovoltaik-Anlagen freuen. Das teilt der europäische Dachverband Solarpower Europe in seinem jährlichen „Energy Market Outlook“ mit. In diesem Jahr werden Photovoltaik-Anlagen mit einer Leistung von 56 Gigawatt ans europäische Netz gehen.
Gegenüber dem Vorjahr stellt das ein Marktwachstum von 40 Prozent dar. In der EU gingen 2022 Photovoltaik-Anlagen mit einer Leistung von 40 Gigawatt ans Netz. In der Pressekonferenz zu dem Marktausblick sagte Michaela Schmela, Leiter der Marktforschung von Solarpower Europe, dass die Energiekrise einen signifikanten Anteil an dem Marktzuwachs hatte.
Die Rekordjagd könnte jedoch unterbrochen werden. Die Prognose für die Installationsvolumina der kommenden vier Jahre zeigt Wachstumsraten von 11 bis 19 Prozent anstatt der in den vergangenen drei Jahren erreichten 40 Prozent. Für 2024 prognostiziert Solarpower Europe einen Photovoltaik-Zubau von 62 Gigawatt und damit ein Marktwachstum von nur elf Prozent. Der Grund für den Dämpfer am Markt dürfte eine Zurückhaltung einiger Staaten sein, da Netze und Speicher ausgebaut werden müssen, bevor es mit dem hohen Tempo weitergehen kann.
Für 2025 könnten ein Wachstum von 19 Prozent auf 74 Gigawatt wahrscheinlich sein. Bis 2027 könnten in der EU 93 Gigawatt pro Jahr installiert werden. Im optimistischen Szenario könnten bis 2027 sogar 130 Gigawatt pro Jahr installiert werden. Ein pessimistisches Szenario geht von einem Installationsvolumen von 58 Gigawatt im Jahr 2027 aus. Der Markt würde dabei sogar kurzfristig auf unter 50 Gigawatt einbrechen. Der Grund dafür ist, dass dieses Szenario die Einführung von Zöllen und Handelsbarrieren annimmt. Diese würden dazu führen, dass der Markt kurzfristig sogar schrumpfen wird und danach kaum Wachstum erfahren kann.
Deutschland führt insgesamt, Niederlande bei pro-Kopf-Installationen
Deutschland führt den EU-Markt an. Solarpower Europe gibt an, dass in diesem Jahr in Deutschland voraussichtlich Anlagen mit einer Leistung von 14 Gigawatt ans Netz gehen werden. Das ist eine Verdopplung zum Vorjahr. Europas zweitgrößter Markt in diesem Jahr ist Spanien mit einem Zubau von 8,2 Gigawatt. Jedoch schrumpfte der spanische Markt von 8,4 Gigawatt im Vorjahr. Grund hierfür war eine sinkende Nachfrage im Marktsegment für Einfamilienhäuser. Italien erreicht 4,9 Gigawatt in diesem Jahr, ein ordentliches Wachstum nach 2,5 Gigawatt im vergangenen Jahr.
Polen und die Niederlande liegen etwas gleichauf bei 4,6 und 4,5 Gigawatt, mit wenig Veränderung zum Vorjahr. Frankreich erreicht drei Gigawatt. Österreich hat mehr als 100 Prozent Marktzuwachs und erreicht 2,2 Gigawatt. Insgesamt sind 14 Märkte der 27 EU-Staaten jetzt Gigawatt-Märkte für Photovoltaik. Vor allem in Ost- und Mitteleuropa seien viele neue Märkte hinzugekommen.
Insgesamt werden in der EU mit dem Ende dieses Jahres 263 Gigawatt installiert sein. Ein Zuwachs von 27 Prozent gegenüber dem Vorjahr. In den vergangenen drei Jahren verzeichnete die EU in jedem Jahr einen Zuwachs der insgesamt installierten Photovoltaik-Leistung von über 20 Prozent. Gemessen an der Photovoltaik-Leistung pro Einwohner führen die Niederlande das Feld an, es stehen 1280 Watt pro Einwohner zur Verfügung. In Deutschland sind es 985 Watt, in Dänemark 832 Watt. Das sonnenreiche Spanien kommt erst an sechster Stelle und erreicht 748 Watt pro Einwohner.
Der europäische Photovoltaik-Markt sei stark vom Dachanlagen-Segment geprägt. Industrie, Gewerbe und Wohngebäude vereint kommen auf einen Marktanteil von 66 Prozent. Bereits in den Jahren zuvor spielte das Dachsegment eine wichtige Rolle. Da der Marktzuwachs in diesem Jahr auf die hohen Strompreise für Verbraucher zurückzuführen ist, habe sich dieser Trend noch einmal verstärkt.
Anschluss und Genehmigungen europaweit langsam
Wie der europäische Markt sich weiterentwickeln wird, hängt auch von den politischen Bedingungen ab. Netzanschlusszeiten, Baugenehmigungen, und Anschlussgebühren können Hemmnisse für eine Marktentwicklung darstellen. Diese lassen sich meisten politisch verändern. Die Zeit, die es braucht, um eine Photovoltaik-Freiflächenanlage ans Netz zu bringen, variiert in Europa. Und in Deutschland dauert es nicht am längsten. Zwischen einem und drei Jahre dauert es hier laut Solarpower Europa. In Österreich sind es zwischen 1,5 und 8 Jahren. In Italien seien es vier bis fünf Jahre. In den Niederlanden seien es auch vier bis sieben Jahre. Nur in Rumänien geht es schneller. Dort dauert der Netzanschluss zwischen einem und anderthalb Jahren.
Bei kleinen Photovoltaik-Anlagen geht es in Polen besonders schnell. Hier beträgt die Zeit nur einen Monat bis zum Anschluss. In Deutschland seien es zwischen einem und elf Monaten. In den Niederlanden zwischen zwei und drei Wochen. Österreichische Projektierer warten zwischen einem und zwölf Monaten.
Der Artikel wurden am 22.3.24 berichtigt, da die Anschlusszeit für kleine PV-Anlagen in den Niederlanden inkorrekt wiedergegeben wurde.
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Ganz große Warnung vor der politischen Situation:
Der Markt wird mit Zöllen oder anderen Barrieren nicht schrumpfen sondern implodieren.
EU 2012 vor Zöllen: 16 GWp
EU 2014 nach Zöllen und Unsicherheit davor in 2013: 4 GWp
Und ja: es gibt in der Branche Firmen und Personen die Zöllen fordern auch wenn sie offiziell was anderes sagen.
Danke für diesen sehr informativen Artikel. Besonders aufschlussreich ist die darin veröffentlichte Grafik über die Jahre 2000 bis 2023.
Man kann unschwer erkennen, dass in den Jahren 2010 bis 2012 der PV- Zubau bereits ähnlich hoch war wie heute.
In den folgenden Jahren haben die Schutzmaßnahmen für die Energiekonzerne von Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) und dessen Nachfolger Peter Altmaier (CDU) dafür gesorgt, dass der jährliche Zubau an Photovoltaikanlagen wieder auf niedrige einstellige Werte zurückgedrängt wurde.
Leider wurde wertvolle Zeit verschenkt, obwohl die Klimaproblematik allen Verantwortlichen längst bekannt war, mindestens seit das von Hermann Scheer (SPD) auf den Weg gebrachte EEG im Jahr 2000 in Kraft trat.
Erst durch den Mehrwertsteuersatz Null, den Robert Habeck (Grüne) eingeführt hat, werden jetzt die alten Zubauzahlen wieder erreicht und in 2023 wohl auch übertroffen.
Bleibt die Anschaffung einer Photovoltaikanlage auch in Zukunft steuerfrei, oder droht uns hier schon wieder ein Rückschlag?
Angesichts der aktuellen Finanzlage darf man da sehr gespannt sein.
Hallo Thomas
„In den folgenden Jahren haben die Schutzmaßnahmen für die Energiekonzerne von Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) und dessen Nachfolger Peter Altmaier (CDU) dafür gesorgt, dass der jährliche Zubau an Photovoltaikanlagen wieder auf niedrige einstellige Werte zurückgedrängt wurde.“
Wie ist in dieser Situation der Rückgang an Zubau in Italien, Spanien, etc. zu erklären?
@ Quayle
Der Strommarkt ist Europa weit. In Deutschland waren es die Genannten. In Spanien natürlich andere, da wurde sogar die den Investoren zugesagte Vergütung nachträglich gekürzt.
Der weitere Zubau an PV in Europa wird durch zwei Faktoren entscheidend beeinflusst :Kosten der Module, China Import! Zollbarrieren? Und fehlende Speichern für Überschussstrom.
Die Ampel ist offensichtlich nicht fähig, diese Probleme zu lösen.
Das wird sich noch zeigen.
Katastrophal sehe ich vor allem, dass alle anderen Parteien noch nicht einmal _willens_ sind, diese Probleme zu lösen, da ihnen daran gelegen ist, im fossilen Zeitalter steckenzubleiben.
Da gilt dann wohl: „Lieber schlecht gemacht als gut verhindert.“
Naja, Sie müssen beachten das ein System wie das deutsche Stromsystem nicht in einem Monat umdesigned werden kann. Das ist bei optimalen Bedingungen ein Prozess von Jahren und an der Stelle sei auch gesagt, dass es eine solche Wende noch nie gab. Es gibt also kein Beispiel an dem man sich orientieren kann.
Zum Thema Speicher kann ich ihnen sagen, dass sich große Speicher für den überproduzierten Strom erst ab 60% Erneuerbare Energien lohnen, bzw. Notwendig sind (laut Frauenhofer)
https://www.iee.fraunhofer.de/de/presse-infothek/Presse-Medien/Pressemitteilungen/2014/Roadmap_Speicher.html
Von daher müssen wir Geduld haben. Aber die jetzige Entwicklung wird uns sehr viel weiter bringen, auch wenn die Entwicklungen von der CDU oder sonst wem bald wieder versucht abgewürgt zu werden. Also Abwarten und nicht vergessen, die konservative Regierung der letzten Jahre hat diesen Schlamassel erst provoziert 😉
Laut energy-charts lag der Anteil der EE an der deutschen Stromproduktion für 2023 bei 59,7%.
https://energy-charts.info/charts/energy_pie/chart.htm?l=de&c=DE&interval=year&year=2023
Da ist es sehr wahrscheinlich, dass die 60% bereits in 2024 überschritten werden und wir folglich nicht mehr lange warten müssen.
Bereits letztes Jahr haben die Meldungen stark zugenommen, dass in Deutschland grosse Batteriespeicher in Betrieb genommen werden – wäre überrascht, wenn dieser Trend in 2024 nicht weiter zunehmen würde.