Schnellerer Netzanschluss: Bundesregierung vereinfacht Zertifizierungsverfahren

Teilen

Die Bundesregierung will mit Neuregelungen zur Zertifizierung von Photovoltaik-Anlagen beitragen, den Stau beim Netzanschluss aufzulösen. Dazu hat sie jetzt eine Verordnung zur Änderung der Elektrotechnische-Eigenschaften-Nachweis-Verordnung (NELEV) beschlossen. Damit sollen die Zertifizierungsverfahren vereinfacht und, auch durch eine Digitalisierung der Prozesse, beschleunigt werden. Vor allem Dachanlagen bis 500 Kilowatt Leistung auf gewerblich und privat genutzten Immobilien profitieren davon, so das zuständige Bundeswirtschaftsministerium (BMWK).

Ein zentraler Punkt der Verordnung: Die bislang nur für an ein Niederspannungsnetz anzuschließenden Anlagen geltende Ausnahme von der Zertifizierungspflicht wird künftig unabhängig von der Spannungsebene für alle Anlagen gewährt, die eine maximale installierte Gesamtleistung von bis zu 500 Kilowatt und eine maximale Einspeiseleistung von 270 Kilowatt aufweisen. Für sie bedarf es also künftig keiner Anlagenzertifikate mehr – es reicht ein vereinfachter Nachweis, der im Wesentlichen über Einheiten- und Komponentenzertifikate der Hersteller erbracht werden kann.

Damit diese erweiterten Ausnahmen so schnell wie möglich in Kraft treten können, zugleich aber die Systemsicherheit des Stromnetzes gewahrt bleibt, überarbeitet das Forum Netztechnik/Netzbetrieb im VDE Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V. (VDE-FNN) die Technischen Anschlussregeln (TAR) zeitnah, erklärt das BMWK. Bis diese Arbeit abgeschlossen ist, sollen einige wenige zusätzliche materielle technische Anforderungen in vereinfachter Form in einer separaten Verordnung – der EAAV – geregelt werden. Dem Ministerium zufolge werden sie voraussichtlich im November vom Bundeskabinett beschlossen.

Neues digitales Register für Zertifikate

Darüber hinaus sieht das neue Regelungspaket vor, ein verpflichtendes digitales Register für Einheiten- und Komponentenzertifikate sämtlicher Spannungsebenen zu schaffen. Dieses Register – eine über das Internet zugänglichen Datenbank – dient künftig als Grundlage für die Digitalisierung und Marktüberwachung. Dadurch soll der Netzanschlussprozess für die Anlagen- und die Netzbetreiber vereinfacht werden. Zugleich erhofft sich das BMWK davon mehr Verbindlichkeit bei der Einhaltung der technischen Anforderungen.

Das Register funktioniert so: Hersteller von zertifizierungspflichtigen Einheiten oder Komponenten müssen die Zertifikate nach Erstellung an das Register übermitteln. Der Betreiber des Registers wird dort den aktuellen Status eines jeden Zertifikates, vor allem dessen Gültigkeit, angeben. Der Netzbetreiber kann sich dann im Rahmen des Netzanschlussprozesses auf den in dem Register angegebenen Status verlassen – er muss keine eigenständige Prüfung der Zertifikate mehr vornehmen.

Anlagenbetreiber müssen dem Verteilnetzbetreiber künftig nur noch die Zertifikatnummer des in ihrer Anlage verbauten Wechselrichters nennen. Der Netzbetreiber kann dann automatisiert alle notwendigen Daten aus dem neuen Register für Einheiten- und Komponentenzertifikate beziehen. Der Aufwand für den Anlagenbetreiber sinkt damit erheblich.

Bislang müssen die erforderlichen Nachweise zwischen Anlagenbetreibern, Zertifizierungsstellen und Netzbetreibern mühsam in Papierform oder als E-Mail-Anhänge ausgetauscht sowie anschließend in parallelen, nicht miteinander interagierenden Datenbanken der Netzbetreiber erfasst werden. Im Vergleich dazu ist das neue Verfahren nicht nur schneller, sondern insbesondere leichter verständlich, digitaler und dadurch massentauglicher, betont das BMWK. Die wesentlichen Regelungen zu dem neuen Register werden im Rahmen des Solarpakets in das EnWG eingefügt. Sie werden durch Regelungen in der NELEV konkretisiert.

Weiterer Beschluss zur Auslastung des Höchstspannungsnetzes

Die jetzt verabschiedete Verordnung ist Teil eines umfangreichen Gesamtpakets zur Weiterentwicklung und Modernisierung des Nachweisverfahrens für die technischen Mindestanforderungen von Stromerzeugungs- und Speicheranlagen. Es wurde gemeinsam vom BMWK und der Bundesnetzagentur unter enger Beteiligung der Branche erarbeitet. Das Regelungspaket besteht aus der Novellierung der NELEV, der Schaffung einer die NELEV ergänzenden neuen Energieanlagen-Anforderungen-Verordnung (EAAV) sowie Änderungen des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) im Rahmen der EnWG-Novelle 2023 und des Solarpakets.

Darüber hinaus hat das Bundeskabinett auch beschlossen, die Möglichkeit der temporären Höherauslastung des Höchstspannungsnetzes (§ 49b EnWG) bis Ende März 2027 zu verlängern. Bislang war dies bis Ende März 2024 befristet. Die Bundesregierung reagiert damit auf die bislang gewonnenen positiven Erfahrungen mit der Höherauslastung der Leitungen.

Dieser Inhalt ist urheberrechtlich geschützt und darf nicht kopiert werden. Wenn Sie mit uns kooperieren und Inhalte von uns teilweise nutzen wollen, nehmen Sie bitte Kontakt auf: redaktion@pv-magazine.com.