Forscher des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) und der ETH Zürich in der Schweiz haben ihre Besorgnis darüber zum Ausdruck gebracht, dass die ständige Verringerung der öffentlichen Unterstützung und die Vorstellung einer völlig förderfreien Ära für erneuerbare Energien durch die Regierungen in der Europäischen Union den Sektor der erneuerbaren Energien dem Risiko einer politischen Gegenreaktion aussetzen könnte. Dies gelte insbesondere jetzt, da die Zinssätze zu steigen scheinen und sich die CO2-Preise beträchtlich erhöhen.
„Der Anstieg der CO2-Preise insbesondere in der EU im vergangenen Jahr hat in der Tat die Wettbewerbsfähigkeit der erneuerbaren Energien erheblich gesteigert und damit die politischen Kosten für ihren Einsatz noch weiter gesenkt“, erklärte der Forscher Michael Pahle auf Anfrage von pv magazine. „Aber mit zunehmendem Anteil der erneuerbaren Energien wird der CO2-Preis immer mehr von ihren Investitionskosten abhängen, und bestimmte Faktoren könnten den derzeitigen Trend eines anhaltenden Rückgangs dieser Kosten umkehren.“
In ihrem kürzlich in Nature Energy veröffentlichten Artikel „Safeguarding the energy transition against political backlash to carbon markets“ (Sicherung der Energiewende gegen politische Gegenreaktionen auf die Kohlenstoffmärkte) haben sie ihre Analyse auf das Emissionshandelssystem (ETS) der Europäischen Union angewendet. Sie erklärten, dass der Übergang von Förderungen zu Kohlenstoffpreisen in vielen Märkten für erneuerbare Energien unmittelbar bevorsteht und dass die Zinssätze in ganz Europa ansteigen. Beides zusammen könnte die Wettbewerbsfähigkeit von Photovoltaik und Windkraft und anderen erneuerbaren Energien beeinträchtigen und den fossilen Brennstoffen in diesem Jahrzehnt mehr Luft zum Atmen bieten, argumentierten sie.
Emissionshandelssysteme können nur dann richtig funktionieren, wenn eine vernünftige Obergrenze für Emissionen festgelegt wird und politisch aufrechterhalten werden kann, selbst wenn die Preise stark steigen. Dieser Trend bedeute aber, so die deutschen und Schweizer Wissenschaftler, dass die Emissionsobergrenze durch die Zuführung zusätzlicher Zertifikate aufgeweicht werde, was auf eine mögliche Störung des Ausbaus der erneuerbaren Energien hinweise.
„Der Rückgang der Wettbewerbsfähigkeit aufgrund dieser beiden Effekte bedeutet, dass der Preis für die Zertifikate im ETS in absoluten Zahlen schneller steigt und in der späteren Phase die Kurve abflachen wird“, so die Wissenschaftler. DIeser Preisverlauf werde in der wissenschaftlichen Literatur als „hockeyschlägerförmig“ beschrieben.
Zur Analyse der Zukunftsszenarien verwendeten die Wissenschaftler das langfristige Investitionsmodell LIMES-EU für den Elektrizitätssektor, das das PIK selbst entwickelt hat, um das europäische Stromsystem sowohl auf nationaler als auch auf supranationaler Ebene zu bewerten. Dabei wurde davon ausgegangen, dass die von der Europäischen Union im Jahr 2018 eingeführten Regeln für den Zertifikatemarkt vollständig umgesetzt werden. Zu diesen Bestimmungen gehört die Marktstabilitätsreserve (MSR), ein Mechanismus zur Verringerung von Ungleichgewichten zwischen Angebot und Nachfrage, indem das Auktionsvolumen von Zertifikaten deutlich gesenkt wird.
„Obwohl diese Reform nur eine Verschärfung der Obergrenze durch die Löschung von Zertifikaten durch die MSR beinhaltet, könnte eine zukünftige Reform auch in die entgegengesetzte Richtung gehen: eine Zuführung zusätzlicher Zertifikate durch die MSR, das heißt eine Aufweichung der Obergrenze“, so die Wissenschaftler.
Sie skizzierten zwei verschiedene Szenarien. Das erste war ein Szenario mit niedrigem Abzinsungssatz (LoDR), bei dem die Zinssätze auf dem derzeitigen Niveau von etwa 0 Prozent bleiben und erneuerbare Energien weiterhin durch staatliche Maßnahmen unterstützt werden. Das zweite Szenario war ein Szenario mit hohen Abzinsungssätzen (HiDR), bei dem die Abzinsungssätze um bis zu 5 Prozent steigen könnten und die öffentlichen Anreize für erneuerbare Energien schrittweise abgebaut würden.
„Bis 2035 ist die Kapazität der erneuerbaren Energien im LoDR-Szenario (1.447 Gigawatt) um 536 Gigawatt höher als im HiDR-Szenario (911 Gigawatt)“, so die Wissenschaftler. Mit anderen Worten: Das Niveau, das im Hochzins-Szenario bis 2035 erreicht wird, ist im Niedrigzins-Szenario bereits um das Jahr 2028 erreicht, was eine „Zubauverzögerung“ von etwa sieben Jahren zwischen den beiden Szenarien bedeutet. Die derzeitigen Trends niedriger Zinssätze und sinkender Technologiekosten tragen wenig zur Klärung der künftigen Entwicklung der europäischen Energielandschaft bei.
„Bei einem solchen Ansatz wird übersehen, dass das letzte Jahrzehnt in Bezug auf niedrige und stabile Zinssätze wirklich außergewöhnlich war und sich die Bedingungen zwangsläufig ändern werden“, warnten die Autoren des Papiers. „Dementsprechend könnte sich das Blatt gegen die Wettbewerbsfähigkeit der erneuerbaren Energien wenden, was durch das Auslaufen der Politik für erneuerbare Energien noch verschärft werden würde. In Kombination könnte dies die Preise für Emissionszertifikate auf ein Niveau treiben, das politische Gegenreaktionen auslöst und zu einer Aufweichung der Obergrenze führt“.
Die Wissenschaftler schlugen abschließend vor, die Politik zur Förderung erneuerbarer Energien nicht „in der jetzigen Form“ fortzusetzen, da sie ihr Hauptziel, die wirtschaftliche und technologische Reife sauberer Energiequellen zu fördern, bereits erreicht habe. Stattdessen schlugen sie „De-Risking-Maßnahmen“ vor, die die Nachteile des Marktrisikos und eines Anstiegs des allgemeinen Zinssatzes auffangen. Allerdings sollten die Anreize für saubere Energien gegenüber dem derzeitigen Niveau reduziert werden, und es sollte genauer untersucht werden, wie sich die Dynamik der Kohlenstoffpreise auf das politische Feedback auswirkt.
„Diese Arbeit unterstreicht, dass politische Entscheidungsträger und Forscher sich nicht zu der Annahme verleiten lassen sollten, dass die Energiewende aufgrund der sinkenden Kosten für erneuerbare Energietechnologien nun sicher ist und dass die Kohlenstoffmärkte Anreize für den Einsatz erneuerbarer Energien schaffen werden“, so die Wissenschaftler.
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Warum wird dieser Bericht hier überhaupt noch aufgeführt, denn er ist mittlerweile vollkommen veraltet. Das Geld für diese Studie war vollkommen umsonst. Ein E-Auto zahlt mit Ladekarte 35 bis 55 Cent für das öffentliche Schnellladen. Bei 15 kWh pro 100 km macht das maximal 8 €. Diesel kostet 2,30 Euro pro Liter, also über 15 € pro 100 km. Diese Spritpreise werden vielleicht mit etwas abgeschwächten Niveau über die nächsten Jahre bleiben. Schlaue Betriebe welche schon seit Jahren mit Solar und Speicher ihre Betriebskosten verringert haben, sind jetzt für die Produktion mit einem riesen Vorteil bedacht. Dasselbe gilt für Eigenheimbesitzer mit einer Anlage. So schlimm die Lage ist, alle werden jetzt auf erneuerbare Energien setzen und auch müssen, denn steigende Energiepreise lassen den Ausbau grüner Energie die nächsten Jahre explodieren. Preissteigerungen von 20 und mehr Prozent bei Material wird kommen, aber das ist nichts gegen die Preise von Öl und Gas.
Es gibt aber nicht nur ein paar privilegierte Einfamilienhausbesitzer mit Elektroautos und Solaranlage, sondern Industrie und Gewerbe und wo der Strom im Winter herkommen soll, ist auch nicht geklärt.
Da machen es sich manche Leute ziemlich leicht, denn ein ausreichend großer und gleichzeitig bezahlbarer Speicher wurde noch nicht mal erfunden.
@ Michael Schimpf. Da sie hier nur schimpfen und keinerlei Lösungsvorschläge haben, rate ich Ihnen mit dem Fahrrad um den Tisch zu fahren, mit eingeschaltetem Dynamo natürlich. Dabei wird Ihnen auch gut warm.
100% korrekt Herr Gruber!
Worauf beziehen sich Ihre 100% genau?
Herr Schimpf und Herr Gruber schimpfen beide nicht. Herr Gruber nimmt nun die aktuellen Diesen- bzw. Benzinpreise und vergleicht diese mit Strompreise für E-PKWs. Eine etwas kurzsichtige Berechnung…so scheint es mir.
Wieso sollen gleich Lösungsvorschläge kommen? Ist der Lösungsvorschlag, das alle auf grüne Energie umsteigen müssen, die beste Lösung? Es ist eine von einigen Lösungsansätzen, doch das wissen wir doch schon und ist veraltetes Wissen.
Herr Gruber meint weiter, das die Lage schlimm ist. Was genau meint er damit? Die Energiepreise? Und wen meint er mit „alle“. Die Mittelschicht kann sich solche Anlagen geschweige denn ein E-Auto nicht einfach so leisten. Und abgesehen davon sind das PIK und die ETH, staatlich finanzierte Institutionen, mE zu ideologisch unterwegs. Zum Thema Kernkraft – CO2 freie Energiegewinnung – hört man von diesen zwei Instutionen wenig.
Und in der Einleitung des Berichtes liest man, dass es mitunter ums Geld geht. Cui bono?
Ein ideologiefreier Masterplan wäre wünschenswert.
„Der Anstieg der CO2-Preise insbesondere in der EU im vergangenen Jahr hat in der Tat die Wettbewerbsfähigkeit der erneuerbaren Energien erheblich gesteigert und damit die politischen Kosten für ihren Einsatz noch weiter gesenkt“ (M. Pahle).
Der Anstieg der C02-Preise ist künstlich und politisch gewollt. Und was sind politische Kosten? Letztendlich bezahlt der Steuerzahler die Zeche. Klar, man steigere die Kosten (Steuern) und gebe für politische Propaganda weniger aus.
@Emil Claus. Mit schlimm meine ich, dass die nächsten Jahre nichts mehr so ist wie es die letzten Jahre war. 1981 bin ich an autofreien Sonntagen mit dem Fahrrad auf der Autobahn gefahren. Sie können gerne die Benzinpreise und auch die wirtschaftlichen Folgen dieser Krise nachlesen. Erklären Sie mir bitte warum mein Vergleich von Verbrenner zu E-Auto kurzsichtig ist. Ich gebe Ihnen noch ein besseres Beispiel. Ich habe eine Solaranlage auf dem Dach. Mit diesem Strom fahre ich 100 Kilometer für 1,50 €. Das war für mich eine sehr weitsichtige Entscheidung. Warum steigen die Zulassungszahlen für E-Autos jedes Jahr über 100% und der Diesel verliert jedes Jahr 50% Marktanteil. Es ist ganz einfach, die Verbrauchskosten sind extrem billiger und die Nebenkosten auch. Die Autofahrer sind nicht blöd . Erneuerbare Energie wird sich mit Sicherheit durchsetzen, denn sie gibt jedem Land Sicherheit und die Abhängigkeit von anderen Staaten fällt weg. Was für einen Grund gab es die letzten 50 Jahre für Kriege? Fast nur wegen der Energie! Energie aus AKWs hat jetzt sogar Herr Söder nach eine Prüfung abgelehnt, da die Strompreise ein Mehrfaches über Wind und Sonne liegen. Die CO2 Bepreisung für Benzin und Diesel hat gerade einmal 7 Cent betragen. Ist das ein Argument bei 2, 30 € pro Liter? Veraltetes Wissen vermittelt derjenige, welcher jetzt noch einen energiefreien Masterplan braucht. Die Würfel sind schon vorher gefallen und durch diesen Krieg wird der Umstieg noch schneller vollzogen werden müssen. Politische Propaganda kommt zu weit über 90% von der Lobby der Öl- Gas-und Stromkonzerne. Bereiten Sie sich darauf vor, auch ihren Gürtel enger zu schnallen!