Die Klimaerwärmung schreitet schneller voran als bisher prognostiziert. Laut „World Meteorological Organization“ (WMO) wird bereits bis 2024 mit 20-prozentiger Wahrscheinlichkeit in mindestens einem Jahr die in Paris gesetzte Obergrenze von 1,5 Grad Temperaturerhöhung gegenüber der vorindustriellen Zeit erreicht.
Mindestvoraussetzung für ernst zu nehmenden Klimaschutz
Wenn unsere Bemühungen zur Begrenzung der Klimaerwärmung mit auch nur einer Spur Realismus ausgestattet sein sollen, dann muss bis spätestens 2030 die Energie in allen Sektoren auf 100 Prozent erneuerbar umgestellt werden. Metropolsolar, Bündnis Bürgerenergie (BBEn), Solarenergie-Förderverein Deutschland (SFV), Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS), Energy Watch Group (EWG), Europäische Energiewende Community und weitere Organisationen am „Runden Tisch“ der erneuerbaren Energien sind gemeinsam zu dieser Einsicht gelangt und arbeiten an ihrer Verbreitung.
Bundesregierung liegt um Lichtjahre daneben
Ganz anders die Bundesregierung. Laut Referentenentwurf zur EEG-Novelle sollen bis 2030 65 Prozent des Stroms regenerativ erzeugt werden – 65 Prozent des Stroms, also nicht der Gesamtenergie, innerhalb der der Stromanteil derzeit etwa 21 Prozent ausmacht.
Der Unterschied zu dem, was mindestens nötig wäre, ist gewaltig! Was soll man dazu sagen?
Erdgas statt Erneuerbare
Der Hintergrund ist klar: Für Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier steht das Jahr 2030 nicht für 100 Prozent Erneuerbare, sondern für die Erdgas-Zukunft. Nach dem „Dialogprozess Gas 2030“ im Herbst 2019 verkündete er in denkbarer Offenheit: „Als erste Bilanz des Dialogs ist festzuhalten, dass gasförmigen Energieträgern in der Energieversorgung der Zukunft weiterhin eine zentrale Rolle zukommen wird.“
Eifrig reiste er im Nahen Osten umher, wo unter dem Mittelmeer riesige Gasvorkommen neu entdeckt wurden. Er lobte das „Eastern Mediterranean Gas Forum“, welches dazu führe, dass frühere Feinde „jetzt darüber miteinander sprechen, wie sie ihren Schatz, den sie jetzt erschließen, gemeinsam so vermarkten, dass es ökologisch verträglich ist; dass es den Staats-Einnahmen nützt und gleichzeitig auch eine verlässliche Gasversorgung in anderen Teilen Europas ermöglicht.“
Krieg NEIN – Klimakatastrophe JA
Inzwischen hat sich jedoch die Türkei als aktueller Feind eingestellt. Die Möglichkeit kriegerischer Auseinandersetzungen liegt in der Luft. Diplomaten bemühen sich heftig um Frieden. Doch geht es ihnen wirklich um Frieden – oder geht es um störungsfreie Gasförderung? Wenn es um Frieden ginge, bräuchte man den „Gasschatz“ bloß unter dem Meer belassen. Dann gäbe es keinen Kriegsgrund, auch nicht die Klimakatastrophe, die durch Verbrennung des Gases unsere schwachen Klimaschutzbemühungen endgültig obsolet machen würde und auch nicht die Verschmutzung und Verschandelung der wunderbaren Ägäis, die mit der Gasförderung einher ginge. Auch bei unseren Medien fällt offensichtlich niemandem auch nur die Frage ein, was die Hebung des Gasschatzes für Klima und Umwelt bedeuten würde – oder stellt sie nicht.
Ist der deutsche Außenminister so „ressort-borniert“, dass er sich nicht fragt, wieso in einer Klimazone mit allerbesten Solarbedingungen nach Gas gebohrt wird? Nein, so borniert ist er sicher nicht. Aber seine Aufgabe besteht nicht im Klimaschutz, sondern darin, Gas nach Deutschland zu schaffen, um dort die Kohle zu ersetzen, wofür 65 Prozent erneuerbarer Strom natürlich nicht ausreichen.
Ja, so sichern sich die „großen Jungs“ die große Energie. Wir klimaschützenden Kleinen dürfen uns mit etwas Spielzeug beschäftigen. Und selbst die Freude daran wird durch irrwitzige Bürokratie und sonstige Hürden, die in der EEG-Novelle noch weiter getrieben werden, vergällt.
EU-Richtlinie nicht umgesetzt: Das hat auch positive Aspekte
Von der EU-Richtlinie, die die bürokratischen Hindernisse, Fesseln und ungerechtfertigten Abgaben wegräumen sollte, hat sich im Referentenentwurf nichts niedergeschlagen. Vielleicht sollte man dies aber gar nicht groß bedauern. Denn so steht die Richtlinie weiterhin unbeschadet und undeformiert im Raum. Wie die Umsetzung in deutsches Recht bis zum vorgeschriebenen Enddatum 30. Juni 2021 noch gelingen soll, ist fraglich. Doch auch dies hat etwas Gutes: Wenn die Richtlinie bis zum 30. Juni 2021 nicht umgesetzt ist, besteht nämlich die Möglichkeit, sie unmittelbar, also ohne dass sie in deutsches Recht umgesetzt ist, praktisch anzuwenden. Dabei befindet man sich in einem zwar nicht durchgängig rechtssicheren, aber auch nicht rechtsfernen Raum. Allemal wird dadurch nahe gelegt, durch praktisches Handeln die nötige Weiterentwicklung des Rechts anzustoßen.
Wenigstens in Deutschland neue Gas- und Ölbohrungen verhindern!
Nennenswerte Kräfte, die versuchen, die Erdgasförderung im Mittelmeer zu verhindern, sind derzeit nicht sichtbar. Um wenigsten der Gas- und Ölförderung in Deutschland einen Riegel vorzuschieben, gibt es eine Online-Petition mit dem Titel „Das Bundesberggesetz muss dem Klimaschutz angepasst werden“. An das Wirtschaftsministerium und das Umweltministerium wird die Forderung gerichtet, eine Novellierung des Berggesetzes auf den Weg zu bringen, in der das Niederbringen neuer Bohrungen nach Gas und Öl verboten wird. Über folgenden Link kann die Petition unterstützt werden.
— Der Autor Christfried Lenz, politisiert durch die 68er Studentenbewegung, Promotion in Musikwissenschaft, ehemals Organist, Rundfunkautor, Kraftfahrer und Personalratsvorsitzender am Stadtreinigungsamt Mannheim, Buchautor. Erfolgreich gegen CCS mit der BI „Kein CO2-Endlager Altmark“, nach Zielerreichung in „Saubere Umwelt & Energie Altmark“ umbenannt und für Sanierung der Erdgas-Hinterlassenschaften, gegen neue Bohrungen und für die Energiewende aktiv (https://bi-altmark.sunject.com/). Mitglied des Gründungsvorstands der BürgerEnergieAltmark eG (http://www.buerger-energie-altmark.de/). Seit 2013 verfügt der stellvertretende Sprecher des „Rates für Bürgerenergie“ im Bündnis Bürgerenergie (BBEn) über eine 100-prozentige Strom-Selbstversorgung durch Photovoltaik-Inselanlage mit 3 Kilowattpeak. —
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…. ich habe auch nur einige „Spielzeuge“, aber mit vielen kleinen „Legosteinen“ kann man auch ein großes Ding bauen. Ich gebe die Hoffnung nicht auf und nehme mir die Zeit auch das 20zigste „Formblatt“ meines VNB erfolgreich abzuarbeiten und „Altmeier und Co.“ damit ein wenog zu kitzeln.
Ich hoffe immer mehr Menschen denken und handeln so in diesem Sinne und es wird sich doch etwas ändern zum Wohle letztlich ALLER!
Gut auf den Punkt gebracht,Herr Lenz!