Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hat für eine Großproduktion von Batteriezellen in Deutschland die Befreiung von Stromnebenkosten wie etwa der EEG-Umlage gefordert. „Wir haben es mit einer sehr energieintensiven Produktion zu tun, die unter den heutigen Bedingungen in Deutschland kaum darzustellen ist“, sagte Weil auf Anfrage von pv magazine. Auf der Hannover Messe will der Ministerpräsident mit EU-Vizepräsident Maroš Šefčovič darüber sprechen, ob und wie eine solche Regelung möglich ist, ohne in den Bereich der unerlaubten Beihilfe zu kommen, heißt es bei der niedersächsischen Landesregierung weiter. Erst im Februar hatte Šefčovič einen Aktionsplan für eine künftige europäische Batteriegroßfertigung vorgestellt. Inzwischen arbeiten gleich mehrere Unternehmens-Konsortien an einer europäischen Batterie-Großproduktion: etwa das Bündnis von Northvolt und ABB in Schweden, TerraE in Deutschland und die Unternehmensinitiative der Total-Tochter Saft, an der sich auch Siemens beteiligt.
Ob niedrigere Energiekosten allein eine hiesige Batteriezellen-Produktion wettbewerbsfähig machen würde, ist fraglich. Beim Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik IWS hält man zwar jede Unterstützung seitens der Regierung für den Aufbau einer Batterieproduktion in Deutschland für förderlich. „Allerdings hängen die Energiekosten der Batterieproduktion extrem von verschiedenen Faktoren ab, wie zum Beispiel Luftfeuchte des Standorts oder der jeweiligen Technologie, sei es Lithium-Ionen, Festkörper oder Lithium-Schwefel“, erklären die Batterie-Experten Susanne Dörfler und Jonas Pampel vom Fraunhofer IWS auf Nachfrage.
Einer Studie des Beratungsunternehmens Avicenne Energy aus dem vergangenen Jahr zufolge betragen die durchschnittlichen Energiekosten einer Lithium-Ionen-Batterie lediglich 3,7 Prozent. Zum Vergleich: 50 bis 70 Prozent ergeben sich demnach aus den Materialkosten für die Batteriezellen. Der Hebel einer Umlagebefreiung erscheint vor diesem Hintergrund für sich genommen klein.
Dazu müsse man beachten, wie lange die derzeitige Lithium-Ionen-Technologie von den ersten Ergebnissen in den 1970er und 80er Jahren zur ersten Lithium-Ionen-Zelle gebraucht habe, die Sony 1991 auf den Markt gebracht hat, sagen Dörfler und Pampel. „Gerade bei sogenannten „Next-Generation“-Batterien – zum Beispiel Lithium-Schwefel – wird eine längere Entwicklungs- und Förderzeit benötigt.“ Wieviel dafür im Wettbewerb mit den Produzenten aus Fernost nötig ist, ist schwer abzuschätzen. Der Vergleich zu asiatischen Produktionsstätten werde erschwert durch nicht immer transparente Daten, sagen die Batterieexperten.
Ministerpräsident Weil sitzt auch im Aufsichtsrat der Autobauers Volkswagen. Der Automobilhersteller baut derzeit eine Pilotanlage für die Zellfertigung auf, die im kommenden Jahr in Betrieb gehen soll. Im Herbst will der Konzern mit weiteren Details zur Anlage an die Öffentlichkeit.
Mit der Pilotanlage strebt der Konzern nach eigenen Angaben keine eigene Großproduktion an. „Wir wollen uns vor allem das Know-how aneignen“, sagt ein Sprecher auf Nachfrage von pv magazine. Anders ausgedrückt: Volkswagen will also ausloten, auf welche Technologien der Konzern künftig bei seinen Elektroautos setzen soll. Der Forschungsschwerpunkt liege dabei auf Lithium-Ionen- sowie Feststoffzellen. Durch die Arbeit und die Erkenntnisse in der Pilotanlage werde sich zeigen, ob eine eigene großindustrielle Fertigung nicht doch irgendwann mal Thema wird.
Die Energiekosten hält man jedoch für einen wesentlichen Standortnachteil, der Betrieb einer Zellfabrik sei in Deutschland aktuell zu wettbewerbsfähigen Kosten nicht möglich. „Die Hersteller sind überall in etwa mit denselben Materialkosten konfrontiert – und bei den Personalkosten sind wegen der zunehmend automatisierten Fertigung die Stellschrauben relativ klein“, sagt der Sprecher. Der Konzern begrüßt entsprechend den Vorschlag des niedersächsischen Ministerpräsidenten – sieht aber noch weitere potenzielle Instrumente wie zum Beispiel eine Forshungsförderung, Einfuhrzollerleichterungen bei der Beschaffung von Rohmaterialien oder Sonder-Abschreibungsmöglichkeiten.
Derzeit setzt der Konzern jedoch bei der Beschaffung von Batteriezellen für seine Elektroautos auf seine Partner. Das Einkaufsvolumen für die erste Welle der Elektromobilität bis 2025 sei bereits abgesichert, heißt es. „Solange es genügend Anbieter gibt, die sich gegenseitig Konkurrenz machen, ist es in der Tat möglicherweise nicht das Beste, selbst eine Produktion aufzubauen“, sagte VW-Entwicklungschef Ulrich Eichhorn. Man dürfe die Wertschöpfung in der Zellfertigung auch nicht überschätzen.
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Ja, klar. 5 Mrd. auf dem EEG-Konto. Statt die EEG-Umlage um 1 Cent (!) zu senken lieber Geschenke an die Industrie.
Ich behaupte mal, dass die Batterie/PV-Produktion in D nicht an der EEG-Umlage scheitert, sondern an der fehlenden politischen Unterstützung.
Siehe PV. Jetzt da PV sehr günstig ist haben wir den Zubau auf 2,5 GWp begrenzt.
Solange es keine tolle deutsche Elektroautos gibt, brauchts auch keine Batterien oder wollen wir die Batterien den chinesichen/amerikanischen Elektroautobauern verkaufen?! Glaube kaum, dass BYD deutsche Batterien kauft, die produzieren die selber besser und günstiger…
Wir brauchen ja nichtmal ein Verbrennerverbot, sondern nur eine kleine Quote wie in China für den Anfang; in 5 Jahren sind Neuwagen vermutlich eh elektrisch unterwegs, da günstiger als Verbrennerautos. Und ja, dann wäre wohl auch eine Batterieproduktion in D sinnvoll. Aber dazu müssten wir erstmal mehr in Forschung investieren. Denn D kann nur bestehen, wenn die Qualität besser ist als anderswo.
Die deutsche Industrie ist durch die Höhe der EEG-Umlage tatsächlich benachteiligt gegenüber Ländern, in denen EE-Leistungen erst aufgebaut wurden, nachedem der durch das deutsche Vorpreschen ausgelöste Kostenrutsch eingetreten war. Etwa zwei Dritteln der EEG-Umlage deckt deshalb die Kosten, die entstanden waren, als die Einspeisevergütungen noch wesentlich höher waren als heute, sind also Markteinführungskosten, die mit den heutigen Kosten nichts mehr zu tun haben. Sinnvoll wäre es, diese Kosten aus Steuermitteln zu decken, wozu nur Unternehmen beitragen, die Gewinn machen, statt von den Stromverbrauchern tragen zu lassen, wo auch Unternehmen, die Verlust machen, sich an der Finanzierung dieser Vergangenheitskosten beteiligen müssen. Diese Umfinanzierung würde mehr zur Kostenwahrheit für alle beitragen, als die separate Bevorzugung einzelner. Der zweite Schritt müsste dann sein, eine allgemeine CO2-Abgabe einzuführen, mit der auch alle Importwaren nach ihrem CO2-Inhalt belastet werden. Erst danach sollte man über spezielle Subventionen (beispielsweise in Form von Bürgschaften, um das unternehmerische Risiko in der Aufbauphase zu kompensieren) nachdenken. Für die Bearbeitung von Forschungsaufträgen sollten direkte Zahlungen möglich sein.
Das reflexhafte Weinen in den Vorstandsetagen der deutschen Industrie über die hohen Strompreise soll dort vor allem von eigener Unfähigkeit und Risikoscheu ablenken. Und die Politik merkt das nicht mal, wie sie da manipuliert werden soll. VW heult, Weil fällt drauf rein, Fraunhofer IWS rechnet vor, dass nichts dran ist – das ist doch peinlich!
Ich fahre gerade einen CitySax (konvertierter Chevrolet Matiz) mit preiswerten China-LiPo4-Zellen von Winston, so Anfang-Mitte 2009 in China produziert. 26x160Ahx3,2V, so 13 kWh. Die haben damals so um die 260 Euro pro kWh netto gekostet. Ich fahre damit regelmäßig Leipzig-Chemnitz, ca. 85 km. Der Wagen hat kleinwagentypisch jetzt so ca. 55.000 km runter. Zu der Zeit hat uns die deutsche Autoindustrie weismachen wollen, sie bräuchten 1.200 Euro pro kWh. Das ist nur eine Gewinne-privatisieren-Verluste-vergesellschaften-Maschine. Vollkommen schamlos. Zu mir hat mal der damalige operative Chef von SW gesagt (nicht der Asbeck) : die Chinesen denken volkswirtschaftlich, die Europäer betriebswirtschaftlich.
Daimler investiert doch schon seit zwei Jahren in die Batterieproduktion mit Standort Deutschland. Möglicherweise werden hier andere Unternehmensstrategien verfolgt, aber einig sind sich doch alle, dass man mit Batteriezellen nicht das große Geld verdienen wird. Die EEG- Umlage bleibt ja auch nicht für immer bestehen sondern wird laut Prognosen in den Mitte 2020ern von alleine sinken. Bis die Erneuerbaren günstig genug Strom produzieren. VW sollte lieber zugeben die Verkehrswende verleugnet zu haben und jetzt den Preis dafür zahlen. Wenn der Entwicklungschef von VW schon sagt, dass man die Wertschöpfung bei Batterien nicht überbewerten sollte, dann machen diese paar Jahre der vermeintlich etwas höheren EEG-Umlage, den Kohl nicht fett. Es gibt schon genug Ausnahmen für die Industrie um Carbon-Leakage und Wettbewerbsunfähigkeit zu vermeiden. Auch wenn ich bezweifle, dass durch eine weitere Ausnahme ein signifikanter Anstieg der EEG-Umlage zu vermerken wäre, löst das bei der Bevölkerung immer mehr Unbehagen aus, was sich letztlich auf die Energiewende im Ganzen auswirkt. Lieber Eins nach dem Anderen. Erst die Stromversorgung regenerativ machen dann die fokussierte politische Unterstützung der Verkehrswende. Das schafft Sicherheit bei den Unternehmen. Wer dann aus eigenen unternehmensstrategischen Gründen nicht in die Elektromobilität investiert, wird weiterhin negativen Lobbyismus betreiben oder den Job wechseln.