800 Euro mehr im Jahr: Wärmepumpen-Contracting belastet Mietmarkt

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In einer Wohnsiedlung in Münster staunten die Mieter nicht schlecht, als sie über die neuen Heizkosten nach dem geplanten Einbau von Wärmepumpen informiert wurden. So soll die Bewohnerin einer 85-Quadratmeter-Wohnung, Ines Rodriguez, künftig 2.486 Euro pro Jahr für Wärme zahlen – 806 Euro mehr als bisher mit ihrer Gasetagenheizung. Auch bei den Nachbarn zeigt sich ein ähnliches Bild. Der Fall wurde zuerst in der NDR-Sendung „Panorama“ vom 19. Juni bekannt.

Vor dem Einbau der Luft-Luft-Wärmepumpen informierte die LEG ihre Mieter über die künftige Heizkostenabrechnung. Für viele Mieter bedeutet das eine Verdopplung der Kosten – vor allem wegen des sogenannten Contracting-Modells, das mit einer hohen Grundpauschale einhergeht. Im Fall von Rodriguez sind es 140 Euro im Monat, ohne dass dabei bereits geheizt wird.

Eigentlich sollte das Gebäudeenergiegesetz (GEG) Mieter vor solchen Mehrbelastungen schützen. Es erlaubt bei Heizungsmodernisierungen eine Umlage der Investitionskosten nur bis zu 0,50 Euro pro Quadratmeter auf die Nettokaltmiete. Bei 85 Quadratmetern wären das 42,50 Euro. Doch dieser Schutz greift beim Contracting nicht.

Beim Contracting lagern Vermieter die Installation, Wartung und den Betrieb der Heizung an ein externes Unternehmen aus. Als Vergleichswert gelten die bisherigen Betriebskosten – diese dürfen durch das neue Modell nicht überschritten werden. Die Heizkosten für Mieter dürfen also nicht steigen.

„Das Wärmepumpen-Contracting ist eigentlich für zentrale Heizsysteme gedacht – etwa ein Blockheizkraftwerk, das mehrere Wohnungen versorgt“, erklärt Maximilian Fuhrmann vom Mieterbund NRW im Gespräch mit pv magazine. „Die LEG wendet es aber auf einzelne Wohnungen an. Das ist mir in dieser Form neu – und für Mieter besonders problematisch.“ Denn im Fall Münster war der Vermieter zuvor gar nicht der Wärmelieferant – es gibt also keinen Referenzwert, an dem sich die LEG orientieren müsste. Stattdessen schätzt sie die künftigen Heizkosten einfach.

Im Fall der LEG betrugen die neuen Kosten laut Fuhrmann 1,80 Euro pro Quadratmeter – weit mehr als die laut GEG zulässigen 0,50 Euro. Ein LEG-Sprecher räumt ein, dass die Heizkosten schwer zu kalkulieren seien. Die verbrauchsunabhängigen Grundkosten ließen sich nicht pauschal beziffern. Sie basierten auf fixen Kosten je Wohnung, etwa für Wartung, Instandhaltung oder Rücklagen. Hier habe man eine „Lernkurve“ zu absolvieren.

Problematisch ist zudem, dass Vermieter eigene Joint Ventures oder Tochterfirmen für Einbau, Betrieb und Wartung gründen können. Diese Dienstleistungen müssen nicht öffentlich ausgeschrieben werden. Die Preise entstehen nicht mehr im freien Wettbewerb, und die Gewinne fließen zum Teil zurück an den Mutterkonzern.

Für Fuhrmann ist das eine Gesetzeslücke. Zwar begrenzt das GEG die Umlage bei Modernisierungen, doch Vermieter können dies umgehen, wenn sie auf Contracting umstellen und zuvor nicht der Wärmelieferent waren. Fuhrmann warnt, dass die Erfahrung von steigenden Heizkosten nach Wärmepumpen-Einbau die Wärmewende gefährden könne. Die Gesetzeslücke müsse schnell geschlossen werden.

Nach der NDR-Berichterstattung hat die LEG ihre Pläne zur Heizungsmodernisierung in Münster vorerst gestoppt. Wie es weitergeht, sei offen. Man wolle aber an der Wärmepumpe festhalten – und das Contracting nicht ausschließen. „Wir prüfen derzeit die Hinweise zur Ermittlung der Kostenbasis für eine Umstellung auf Contracting sowie alternative Lösungsansätze“, so ein LEG-Sprecher.

Was bedeutet das für die Wärmewende im Mietwohnungsbau?

Beim Bundesverband Wärmepumpe hält man das Contracting grundsätzlich für ein legitimes Modell – auch im Gewerbe- und Einfamilienhausbereich. „Wichtig ist die Angemessenheit und Nachvollziehbarkeit der einzelnen Kostenbestandteile“, sagt Peter Kuscher, Leiter politische Kommunikation des Verbands. Contracting werde auch bei Gasheizungen eingesetzt.

Die Umstellung von Gasetagenheizungen auf dezentrale Wärmepumpen steht in vielen Mietwohnungen bevor – nicht nur bei der LEG. Sollte der Vermieter dabei auf individuelles Contracting setzen und die Heizkosten steigen, rät Fuhrmann Mietern, das öffentlich zu machen.

Der Mieterbund fordert rasche gesetzliche Nachbesserungen. Fuhrmann hofft, dass bald Klarheit herrscht – damit die Wärmewende nicht zur sozialen Belastung für Mieter wird.

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