Die Bundesnetzagentur hat am Mittwoch die Konsultation für das Festlegungsverfahren und zur Methode der Anreizregulierung (RAMEN Strom und RAMEN Gas) sowie zur Strom-Netzentgeltfestlegung (StromNEF) und zur Gas-Netzentgeltfestlegung (GasNEF) gestartet. Dabei geht es um die Schaffung eines austarierten Gesamtsystems der Anreizregulierung für die Strom- und Gasverteilernetzbetreiber sowie die Gasfernleitungsnetzbetreiber, wie es die Bundesnetzagentur formuliert. Die nun veröffentlichten Entwürfe sollen als Festlegungen die bisher geltenden Verordnungsregelungen ablösen. Dabei sollen die kommenden Regulierungsperioden nochmals fünf Jahre andauern, für Gas also von 2028 bis 2033 und für Strom von 2029 bis 2034.
„Für die Übergangsperiode von fünf Jahren ist für die Stromverteilernetzbetreiber im Regelverfahren die Anpassung der Betriebskosten über ein gesondertes Anpassungsinstrument vorgesehen“, so die Bundesnetzagentur zu ihren Entwürfen. Es sei unter anderem geplant, die Kapitalverzinsung auf Grundlage des gewichteten durchschnittlichen Kapitalkostensatzes zu ermitteln (WACC; Weighted average cost of capital). Dabei soll es künftig auch einen allgemeinen sektoralen Produktivitätsfaktor (Xgen) und einen Effizienzvergleich geben. Um den effizienten Einsatz von Redispatch anzureizen, werden die Kosten in den Effizienzvergleich einbezogen. Neu ist das Element der Energiewendekompetenz neben dem gewohnten Qualitätselement, wie die Behörde erklärte. Ferner sollen der Verbraucherpreisindex (VPI) und der Produktivitätsfaktor (Xgen) künftig nur noch in Bezug auf die Betriebskosten (Opex) angewendet werden, um eine doppelte Inflationierung der Kapitalkosten (Capex) zu vermeiden. Für den Verbraucherpreisindex gelte weiterhin das Ist-Kosten-Prinzip.
Auch der Katalog der dauerhaft nicht beeinflussbaren Kosten (künftig KAnEu) muss in der RAMEN-Festlegung neu begründet werden, wie die Behörde schreibt. Künftig sollen dabei vorgelagerte Netzentgelte, Kosten für Versorgungsleistungen und Pflichtkostenübernahmen von Verteilernetzbetreibern für den Smart Meter Rollout als dauerhaft nicht beeinflussbare Kosten (künftig KAnEu) anerkannt werden. Beibehalten will die Bundesnetzagentur ein vereinfachtes Verfahren für mittelgroße Netzbetreiber. Für Kleinstnetzbetreiber ist ein zusätzliches Verfahren mit einem Kostenvolumen von unter 500.000 Euro geplant.
Die Konsultation der Vorschläge soll bis zum 30. Juli laufen. Doch bereits unmittelbar nach der Veröffentlichung meldeten sich der Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne) und der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft mit ersten Stellungnahmen.
Der bne zeigte sich von den Vorschlägen zur Weiterentwicklung der Anreizregulierung enttäuscht. Er vermisst eine notwendige Fokussierung und sieht die Vorschläge eher als ein „weiter so“. So bestehe die Gefahr, dass Netzbetreiber weiterhin viel Geld verdienen, ohne dass die notwendigen Reformen angereizt werden. Zudem sollen für eine Vielzahl der Netzbetreiber auch künftig vereinfachende Sonderregelungen gelten, womit angesichts der Vielzahl von Netzbetreibern von einer hohen Komplexität auszugehen ist.
„Die anhaltende Zersplitterung ist ein zentraler Fehler, dessen Konsequenzen sich seit der Liberalisierung stetig verschärfen und die im Versagen bei der Digitalisierung ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht haben“, sagt bne-Geschäftsführer Robert Busch. „Auch bei Netzausbau und netzinterner Digitalisierung kooperieren die vielen Netze und Netzchen nicht ausreichend.”
Als „völlig unverständlich“ bezeichnet der bne die Einführung eines Zinsbonus auf Baukostenzuschüsse und Investitionszuschüsse. Damit dürften Netzbetreiber Kosten ansetzen, die sie gar nicht hätten. Dies gelte auch für die kalkulatorische Anerkennung der Gewerbesteuer. „Wir können es uns nicht mehr leisten, für weite Teile der 850 Netzbetreiber überkommene Schonungen zu erhalten und fiktive Kosten anzuerkennen“, so Busch. „Die Bundesnetzagentur muss jetzt die Gelegenheit nutzen, die Netzbetreiber fit zu machen für die Energiewende, effiziente Strukturen einzufordern, und so die Kosten auf ein vernünftiges Maß zu beschränken.“
Bei aller Kritik sieht der bne aber auch richtige Ansätze in dem Festlegungsentwurf. Dazu zählen die Einführung der Energiewendekompetenz als eigenständiges Kriterium oder die Abschaffung der Doppelanpassung der Kapitalkosten.
Beim BDEW heißt es zur Veröffentlichung der Bundesnetzagentur: „Die Energiewende braucht starke Netzbetreiber. Der Regulierungsrahmen muss ihre Investitions- und Leistungsfähigkeit stärken – zum Wohle aller Netznutzer. Wir beurteilen die NEST-Anpassungen der Bundesnetzagentur dort als sachgerecht, wo ein intensiver öffentlicher Entscheidungsfindungsprozess durchgeführt wurde, beispielsweise bei der Umstellung auf die gewichteten durchschnittlichen Kapitalkosten (WACC-Ansatz) zur Bestimmung der Mindestrendite einer Investition.“
Damit endet jedoch die positive Einschätzung. Der BDEW warnt, dass ein Sparprogramm keine Innovations- und Investitionskraft hervorbringe und angesichts der Fülle der notwendigen Veränderungen bei den Netzen der falsche Weg sei. „Vielmehr gilt es, die Netzbetreiber so auszustatten, dass sie den Netzausbau auf allen Ebenen weiter beschleunigen können, dass sie die enorm zunehmenden Netzanschlussbegehren für Erneuerbare-Energien-Anlagen, für Ladeinfrastruktur, für Speicher, für Wärmepumpen realisieren, und zugleich natürlich das hohe Versorgungsniveau halten können“, sagte BDEW-Hauptgeschäftsführerin Kerstin Andreae.
Der Verband fürchtet, dass bei einer Umsetzung der Entwürfe den Netzbetreibern die notwendigen Mittel entzogen würden, um die Netze zu modernisieren und Flexibilitäten zu berücksichtigen. „Die Methodenänderungen dürfen aber nicht zu zusätzlichen regulatorischen Risiken bei den Netzbetreibern führen“, erklärt Andreae. Dem Verband fehlt vor allem eine „ehrliche Folgenabschätzung, die diese Risiken sachgerecht erfasst“. Der BDEW habe eine solche Folgenabschätzung vorgenommen und sei zum Ergebnis einer deutlichen Verschlechterung der Leistungs- und Investitionsfähigkeit der Netzbetreiber gekommen. Geschätzt würden den Netzbetreibern in einer Regulierungsperiode etwa 2,4 Milliarden Euro entzogen.
„Völlig unverständlich ist die Ungleichbehandlung von Netzbetreibern bei der Anerkennung der Betriebskosten, die als Feigenblatt vorgeschoben werden, um die massiven Verschlechterungen zu kaschieren. Dabei werden auch noch kleinere Netzbetreiber bewusst ausgespart, benachteiligt und durch die die Hintertür Strukturpolitik betrieben“, sagte Kerstin Andreae weiter.
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Vielleicht sollte man dazu auch den ‚Realitätscheck der Energiewende‘ des BMWE abwarten, bzw. sich mit dem BMWE dazu abstimmen?
Ist es nicht so,dass die Versorgungsunternehmen seit 12 Jahren zum Ausbau auf digitale Stromzähler verpflichtet wurden und seit dem nur punktuell dieser Pflicht nachgekommen sind.
Stattdessen wird beim Ausbaum unsinnige Forderungen der Versorgungsunternehmen nach zusätzlichem Anschlussräumen in Zählerkästen verlangen. Bald wird ein Zählerschrank für EFH mindestens 3 Felder breit sein. Alles Kosten und Raum welche durch eine gemeinsame uns verpflichtende Maßgabe durch Zentrale Institutionen einheitlich geregelt werden könnte, Schluß mit dem regionalen „Rumgezappel“ der Energieversorger.
Meine (‚Klein-)Anlage muss wieder mal steuerbar und abregelbar sein. Grundsätzlich ok, aber das hat auch einen Zweck..der kommt immer zu kurz. Meine Solarenergie muss ich kappen. Meine Wärmepumpe wird zu Hauptproduktionszeiten von Solar gesperrt und da meine Wallbox da dran hängt, diese auch. Vollkommen widersinnig. Ich wäre ja froh, wenn Energieunternehmen mir in der Verbrauchs- und Produktionssteuerung helfen würde…aber solange die Geschäftsmodelle nur auf Verkauf oder Netz ausgelegt sind, ist es weit an meinem Verständnis von Energiewende und auch an der Notwendigkeit vorbei gearbeitet.