Die Jahrestagung des Zentralverbands der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH) nutzte dessen Präsident Stefan Ehinger für recht deutliche Worte an die neue Bundesregierung. Bei seiner Rede auf der öffentlichen Festveranstaltung im Rahmen der Tagung fand er zwar laut einer (vorab verbreiteten) Mitteilung auch lobende Worte, etwa für die Pläne zur Senkung der Energiepreise, den Ausbau der Stromnetze oder die Förderung der Elektromobilität. „Der Energiewende kann das die benötigten Impulse geben“, so Ehinger. Auch die Einrichtung eines explizit für Digitalisierung zständigen Ministeriums wird vom ZVEH begrüßt, ebenso wie die Ankündigungen zum Bürokratieabbau.
Die ZVEH-Mitgliedsunternehmen, erklärte ihr Verbandspräsident, hätten am bislang Erreichten der Energiewende großen Anteil. Im vergangenen Jahr hätten die rund 50.000 Betriebe des Elektrohandwerks rund 357.000 Photovoltaik-Anlagen, 260.000 Speicher, 160.000 Wärmepumpen, 310.000 Ladestationen und 377.000 Ladepunkte installiert: „Wenn also jemand von sich behaupten kann, einen wichtigen Beitrag zu Deutschlands Weg in die Klimaneutralität zu leisten, dann sind das die E-Handwerke.“
Den Hochlauf sieht der ZVEH aber offenkundig als gefährdet an. Ehinger mahnte „eine verlässliche Ordnungspolitik sowie klare Marktsignale“ an und sprach sich in diesem Zusammenhang für ein Festhalten an der CO2-Bepreisung aus: Es kann nicht sein, dass CO2-basierte Energieträger die Umwelt verschmutzen, Steuervorteile und andere, nicht tarifäre Vorteile genießen und so Wettbewerbsvorteile erhalten. Das ist falsch verstandene Technologieoffenheit!“
Direkt adressierte Ehinger in seiner Rede Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche und äußerte die Sorge, der von ihr angekündigte Bau neuer Gaskraftwerke und die geplante Abschaffung des sogenannten „Heizungsgesetzes“ (Gebäudeenergiegesetz) könnten mit einer Rückabwicklung der Energiewende einhergehen. Derartige Ankündigungen würden Attentismus fördern und Investitionen in klimafreundliche Technologien hemmen.
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Überraschend und erfreulich diese deutlichen Aussagen Pro Energiewende aus dem Elektrohandwerk! Die haben lange gefehlt.
Genau! Erst wurde gewaltig gemeckert über die klare Ansage (durch Habeck, Ampel, …), und wenn sie fehlt, merkt man plötzlich, wie hilfreich sie war, um den trägen deutschen Michel aufzuwecken.
Jetzt muss wieder der einzelne die Politik vor sich hertreiben, ein Prozess, der erfahrungsgemäß sehr langsam geht, weil die Politik sich von den Reaktionären einflüstern lässt. Das Geld haben in diesem Land immer noch die alten Techniken, die mit ihren abgeschriebenen Anlagen hübsche Gewinne einfahren. Und mit diesem Geld schmieren sie diejenigen, von denen sie glauben, dass sie ihnen dieses Geschäft noch möglichst lange ermöglichen. Statt mutiger Schritte nach vorne müssen wir von der Politik also Versuche erwarten den Fortschritt zu hemmen, so wie das schon in der Merkelzeit zum Problem wurde mit „Atempausen“, „Deckel“ und subtileren Behinderungen.
Die neue Regierung hat von ihren eigenen Fehlern der Vergangenheit offensichtlich nichts gelernt. Lobbyisten bleiben eben Lobbyisten. Wir brauchen keine Technologieoffenheit auf dem Stand des letzten Jahrhunderts. Deutschland braucht einen klaren Plan, wo die Reise hingehen soll. Von einer Regierung erwarte ich Weitsichtig. Da wird der Ausbau von Photovoltaik-Anlagen gefördert.. Macht die Dächer voll.. war die Aussage, 22GW PV im Jahr. Und nach gerade 3 Jahren stellt fest, dass wir zuviel Strom produzieren wenn die Sonne scheint. Jetzt komm die nächste Regierung, und dreht das Rad wieder zurück. Jetzt bauen wir Gaskraftwerke, weil wir über so große Gasvorkommen verfügen. Wer entscheidet eigentlich darüber wie der Lebensraum unserer Kinder aussehen wird? Inkompetente und kurzsichtige Lobbyisten.
Wohl wahr! Die Signale die derzeit aus der Regierung und den Medien kommen deuten auf eine erneute Sabotage der Energiewende hin. Außerdem warten wir seit letztem Jahr darauf dass das BMWK mit der EU-Kommission in Sachen Claw-Back-Mechanismen übereinkommt damit endlich das Repowering von PV-Anlagen vereinfacht werden kann. Das Gesetz gibt es bereits, die Kommission blockiert es. Und dazu die energiepolitisch verlogene und populistische Haltung unseres neuen Kanzlers und seiner Wirtschaftsministerin. Wir brauchen endlich klare und ehrliche Botschaften!
Neue Regierung, neue Ideen – ist eigentlich sehr begrüssenswert,
-aber das Brauchtum, bei Regierungswechseln wirtschaftliche Richtungen, Gesetze und gar Gesetzes-Zwänge von Vorgänger-Regierungen direkt zu kippen ist des Teufels!
Weil „gesetzestreue Bürger“ und gewachsenen Unternehmens-Strukturen SO das Bein gestellt bekommen – und sinnloser/sinnfremder Schaden verursacht wird.
Energiewende: Das Elektrohandwerk hat in den letzten Jahren die politischen Vorgaben perfekt umgesetzt. Die Erneuerbaren decken an schönen Tagen 100 % des Strombedarfs ab. Im Winter beim Heizen mit Wärmepumpe fehlt naturgemäß der Solarstrom.. Leider tragen die 260 000 Klein-Speicher kaum dazu bei in den Sommermonaten netzdienlich zu sein. Im Privathaushalt sind sie in diesen Tagen praktisch immer voll. Im Winter dann bei bedecktem Himmel und kurzen Tagen meist leer.
Es ist nur folgerichtig, dass die neue Wirtschaftsministerin das Große Ganze im Blick haben sollte. Sie dafür zu schelten ist egoistisch.
Wenn wir den Topf des Strombedarfs, zumindest an schönen Sommertagen, bis zum Rand mit Erneuerbaren gefüllt haben, bringt ihn selbst der geringste weitere Zubau zum Überlaufen!
Strom ist leider eine schnell verderbliche Ware. Verderblicher als Erdbeeren, die wir derzeit auch am besten am selben oder spätestens am nächsten Tag genießen. Wird Strom nicht unmittelbar im Moment des Entstehens verbraucht, ist er im nächsten Moment quasi verdorben. Diese Situation haben wir derzeit fast jeden Tag um die Mittagszeit. Also ergibt sich daraus an der Börse die Situation, dass dem Stromabnehmer noch Geld dazu gegeben wird, damit er den Strom überhaupt abnimmt.
Das Elektrohandwerk verwendet demzufolge beim Bau und Installieren von weiteren PV Anlagen wertvolle Facharbeiter Ressourcen um einen bereits vollen Topf weiter zu befüllen und schaut ihm beim täglichen Überlaufen zu. Es wäre dasselbe als würden wir immer neue Erdbeerfelder anlegen obwohl die Händler am Erdbeerstand den Kunden zu jedem Körbchen bereits ein €, manchmal sogar schon zwei € mitgeben nur damit sie die neuen Lieferungen der Erdbeerbauern abnehmen können. Wie lange das gut geht, kann sich jeder selber überlegen.
Wir sollten Frau Reiche ermutigen den angekündigten Realitätscheck möglichst frei von Ideologie durchzuziehen! Das Elektrohandwerk sollte mit Blick auf das Große Ganze Lösungen anbieten die ab sofort 100 % netzdienlich sind. Also keine einzige kWh in einen Topf einspeisen der bereits voll ist. Wenn das nicht passiert, entwickeln sich die erneuerbaren von der Lösung zum Problem. Und das kann nicht im Sinne des Elektrohandwerks sein.
Der Unterschied zu Erdbeeren ist aber, das PV auch nach September Strom erzeugt. Nur etwas weniger und nicht so lange. Daher kann noch einiges an PV zugebaut werden, damit auch diese Zeiten besser abgedeckt werden. Denn zum Glück ist PV-Strom inzwischen so günstig, dass man auch etwas davon drosseln oder verschenken kann. Das machen die meisten Balkonanlagenbetreiber schon jetzt ohne Probleme damit zu haben. Darüber hinaus werden Speicher immer günstiger und strecken so die Erzeugungszeit.
Außerdem lässt sich Strom wesentlich einfacher auch über lange Strecken transportieren als Erdbeeren.
Um bei dem Erdbeerbild zu bleiben (wobei: Das Bild ist nicht wirklich gut, niemand braucht Erdbeeren, sie sind ein schmackhaftes Extra): Auch für Erdbeeren gäbe es die Möglichkeit, sie einzumachen oder einzufrieren, sogar zu Weihnachten frisch von der Südhalbkugel zu importieren. Das Einmachen wäre für den Strom dann der Stromspeicher, der Import ein Wasserstoffabkommen mit Ländern die zwischen den Wendekreisen oder in sehr windigen Gegenden liegen. Wo in diesem Bild die Gaskraftwerke von K. Reiche liegen? Noch mehr Erdbeerfelder? Irgendeine Ersatzfrucht, die besonders gute Erträge in schlechten Erdbeerjahren liefert? Beim Einmachen helfen die jedenfalls nichts.
Statt positiver Flexibilitäten (Gaskraftwerke) brauchen wir neben dem weiteren Zubau von PV und Wind parallel den Bau von negativen Flexibilitäten, sprich Speicher. Es war ein Fehler der Ampel, dass dort maßgebliche Leute (namentlich: P. Graichen) glaubten, es würde reichen als negative Flexibilitäten E-Autos und Wärmepumpen zu fördern. So viel (*: s.u.) Strom brauchen die aber gar nicht, dass das reichen würde, und speziell die PV und Wärmepumpen passen in ihren saisonalen Erzeugungs- bzw. Verbrauchsprofilen nicht gut zusammen.
Für die Wärmepumpen brauchen wir die Windkraft, die ihren Hauptertrag im Winter liefert. Da sie ihn unregelmäßig, immer wieder mit mehrtägigen Pausen liefert, braucht man auch noch Wärmespeicher dazu, und da sich Wärmespeicher besser rechnen, wenn sie sehr groß sind, auch noch Wärmenetze. Die PV brauchen wir für den Sommer, und weil nachts die Sonne nicht scheint, sind Speicher die richtige Lösung, die die mittäglichen Überschüsse aufnehmen und dann am Abend und in der Nacht abgeben können. Zwei Fliegen mit einer Klappe! Gaskraftwerke können zwar Strom liefern, aber nicht aufnehmen, und dazu zementieren sie CO2-Emissionen für Jahrzehnte. Das sehen auch die potentiellen Investoren, und werden deshalb zögern.
*: Wieviel Strom brauchen E-Autos und Wärmepumpen?
E-Autos: Es gibt in Deutschland 40Mio PKW mit einer Jahresfahrleistung von 15.000km, macht also 600Mrd km. 20kWh/100km bedeutet dann 120Mrd kWh = 120TWh. Das ist etwa das gleiche, was die deutschen Haushalte insgesamt an Strom verbrauchen (1/4 von 500TWh).
Wärmepumpen: je Haushalt im Durchschnitt 6000kWh/Jahr macht bei 40Mio Haushalten 240Mrd kWh = 240TWh, das würde den deutschen Stromverbrauch nochmal um 50% des heutigen Wertes heben.
Dies sind aber die Zahlen für den Endzustand, den wir 2045 noch nicht erreicht haben werden. Selbst wenn nichts als Wärmepumpen eingebaut, bzw. nur noch E-Autos neu zugelassen würden, würde deren Verbrauch bei weitem nicht reichen, um den Strom des gewünschten Zubaus aufzunehmen.
Unsicherheitsfaktor bleibt die Elektrolyse. Die könnte natürlich auch viel aufnehmen, wenn es sie denn gäbe. Das scheut man aber noch, nicht zuletzt, und das zurecht, wegen der Kosten. Wenn man etwa 20% (100-180TWh) des deutschen Stroms aus der Rückverstromung von H2 gewinnen müsste, würde dies bedeuten, dass man nochmal 500-900TWh Strom bräuchte, um das H2 zu produzieren. Die Elektrolyseanlagen würden zwar die Menge der negativen Flexibilität vergrößern, aber mit welchem Anteil ihrer Produktionskapazität lässt sich noch nicht sagen. Da wird also jede Abschätzung sehr spekulativ.
Es ist meiner Meinung nach kein Erzeugungs-, sondern ein Verwendungsproblem.
Unser veraltetes Netz und Denken sind das Problem.
Wenn auf den Firmenparkplätzen problemlos alle E-Autos in der Mittagszeit geladen werden könnten, die Speicher gefüllt werden würden und die Nachbarn ohne PV direkt mit versorgt werden könnten, würden wir noch viel mehr PV benötigen. Und mehr Installationen bieten bei schlechteren Wetterbedingungen eine bessere Grundlast.
Ein Realitätscheck ist in Hinblick auf den Klimawandel eindeutig: Wir benötigen jede mögliche kWh aus erneuerbaren Energien.
Wer eine andere Realität hat und damit 99 % der Wissenschaft widerspricht, denkt zu kurzfristig und nur an die nächste Wiederwahl.
Steuer Manfred lag fast richtig mit fieser Feststellung:
„Leider tragen die 260 000 Klein-Speicher kaum dazu bei in den Sommermonaten netzdienlich zu sein. Im Privathaushalt sind sie in diesen Tagen praktisch immer voll.“
Während das nicht prinzipiell falsch ist, liegt das nicht an den Speichern oder am Solar als solchem.
Die fehlende Netzdienlichkeit ergibt sich aus dem Fehlen an Signalen und Anreizen, was dazu führt, dass wir am Morgen mit Solar die Speicher füllen und zur gleichen Zeit den (Haushalts)Strombedarf mit extra viel Gas decken.
Eigentlich sollten wir den Strombedarf zu dieser Zeit mit Solar abdecken. Dann wäre Mittags mehr Speicherkapazität verfügbar, um die Spitze abzufangen. Am Nachmittag/Abend darf dann zu Spitzenzeiten wieder ausgespeichert werden oder auch nur der Grundbedarf in der Nacht gedeckt werden.
Derlei, und anderes, netzdienliches Verhalten ist allerdings in Deutschland bisher eher bestraft worden, statt gefördert. Aber gut, irgendwie müssen wir den wachsenden „Bedarf“ an neuen Gaskraftwerken ja rechtfertigen.
Die wenigen kWh die den Topf zum überlaufen bringen fixieren den negativen Börsenpreis. Dieser negative Preis wird aber auf den gesamten Topfinhalt angewendet. Obwohl 95 % notwendig den Bedarf abdecken ist der Preis auch dieser kWh unter Null. Noch dazu erhält der Erzeuger keine Marktprämie für diese Produktion. Wenn natürlich kleine und große Solarparks nahezu ohne Vergütung des erzeugten Stroms existieren können, ist das eine feine Sache.
Das ist vor allem deshalb eine feine Sache, weil die den von den Verbrauchern gewünschten CO2-freien Strom produzieren.
Das Nicht-funktionieren des Börsenhandels mit diesem Strom beschreiben Sie ja richtig. Aber wer muss sich da eigentlich an wen anpassen: Der veraltete Börsenhandel mit seinen fossilen Produkten base-load und peak-load an die neuen Stromerzeuger oder umgekehrt? Ich würde sagen, es wäre mal Zeit, dass eine neue Börse gegründet wird, an der die Produkte gehandelt werden, die PV, Wind und Speicher liefern können. Die alte Strombörse kann dann sehen, wo sie bleibt.
Zum Beitrag von JCW: Abschnitt: „Unsicherheitsfaktor bleibt die Elektrolyse.“, vom 13. Juni 2025 um 11:16 Uhr.
Danke für deinen Beitrag. Du bist der Einzige, der mit Fakten (Zahlen) argumentiert. Andere mit „Erdbeerfeldern“ und ähnlichem.
Kann es sein, dass du beim Beitrag „Elektrolyse“, bzw. Wasserstoff übersehen hast, dass es häufig zum Zeitpunkt der „Wiederverstromung“ kalt ist? Während der Wirkungsgrad der Elektrolyse recht hoch ist (je nach Technik bis zu 90%, oder?), ist es der Schwachpunkte die Brennstoffzelle.
Doch wenn es draußen kalt ist, muss (häufig :-)) geheizt werden.
Kann man hier nicht die Abwärme nicht zum Heizen gebrauchen?
Auf wie viel TWh würden sich dann dein Mehrbedarf von „500-900TWh“ reduzieren?
Gaskraftwerk wie in Irsching, die nicht ans (Nah-) Wärmenetz angeschlossen sind, können doch sicherlich zukünftig nicht wirtschaftlich arbeiten, egal ob sie wasserstofffähig sind oder nicht. Oder doch?
Die Wärmekraftkopplung ist natürlich eine Option, die den Wirkungsgrad der Wasserstoffrückverstromung erhöht. Allerdings nicht so stark, wie man glauben könnte. Ein Grund ist, dass es zwar oft passt – bei Fälligkeit von Rückverstromung ist es fast immer kalt – aber eben nicht immer. Und die lokale Rückverstromung muss dann auch zum lokalen Wärmebedarf passen. Wieviel das ausmacht? Hängt unter anderem davon ab, wie man bei den Wärmenetzen vorankommt. Man könnte mal grob annehmen, dass man das gleiche (in TWh) an Abwärme nutzen kann, was man an Strom produziert.
Dass die Brennstoffzelle eine größere Bedeutung erlangt, glaube ich eher nicht. Aber es wäre nicht das erste Mal, dass ich die Geschwindigkeit, in der teure Techniken dank produktionstechnischer Fortschritte zu preiswerten Techniken werden, unterschätze. Bisher ist die Brennstoffzelle eine teure Spielerei für die Raumfahrt, zwei Automodelle von Toyota und Hyundai und eine (theoretische) Vollautarkieanlage (picea) eines insolventen Berliner Heizungsanbieters (HPS). Ein Newcomer auf diesem Gebiet ist OHS (Ostermeier Hydrogen Solutions). Der industrielle Ansatz (kundenangepasste Anlagen für größere Verbrauchseinheiten) wirkt überzeugend, ist aber zunächst eine Nische. Ob OHS sich in dieser Nische dauerhaft einrichten kann, oder sogar darüber hinaus kommt, ist noch nicht ausgemacht.
Der zweite Grund, weshalb die Wärmekraftkopplung weniger bringt, als man so gefühlsmäßig glaubt, ist die Wärmepumpe. Die kann mit wenig Strom viel Wärme erzeugen. Wärme lässt sich auch gut für mehrere Tage speichern, zumindest, wenn man einen genügend großen, für eine Nahwärmeversorgung ausgelegten Wärmespeicher hat. Damit ist das eine der Anwendungen, wo man mit Demand-Side-Management mehrere Tage Strommangel überbrücken kann, wenn es zuvor genug Überangebot gegeben hat – was ja der Normalfall sein wird, wenn wir uns den 100% nähern.
Angenommen, man könnte etwa das gleiche, was man an Strom gewinnt, auch als Abwärme nutzen, also 100-180TWh. Das spart dann Wärmepumpenstrom von 30-54TWh Strom. Das ist so wenig, dass man es in so groben Abschätzungen erstmal vernachlässigen kann.
Um noch etwas erwähnt zu haben, was relevanter ist: 10% (4Mio) der deutschen Haushalte werden mit Nachtspeicherheizungen (typischer Jahresbezug: 18.000kWh) beheizt. Das bedeutet, wenn man die abschaffen würde, würden 72TWh frei werden. Die Ersatzversorgung dieser Haushalte mit Wärmepumpe steckt in den 240TWh schon drin. Netto kämen also nur 168TWh dazu, und auch das nur, wenn alle 90% restlichen Haushalte noch umgestellt werden müssten und könnten. Aber einige haben schon Wärmepumpen, andere haben Alternativen wie Solarthermie, Geothermie, KWK aus Fernwärme oder Bioenergie (v.a. Holz). Alles das reduziert die Verfügbarkeit von negativen Flexibilitäten in Form von steuerbaren Verbrauchern weiter, und betont die Notwendigkeit von Speichern.
Zu JCW, 18.Juni 2025, 11:22 Uhr und 15:51 Uhr.
Bitte Quellen angeben.
Es sind wohl derzeit weniger als 10–15 TWh/a elektrischer Energie die für die Nachtspeicherheizung anfallen [https://de.wikipedia.org/wiki/Nachtspeicherheizung]. Tendenz fallend.
Und wenn die Merkel-Regierung auf Druck „der Energiekonzerne sowie des Wohnungs- und Grundeigentümer-Verbandes Haus und Grund“ das Verbot für nach 2009 nicht aufgehoben hätten, hätten wir dies Problem nicht mehr.
Angeblich gibt es hierzu auch Daten vom statistisches Bundesamt, z.B. vom Mikrozensus 2022, doch da hier nur nach „Elektrizität (Strom)“ und anderen Energieformen unterschieden wird – aus Absicht? – und Wärmepumpen auch mit Strom betrieben werden, misstraue ich diesen Werten.
Bezüglich der Brennstoffzelle kann ich folgenden Betrag empfehlen. https://www.erdgas-suedwest.de/natuerlichzukunft/kosten-brennstoffzellen-heizung/
Die Preise scheinen schon zu fallen!
Derzeit scheint man im Einfamilien-Haus Wärmepumpe oder Brennstoffzelle haben zu müssen. Dass man mit größeren Einheiten (Mikro-Wärmenetze, Siedlungen, oder Hochhäuser) und Kombinationen besser fahren kann, scheint nocht nicht angekommen zu sein.
Persönlich würde mich aber mehr der gesellschaftliche Nutzen interessieren. Evtl. sind Sie da nicht der richtige Ansprechpartner.
Ich suche weiter.
Den Wikipedia-Artikel habe ich auch gelesen. Ich weiß nicht mehr, wo ich die 10% her habe. Kann gut sein, dass es auch nur eine Erwähnung in einem journalistischem Zeitungsartikel war, und die Zahl könnte ziemlich veraltet sein.
Wikipedia bezieht sich auf eine Zusammenstellung des BDEW von 2023. Die neueste Version dieser Zusammenstellung hat den Stand 12/2024. Darin ist von 2,5% Nachtspeicherheizungen die Rede. Außerdem werden 3,5% der Wohnungen mit Wärmepumpe beheizt, weitere 3,6% mit Holz(-Pellets). Bei Abschaffung der Nachtspeicheröfen wird also nur 1/4 der Strommenge frei, wie von mir oben angegeben. Es könnten 18TWh sein. Damit ist es nicht irrelevant, aber kein großer Posten mehr.
Wirklich interessant sind natürlich die 15,4% Fernwärme-Heizungen. Derzeit werden das in großem Umfang Gas-KWK-Anlagen sein, die mit Zusatzbrennern für die ganz große Wärmelast ergänzt sind. Die Struktur der Zukunft könnte hier sein, dass viel Solarwärme mit saisonaler Speicherung, Wärmepumpe und als Booster eine H2-KWK zum Einsatz kommen. Außerdem sollte in verdichteten Siedlungsräumen grundsätzlich auf Fernwärme umgestellt werden. Aber auch die vielen „Bioenergiedörfer“ arbeiten mit Fernwärmeverteilungen, die dann meist viel Wärme aus Holz (Pellet, Hackschnitzel) erzeugen. Das Potential an Holz für Heizzwecke ist in Deutschland allerdings begrenzt (ca. 5%) und wird auch kritisch gesehen, weil viel importiert wird aus Ländern, die keine nachhaltige Forstwirtschaft betreiben. Prioritär sollte die Kohlenstoffspeicherung in Holz genutzt werden, um eine Kohlenstoffsenke zu haben, indem man Holz erst möglichst lange als Baustoff verwendet. Damit würde auch der Zementbedarf reduziert, derzeit eine der größten CO2-Produzenten: ca. 20Mio t/Jahr, was 2,5% der gesamten CO2-Emissionen entspricht.
Fernwärme war allerdings bisher ein Stiefkind der Politik. Auch in dem viel kritisierten ersten Entwurf des Heizungsgesetzes war sie nicht enthalten. Eigentlich sollte sie genau das bieten können, was für den EFH-Einzelkämpfer zu teuer ist: Multivalenz. In guten (Wind-) Stromjahren wird vor allem die Wärmepumpe engagiert, in guten Sonnenjahren die Solarthermie, und in schlechten Jahren wird auf H2- und Holzvorräte zurückgegriffen. Auch als Flexibilitäten im Stromnetz könnten die Anlagen sehr gefragt sein: Bei Stromüberfluss laufen die Wärmepumpen und speichern überschüssige Wärme auch ein paar Wochen in Großwärmespeichern, bei Strommangel wird H2 in KWK verstromt, auch dies strom- und nicht wärmegeführt.
Ein schwerwiegendes Problem der Fernwärme ist, dass der Markt nicht dereguliert ist. Es gibt keinen Wettbewerb und entsprechend können die (oft komunalen) Betreiber von den Angeschlossenen verlangen, was die in Sinecuren abgeschobenen Ex-Politiker als Vorstandsgehälter brauchen.
Technische Probleme gibt es natürlich auch: Wenn gut gedämmte Häuser einen geringen Wärmebedarf haben, steigen die Wärmeverluste der Wärmeleitungen im Verhältnis zur Nutzwärme und können in den 50%-Bereich gelangen. Da gäbe es zwar Lösungen (keine 24h-Wärmebereitstellung, sondern nur einmal am Tag, bis die notwendige Wärme geliefert wurde), aber ohne Wettbewerb und mit uninteressierten Vorständen tut sich da nix.