Vattenfall plant drei Gigawatt an großen Batteriespeichern und bietet Tolling-Verträge an

Batteriespeicher, Vattenfall, Haringvliet Zuid

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Vattenfall ist im Bereich Großspeicher in vielen Rollen aktiv. Unter anderem als Projektentwickler. Was ist Ihre Strategie?

Nicola Kleihues: Wir haben schon mehrere Co-located-Assets in Betrieb, bei denen sich der Batteriespeicher einen Netzanschluss mit einem Wind- oder Solarpark teilt. Für uns wird es normal sein, dass wir jedes Photovoltaik-Kraftwerk mit einer Batterie kombinieren. Daneben arbeiten wir auch mit dem anderen Geschäftsmodell, Stand-alone-Batterien. Wir planen strategisch, bis 2030 1,5 Gigawatt an Co-located-Batterien und 1,5 Gigawatt als Stand-alone-Speicher.

An welcher Stelle befinden Sie sich auf diesem Weg?

Nicola Kleihues: Wir stehen jetzt gerade vor einigen Investitionsentscheidungen von Co-located-Batterien in Hybridprojekten. Diese erwarten wir dieses Jahr, wenn es nicht noch Überraschungen in den Genehmigungs- und Netzanschlussverfahren gibt.  Auch bei den Stand-alone-Projekten erwarten wir bald eine zentrale Entscheidung.  Wir sprechen vor allem über zwei-Stunden-Speichersysteme und natürlich sollen alle diese Projekte profitabel sein. Allerdings gibt es gerade bei den Netzreservierungen auch Schwierigkeiten. Zum Beispiel bekommt man teilweise die Bezugsleistung nicht, das verändert natürlich auch die Profitabilität.

Wie haben Sie die 1,5 plus 1,5 Gigawatt festgelegt?

Nicola Kleihues: Bei Co-located-Projekten ergibt sich die geplante Batteriekapazität aus der Solar-Pipeline – wir planen am Netzanschlusspunkt einen Speicher mit ein. In der Regel orientieren wir uns dabei an der AC-seitig installierten Photovoltaik-Leistung. Die endgültige Dimensionierung hängt dann von der Flächenverfügbarkeit und davon ab, welche Kapazitäten am Netzanschluss tatsächlich machbar sind. Auch bei Stand-Alone-Batterien ergibt sich die Speichergröße aus dem, was am jeweiligen Vattenfall-Standort an Netzanschluss verfügbar ist.

Nicola Kleihues, Leiterin Asset Management und Portfolio Solar & Batteries von Vattenfall

Foto: Vattenfall

Konnten Sie schon einen großen Teil der Netzanschlüsse für sich reservieren? 

Nicola Kleihues:   Das ist zum Beispiel am Standort des im Abbau befindlichen Kraftwerks in Krümmel der Fall. Dort planen wir eine Stand-alone-Batterie mit bis zu 400 Megawatt Nennleistung, wobei die genaue Größe der Batterie noch von den weiteren Planungen abhängt.

Vattenfall entwickelt nicht nur, sondern tradet auch. Was planen Sie in diesem Bereich?

Daniel Schwarz: Es gibt nur einen Weg für die Energiewende und das ist der Weg der Erneuerbaren. Wir haben jetzt eine gewisse kritische Größe an Erneuerbaren im Netz erreicht, wo sich die Intraday- und Day-Ahead-Preise insbesondere im Frühjahr und Sommer tagsüber so ins Negative entwickeln, so dass es schwierig ist, Assets abseits von der EEG-Förderung profitabel zu vermarkten. Dazu braucht es eben die Flexibilität. Im Trading gibt es die Möglichkeit, dass wir aus der Kombination der Batteriespeicher mit den erneuerbaren Anlagen ein profitables Geschäftsmodell bekommen. Außerdem lassen sich damit Risiken verringern. Daher planen wir, in den nächsten Jahren rund 1,5 Gigawatt an Großbatterie-Leistung anderer Marktteilnehmer unter Vertrag zu nehmen. Dabei profitiert Vattenfall auch von jahrzehntelanger Erfahrung im Betrieb und der Vermarktung von Strom aus Pumpspeicherkraftwerken.

Batterien lassen sich auf Intraday- und auf Regelleistungsmärkten vermarkten. Inzwischen gibt es viele Algotrader, wo Computer entscheiden, um das Optimum herauszuholen. Wie machen Sie das?

Daniel Schwarz: Wir integrieren die Großbatterien in unsere automatisierten Handelsprozesse. Der Automatisierungsanteil wurde innerhalb der letzten fünf Jahre sukzessive erhöht, so dass wir inzwischen  voll automatisiert arbeiten. Wir nutzen auch Self-Learning- oder Machine-Learning-Algorithmen. Im Gegensatz zu reinen Algotradern steht bei uns das Portfolio an eigenen, erneuerbaren Anlagen sowie den externen Anlagen in der Direktvermarktung hinter unseren Optimierungs- und Vermarktungsaktivitäten. Das ist ein feiner, aber doch sehr essenzieller Unterschied.

Noch einmal zu den Projekten. Entwickeln Sie nur selbst oder kaufen Sie auch Projekte zu?

Nicola Kleihues: Wir schauen uns Projekte an. Allerdings ist der Markt im Moment doch sehr aufgeheizt. Batterieprojekte werden sehr teuer angeboten, da muss man sich gut überlegen, ob man es dann nicht doch selbst entwickelt. Das erinnert an die Situation im Photovoltaik-Markt vor etwa zwei Jahren: Auch damals lagen die Preise zum Teil bei 200.000 Euro pro Megawatt – sehr hoch, aber in einer Phase, in der auch entsprechende Einnahmen möglich waren.

Können Sie sagen, was ein fairer, rationaler Preis für Batterieprojekte wäre?

Nicola Kleihues: Entwicklungskosten liegen oft im niedrigeren zweistelligen Tausender-Bereich pro Megawatt. Was Entwickler beim Verkauf von Ready-to-build-Projekten sehen wollen, orientiert sich aktuell aber weniger an den Kosten, sondern am Wert der Anlage. Und der kann – wie damals bei den Solarprojeken  – sehr unterschiedlich eingeschätzt werden. Entsprechend groß ist derzeit auch die Bandbreite bei den Preisen.

Großspeicher-Veranstaltungen im Mai und Juli

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Auf was achten Sie noch, wenn Ihnen jemand ein Projekt verkaufen will?

Nicola Kleihues: Bei Projektrechten gibt es drei wesentliche Dinge. Das sind die Landpachtverträge, die Genehmigung und der Netzanschluss. Es ist wichtig, dass es sich bei den Netzanschlüssen um wirkliche Reservierungen handelt und diese in beide Richtungen – Einspeisung und Bezug – die Kapazität sichern. Eine Tagesaussage ist keine verbindliche Netzreservierung – in M&A-Teasern wird das allerdings oft geschickt dargestellt. Das muss man gründlich prüfen in der Due Dilligence.

Wie kompliziert ist die Baugenehmigung?

Nicola Kleihues: Es gibt unterschiedliche Wege, um die Genehmigung von Batterien  voranzutreiben. Einer führt über das Bauleitplanverfahren, so wie man das auch bei Solarprojekten macht. Der andere läuft über die Privilegierung am Umspannwerk nach §35 Baugesetzbuch. In späten Phasen kann man durchaus noch Überraschungen erleben. Die Einwände lassen sich nicht unbedingt immer antizipieren. Projekte werden oft auch deutlich vor ready-to-build verkauft, wo gewisse Meilensteine erreicht, aber andere noch nicht abgeschlossen sind.

Sind sie auch an fertig gebauten Projekten interessiert?

Daniel Schwarz: Mir ist bisher kein Fall bekannt, wo jemand sein Asset komplett fertig bis zum Commercial-Operation-State entwickelt hat und es dann verkaufen möchte.

Bei Photovoltaik-Projekten gibt es aber solche Fälle.

Nicola Kleihues: Im Batteriemarkt sind wir noch nicht da, wo wir im Solarmarkt sind.

Daniel Schwarz, Leiter der Geschäftsentwicklung Batterievermarktung von Vattenfall

Foto: Vattenfall

Wenn man einen Batteriespeicher fertiggestellt hat, muss man ihn vermarkten. Das geht sowohl merchant, wo man als Besitzer an den tatsächlichen Einnahmen beteiligt wird und ein Vermarktungsrisiko trägt, als auch mit einem Tolling-Vertrag. Das ist eine Art Abnahmevertrag für die Flexibilität gegen eine feste Gebühr über eine bestimmte Laufzeit. Wie entwickeln sich die beiden Varianten am Markt und was bieten Sie an?

Daniel Schwarz: Entweder habe ich qua meines Geschäftsmodells, meiner Investoren und der resultierenden Finanzierungsstruktur die Möglichkeit, ein gewisses Merchant-Risiko auf mich zu nehmen, oder aber ich habe die Notwendigkeit, das Risiko zu reduzieren. Das ist definitiv ein Trend, den wir in den letzten 18 Monaten beobachten. Das liegt vor allem daran, dass es immer mehr institutionelles Kapital gibt, das durch institutionelle Investoren wie beispielsweise Banken in bestehende und neue Projekte fließt und somit den Trend des rasanten Wachstums bei Batteriespeichern treibt. Was die Vermarktung betrifft, stehen wir seit Anfang an für das Thema Tolling. Das ist primär durch unser Portfolio getrieben. Es ist völlig klar, dass man mit einer Portfolio-optimierten Sicht mit einem Asset anders in den Markt geht als es rein marktgetrieben der Fall wäre. Hier sehen wir uns als sehr wettbewerbsfähig und nah am Markt.

Verstehe ich das richtig: Wenn Sie einen Speicher mit einem Tolling-Vertrag aufnehmen, können sie diesen als Flexibilität betrachten, die sie mit Ihren erneuerbaren Assets kombinieren.

Daniel Schwarz: Ja. Wir mieten die Großbatterie praktisch zum Fixpreis und erhalten im Gegenzug die Autonomie, mit dem Asset so zu verfahren, wie wir es möchten. So senken wir die Kosten für Ungleichgewichte und Ausgleichsenergie in unserem Portfolio und stellen Flexibilität genau dort bereit, wo sie den größten Mehrwert für den Strommarkt bietet.

Pexapark hat zur E-World einen Artikel veröffentlicht, nach dem es in Deutschland eine relativ große Diskrepanz zwischen den Erwartungen von Investoren und Tollern gibt, die sich die Kapazität sichern wollen. Sehen Sie das auch?

Daniel Schwarz: Das sehe ich überhaupt nicht. Wenn wir uns einen marktüblichen Vertrag mit fünf bis sieben Jahren Laufzeit und die Offtake-Prämien pro Megawatt und Jahr anschauen und das gegen die Kosten legen, dann gibt es genügend Fälle, die sich rechnen und den Interessen der beteiligten Parteien Rechnung tragen. Wir sind bereits in sehr fortgeschrittenen Gesprächen mit diversen Marktteilnehmern, die uns das auch genauso widerspiegeln. Ich glaube, man muss differenzieren zwischen dem, was Investoren erwarten und dem, was als potenzielle Erlösannahme kommuniziert wird. Diese Annahmen schüren natürlich gewisse Erwartungen, sind jedoch ein Stück weit weg von dem, wo wir im letzten Jahr hypothetisch gestanden hätten, wo wir heute stehen und wo wir uns in fünf Jahren sehen. Das ist der Zeitraum, den wir betrachten müssen.

Das heißt, sie rechnen damit, dass die Erlöse runtergehen?

Daniel Schwarz: Ich würde gar nicht sagen, dass sie runtergehen. Aber man sollte nicht unterschätzen, dass Ihnen jemand das komplette Vermarktungsrisiko abnimmt. Wenn man sich auf einen Toll einigen würde, dann wird es Jahre geben, wo der Wert bei einer Merchant-Vermarktung darüber liegt, aber auch Jahre, wo er vielleicht deutlich darunter liegt. Wir würden in dem Fall immer die vereinbarte Prämie zahlen, die für den Projektentwickler auskömmlich genug ist, um sein Investment nicht nur kostendeckend, sondern definitiv auch profitabel zu betreiben. Außerdem ist es sehr wichtig, dass nicht nur rein über den Preis gesprochen wird, sondern auch andere Parameter berücksichtigt werden. Der Teufel liegt hier, wie so oft, im Detail.

Bisher gibt es aber erst wenige Tollingverträge in Deutschland, oder?

Daniel Schwarz: Ich würde sagen, es gibt momentan deutlich weniger als wir Ende des Jahres sehen werden. Es ist definitiv ein Thema und dadurch getrieben, dass immer mehr institutionelles Kapital, also Fremdkapital, in diese Projekte fließt. Und dieses Kapital stellt die Frage, wie die Erlöse abgesichert werden. Tolling ist die Antwort darauf.

Nicola Kleihues: Es wird oft vermutet, Batteriespeicher sind schwer finanzierbar, weil die Einnahmen unsicher und die Investitionskosten zu hoch sind. Wir können über Tolling-Zeiträume reden und über Tolling-Höhen. Aber wie Herr Schwarz schon gesagt hat, Tolling-Modelle sind grundsätzlich finanzierbar. Die eigentlichen Finanzierungsbarrieren liegen aktuell woanders, zum Beispiel beim Baukostenzuschuss. Hier geht es um Beträge in zweistelliger Millionenhöhe, ohne Klarheit, ob diese letztlich gezahlt werden müssen und wie der Bundesgerichtshof damit umgeht. Eine weitere Unsicherheit liegt bei den Netzreservierungen: Einerseits werden dynamische Netzreservierungen forciert und anderseits ist beispielsweise unklar, ab wann man mit welcher Kapazität Bezugsleistung erhält. Das beeinflusst die Wirtschaftlichkeit stark.

Wie wird sich der Markt weiter entwickeln?

Nicola Kleihues: Ein spannender Aspekt wird sein, ob der Boom in Phasen verläuft. Aktuell kündigen sich viele Investitionen im Bereich Batterien an. Es könnte nach der ersten Ausbauphase auch zu einer Korrektur kommen, weil es gerade droht, dass der Ausbau der Erneuerbaren – insbesondere im Bereich Photovoltaik – womöglich nicht so weiterläuft, wie wir es in den letzten Jahren gesehen haben. Das würde sich auch auf das Geschäftsmodell der Batterien auswirken, da die Volatilität am Markt für die Einnahmen der Batterien natürlich sehr vorteilhaft ist.

Wie sehen Sie sie Ankündigungen der angehenden Bundesregierung?

Nicola Kleihues: Es ist zu begrüßen, dass sie die Rolle von Speichern grundsätzlich erkennt. Die konkreten Maßnahmen müssen aber noch nachgeschärft werden. Im Genehmigungsprozess sollte neben der Privilegierung mit Erneuerbaren auch die Privilegierung am Umspannwerk gesetzlich verankert werden. Auch der Begriff „Systemdienlichkeit“ ist bislang zu vage. In der Praxis führt diese Unklarheit schon heute zu Problemen – etwa in Genehmigungs- und Netzanschlussverfahren, wo Anforderungen und Zuständigkeiten häufig unterschiedlich interpretiert werden. Außerdem irritiert mich die starke politische Fokussierung auf Gaskraftwerke. Das Potenzial von Batterien wurde scheinbar noch nicht richtig mitgedacht. Sie können schnell und kosteneffizient eingesetzt werden – und Systemengpässe verhindern.

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