Das weltweit erste Batteriespeichersystem für vollständige Wirk- und Blindstromversorgung geht ans Netz

Zenobe, Batteriespeicher, Schottland, Netzdienstleistungen

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von ees News

Im Februar 2023 begann der Bau der ersten 200 Megawatt eines Batteriespeichersystems mit insgesamt 300 Megawatt Leistung und 600 Megawattstunden Speicherkapazität im schottischen Blackhillock. Ziel der Projektbeteiligten war das weltweit erste an das Übertragungsnetz angeschlossene Speichersystem, das Netzstabilität gewährleistet. Anstatt Stromleitungen zu verstärken oder zu ersetzen, wird der Speicher „Blackhillock“ umfassende Wirk- und Blindleistungsdienste erbringen.

Anfang der Woche gab Zenobē, einer der führenden britischen Eigentümer und Betreiber von netzgekoppelten Batterien oder so genannten Grid-Boostern, bekannt, dass „Blackhillock“ als Europas größter Batteriestandort den kommerziellen Betrieb aufgenommen hat. Der Batteriespeicher wird in zwei Phasen in Betrieb genommen. Phase 1 umfasst 200 Megawatt, die nun in Betrieb sind, und weitere 100 Megawatt werden im Jahr 2026 folgen. Noch beeindruckender als die Größe des Projekts ist jedoch die Art der Dienstleistungen, die es erbringen wird. Der Standort „Blackhillock“ war Teil der „Stability Pathfinder 2“-Ausschreibung des nationalen Netzbetreibers des Vereinigten Königreichs NESO (National Energy System Operator), der weltweit ersten Ausschreibung dieser Art, bei der Stabilitätsdienstleistungen wie der Beitrag zur Netzkurzschlussleistung (Short Circuit Level, SCL) und Momentanreserve/Trägheit (Inertia) beschafft wurden.

Vier Unternehmen sicherten sich in der Ausschreibung im April 2022 zehn Aufträge zur Behebung unzureichender SCL – der Strommenge, die bei Störungen fließt – in ganz Schottland. Die erfolgreichen Bieter verpflichteten sich auch, „grüne“ Momentanreserve anzubieten, um Angebot und Nachfrage nach Ereignissen wie Kraftwerksausfällen und deren Auswirkungen auf die Netzfrequenz  auszugleichen. Fünf synchrone Kondensatoren und fünf Batteriestandorte erhielten Aufträge im Wert von 323 Millionen britischen Pfund (etwa 386 Millionen Euro).

Damals bot National Grid an, bis zu 6.500 Euro pro Megavoltampere Kurzschlussleistung pro Jahr zu zahlen, wobei die erfolgreichen Gebote im Durchschnitt bei rund 4.000 Euro pro Megavoltampere lagen. Dies schuf ein starkes Einnahmepotenzial neben den bereits bestehenden Blindleistungsverträgen für batteriebasierte Energiespeicher.

Nach Angaben von Zenobē wird der Standort Blackhillock den Verbrauchern in den nächsten 15 Jahren voraussichtlich Einsparungen von über 170 Millionen Pfund bringen. Davon entfallen 8 Millionen Pfund auf den für das Projekt abgeschlossenen Vertrag, der den Einsatz von Gas- und Dampfturbinen (GuD) zur Bereitstellung von Momentanreserve und SCL vermeiden wird. Weitere 164 Millionen Pfund werden durch die Bereitstellung von Ausgleichsdiensten und Engpassmanagement für das Netz und die Verringerung der Preisvolatilität erzielt, wobei der Batteriespeicher unter Beachtung der lebensdauerbedingten Degradation zweimal am Tag be- und entladen wird.

„Blackhillrock“ setzt die Quantum-Energiespeichertechnologie von Wärtsilä und die GEMS Digital Energy Platform mit netzbildenden Wechselrichtern von SMA ein. EDF Wholesale Market Services wird den Standort über seine Handelsplattform „Powershift“ vermarkten und dabei Hand in Hand mit den Batterieoptimierungsexperten von Zenobē arbeiten, wie es weiter hieß.

Zur Unterstützung für den ersten Bauabschnitt sicherte sich Zenobē eine Fremdfinanzierung in Höhe von 101 Millionen Pfund über eine von fünf Banken bereitgestellte langfristige Kreditfazilität.

Blackhillock ist nicht das einzige Batteriespeicher-Projekt, das sich Zenobē in der „Pathfinder-2“-Ausschreibung gesichert hat. Das Unternehmen wird auch die 300 Megawatt/600 Megawattstunden-Anlage „Kilmarnock South“ entwickeln, die 2025 fertiggestellt werden soll, sowie einen Speicher mit 400 Megawatt/800 Megawattstunden in Eccles im darauffolgenden Jahr. Die Gigawatt-Batterien sollen 4,4 GVAs (Gigavolt-Ampere-Sekunden) an Momentanreserve liefern – 5 bis 10 Prozent des britischen Bedarfs.

„Der Grund, warum wir so wettbewerbsfähig waren, ist, dass wir die aus Day-ahead- und Intraday-Märkten, Frequenzreaktionsdiensten, Blindleistung, Ausgleichsmechanismen und anderen Diensten zu erzielenden Einnahmen mit Stabilitätsdiensten kombinieren können“, erklärte Semih Oztreves, Direktor für Netzinfrastruktur bei Zenobē, bereits 2023 gegenüber pv magazine. „Wenn man diese Dienste kombiniert, kann man Stabilitätsdienste fast zu einem Zehntel der Kosten anbieten, die bei einer ausschließlichen Bereitstellung anfallen würden. Stabilitätsdienste sind eine zusätzliche Einnahmequelle ohne große zusätzliche Investition- und Betriebskosten. Es geht darum, die Batteriespeicher maximal auszunutzen.“ So machen bei Zenobē beispielsweise die Stabilitätsverträge nur 10 Prozent der Einnahmen aus den Batteriestandorten aus.

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