BMWK startet Interessenbekundung zur Förderung großer Photovoltaik-Produktionen in Deutschland

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck

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Mehrfach gab es in dieser Woche Meldungen, dass die Solarindustrie beim Wiederaufbau nun auch finanziell unterstützt werden soll. Erst kamen Andeutungen von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und dann von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) beim Treffen mit den ostdeutschen Ministerpräsidenten in Chemnitz. Allerdings sickerte zunächst wenig Konkretes durch. Dies änderte sich am Freitag mit dem Start eines „Interessenbekundungsverfahrens zur geplanten Förderung von Leuchtturmprojektenzum Hochlauf der industriellen Produktionskapazitäten im Bereich Photovoltaik“. So der offizielle Titel der Veröffentlichung aus dem Bundeswirtschaftsministerium (BMWK), unter dem sich Photovoltaik-Hersteller nun um potenzielle Beihilfen bewerben können. Die Frist läuft bis zum 15. August.

Es handelt sich dabei um eine Investitionskostenförderung (Capex) von Produktionsstätten für Transformationstechnologien, primär Photovoltaik-Industrie, wie aus dem Schreiben hervorgeht. Die staatlichen Beihilfen können im Zuge des Temporary Crisis and Transition Framework (TCTF) gewährt werden, stünden aber „unter Vorbehalt der Verfügbarkeit von Haushaltsmitteln und unter dem Vorbehalt der beihilferechtlichen Genehmigung der Europäischen Kommission“. Ziel sei es, eine Gesamtproduktionskapazität von zehn Gigawatt im Jahr entlang der Photovoltaik-Wertschöpfungskette aufzubauen.

Die Einzelheiten sind am Freitag im Bundesanzeiger veröffentlicht worden. „Die Projekte sollten einen Produktionsaufbau umfassen, der mit der Produktion von mindestens 2 Gigawatt pro Jahr Photovoltaik-Modulen korreliert“, heißt es zu den Bedingungen. Zudem sollten für die Förderung bestimmte technologische Standards und Anforderungen erfüllt werden. Dazu zählen der Aufbau einer möglichst geschlossenen Wertschöpfungskette, einschließlich der erforderlichen Produktionsanlagen. Folgende technologische Standards und Anforderungen bei der Beurteilung der Förderwürdigkeit würden „berücksichtigt“: Der Modulwirkungsgrad soll über 24 Prozent und die Degradation unter 0,2 Prozent jährlich liegen. Zudem sollten keine Lötprozesse bei der Photovoltaik-Modulherstellung eingesetzt werden. Als ein Kriterium wird genannt, dass der gesamte CO2-Fußabdruck nachweislich unter 18 Gramm CO2 pro Kilowattstunde bezogen auf die Lebensdauer liegt. Kritische Rohstoffe sollten nicht eigesetzt werden, dafür aber antimon-freies Solarglas. Die Verwendung von Blei und Wismut sowie Stickoxiden bei der Zellherstellung gelte es zu vermeiden.

Nach den veröffentlichten Angaben sollen vor allem Vorhaben im C-Fördergebiet unterstützt werden. Dies sind strukturschwache Regionen in Ostdeutschland. Eine Produktionsverlagerung zwischen EU-Mitgliedsstaaten will das Bundeswirtschaftsministerium dagegen vermeiden. Die konkrete Auswahl wird dann in einer zweiten Verfahrensstufe erfolgen. Auch wenn die Höhe der Zuwendungen ist in der Veröffentlichung nicht benannt. Aus dem Bundeswirtschaftsministerium heißt es dazu, dass die „Zuwendungen nach der sogenannten Matching Clause bis zu der Höhe gewähren, die ein gleichwertiges Investitionsprojekt in einem Drittstaat nachweislich erhalten würde“. Dies solle Wettbewerbsverzerrungen zum Nachteil des Standorts Deutschland vermeiden.

Der Zell- und Modulhersteller Meyer Burger begrüßt die von der Bundesregierung unter Federführung des Bundeswirtschaftsministeriums angekündigte Unterstützung der Photovoltaik-Industrie in Deutschland. „Dass die Bundesregierung die Solarindustrie jetzt beim Aufbau von Leuchtturmprojekten unterstützen will, ist ein wichtiger Schritt, um die massive Abhängigkeit Deutschlands bei der Energieversorgung der Zukunft zu reduzieren“, sagte Gunter Erfurt, CEO von Meyer Burger, pv magazine. „Derzeit prüfen wir das Interessenbekundungsverfahren und seine Bedingungen und erwarten, dass das Instrument geeignet ist, der hiesigen Solarindustrie nachhaltig faire und verlässliche Wettbewerbsbedingungen bei der Herstellung von Solarzellen und Solarmodulen zu ermöglichen.“

Druck durch IRA

Seit der Verabschiedung des Inflation Reduction Acts (IRA) ist der Druck auf die Bundesregierung und die EU-Kommission enorm gewachsen, die heimische Solarindustrie stärker finanziell zu unterstützen. Ansonsten drohen viele Unternehmen ihre Investitionsentscheidungen für den Produktionsausbau zugunsten der USA zu treffen. Dort wird neben der Capex- auch eine Opex-Förderung gewährt, die so in Deutschland noch nicht in Sicht scheint, die Investitionsvorhaben in den USA aber noch deutlich attraktiver macht.

„Für zentrale Transformationstechnologien brauchen wir eigene Fertigungskapazitäten in Deutschland und Europa. Das ist nicht nur eine Frage der ökonomischen, sondern auch eine der Wirtschaftssicherheit“, erklärte Habeck. „Der neue Beihilferahmen der EU bietet hierfür Möglichkeiten, und diese wollen wir nutzen. Wir starten mit der Photovoltaik und wollen unsere Industrie dabei unterstützen, dauerhaft eine Photovoltaik-Produktion in Deutschland aufzubauen, indem wir Leuchtturmprojekte finanziell unterstützen.“

Nachhaltige Photovoltaik-Module aus Europa

Kommt die Photovoltaik-Industrie nach Europa und insbesondere Deutschland zurück und wird hier nicht nur Module, sondern neben Silizium auch Ingots, Wafer und Solarzellen herstellen? Und was haben die Modulkäufer und die Gesellschaft davon.

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