Fusionen führen zu größerem Preisdruck für Zulieferer und Kunden

Teilen

pv magazine: Wie schätzen Sie die allgemeine Photovoltaik-Marktsituation in Deutschland aktuell ein?

Holger Fries (Foto): Spätestens seit der fossilen Energiekrise, die durch den Ukraine-Krieg ausgelöst wurde, hat sich aus meiner Sicht der Markt sehr dynamisch entwickelt. Durch die zeitweise Preisexplosion für Gas und Strom wurde die Energiegewinnung aus Photovoltaik noch interessanter, als sie es vorher ohnehin schon war. Viele Player in der Branche rechnen mit einem weiteren Wachstum. Dies wird noch einmal beschleunigt durch den neuen Trend zur Wärmepumpe – gespeist durch selbsterzeugten Solarstrom. Die Nachfrage von privaten Häuslebauern und gewerblichen Kunden ist stark angestiegen.

Sie schauen besonders auf den Bereich Übernahmen und Zusammenschlüsse. Hat sich da etwas in den vergangenen Monaten verändert?

Wenn sich ein Sektor in der Wirtschaft sehr positiv entwickelt, dann weckt er automatisch das Interesse von Investoren – insbesondere Private Equity. Wir bekommen gerade viele Anfragen von Interessenten, die nach spannenden Investmentmöglichkeiten suchen. Gleichzeitig stellen wir bei mittelständischen Anbietern der Photovoltaik-Branche fest, dass es einen Trend zur Konsolidierung gibt. Beide Faktoren führen dazu, dass sich die Bewertungen von den Unternehmen nachhaltig positiv entwickeln – und dass gegen den Gesamttrend, der sich leicht rückläufig respektive stagnierend zeigt.

Was waren die wichtigsten M&A-Aktivitäten in den vergangenen Monaten aus ihrer Sicht in der deutschen Solarbranche?

Aus unserer Sicht waren im Jahre 2022 folgende Transaktionen wesentlich. Zum einen die Übernahme des nordamerikanischen Photovoltaik-EPC-Zweigs von GP Joule durch Goldbeck Solar. Zum anderen die Investition der Private Equity-Gesellschaft Emeram Capital Partners* in die Adler Smart Solutions, einem Full-Service-Anbieter für gewerbliche Photovoltaik- und Ladeinfrastrukturprojekte. Darüber hinaus stieg der Finanzinvestor Klar Partners beim Solarmodul-Hersteller NWT Group (Nordwestgruppe) ein.

Stellen Sie denn einen bestimmten Bereich fest, wo es vermehrt zu Übernahmen oder Zusammenschlüssen kommt. Und was sind die Gründe dafür?

Aktuell sehen wir einen Engpass bei der Montage Für Freiflächen- und Dachanlagen. Diese sind bedingt durch einen eklatanten Fachkräftemangel. Die Lieferengpässe hingegen haben sich in den vergangenen Monaten eher entspannt. Die Pipeline bei den Projektentwicklern ist voll und wir rechnen mit einer unverändert starken Nachfrage.

Welche Risiken sehen Sie bei derartigen Unternehmenszusammenschlüssen?

Insbesondere wenn sich Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette zusammenschließen, dann führt dies automatisch zu einem größeren Preisdruck für Zulieferer und Kunden – die Marktmacht nimmt zu. Grundsätzlich ist es so, dass Zusammenschlüsse nicht immer reibungslos verlaufen und auf diese Weise die Effektivität zumindest mittelfristig leiden kann, und zukaufen, können zunehmend Preisdruck ausüben. Grundsätzlich ist es aber für die Branche zu befürworten, wenn die Firmen eine gewisse kritische Masse erreichen – auch im sich gegenüber der internationalen Konkurrenz durchsetzen zu können.

Welche Auswirkungen könnte diese zunehmende Marktkonzentration mittel- und langfristig haben? 

Ein Risiko kann sein, dass sich die Innovationskraft bei Unternehmen aus der Photovoltaik-Branche verringert. Das Geschäftsmodell und die Entwicklungskraft können sich insbesondere nach Übernahme durch einen strategischen Investor abschwächen. Konzentration führt auch automatisch zu einer Reduzierung der Marktteilnehmer, eine Veränderung des Preisniveaus sowie der Wettbewerbssituation im Allgemeinen.

*Anmerkung der Redaktion: Wir haben den falsch geschriebenen Namen des Unternehmens nachträglich korrigiert.

Dieser Inhalt ist urheberrechtlich geschützt und darf nicht kopiert werden. Wenn Sie mit uns kooperieren und Inhalte von uns teilweise nutzen wollen, nehmen Sie bitte Kontakt auf: redaktion@pv-magazine.com.