Rund zehn Unternehmen in der Schweiz beteiligen sich aktuell an der Realisierung eines bislang einzigartigen Photovoltaik-Projekts. Derzeit laufen noch die Planung für die Installation von Solarmodulen direkt zwischen Bahnschienen, die im Mai 2023 beginnen soll. Das mechanisch abnehmbare Photovoltaik-Kraftwerk soll auf einem Schienenabschnitt von Transports Publics Neuchâtelois SA (transN) entstehen. Dies veröffentlichte kürzlich Sun-Ways. Das Schweizer Start-up hat die Lösung entwickelt.
Die mechanische Konzeption sei dabei gemeinsam mit dem Forschungsinstitut EPFL und Innosuisse entstanden. Die Entwicklung werde nun in die Prototypenherstellung der technischen Elemente überführt, um die Installation der Solarmodule zwischen den Schienen realisieren zu können. Die Elemente seien das „Herzstück“, so das Waadtländer Start-up weiter. Die gesamte Vorrichtung könne in der Fabrik vormontiert und dann auf einen Spezialzug geladen werden. Das Photovoltaik-Kraftwerk werde dann von diesem wie ein Teppich zwischen den Schienen ausgerollt. Die Photovoltaik-Anlage könne zudem jederzeit wieder entfernt werden, etwa um Wartungsarbeiten an den Gleisen zu ermöglichen.
Das Forschungsinstitut CSEM soll dann auf dem ersten Testabschnitt in Neuchatel die Analysen durchführen, um die Widerstandsfähigkeit der Solarmodule in dieser neuen Umgebung zu bewerten. Das geplante Investitionsvolumen liegt Sun-Ways zufolge bei rund 400.000 Schweizer Franken (398.000 Euro). Mit dem Geld soll zunächst eine Strecke von 100 Metern mit 50 Solarmodulen ausgestattet werden.* Die Finanzierung sei dabei durch die verschiedenen Partner bereits gesichert, wobei ein Viertel der Summe vom Fonds Vitale Innovation der Services industriels de Genève gewährt werde. Neben den genannten Unternehmen sind auch Scheuchzer, Romande Energie, Viteos, DG-Rail, RM voie ferrée, Meccad und GESTE Engineering an dem Pilotprojekt beteiligt.
Sun-Ways veröffentlichte auch weitere Details. So entsprechen zehn Kilometer Bahngleise einer verfügbaren Fläche von etwa 10.000 Quadratmetern, auf denen 5000 Module mit einer Gesamtleistung von 2 Megawatt installiert werden könnten. Mit einer solchen Anlage rechnet Sun-Ways mit einer jährlichen Produktion von etwa 2 Gigawattstunden Solarstrom pro Jahr. Bei den Stromgestehungskosten (LCOE) rechnet Sun-Ways mit etwa 10 Cent pro Kilowattstunde.
Die Einspeisung des erzeugten Solarstroms stelle eine Herausforderung dar, wie ein Sprecher von Sun-Ways auf Nachfrage von pv magazine erklärte. „Für das Pilotprojekt werden wir den Strom mit einem 20-kW-Wechselrichter direkt in das Niederspannungsnetz der transN-Bahngesellschaft einspeisen. Der Einspeisepunkt befindet sich einige Meter vom Kraftwerk entfernt, da sich in der Nähe Lichtsignale für Züge befinden“, erklärte er. Für die Zukunft gehe es aber darum, Lösungen zu finden, um den Strom in die öffentlichen Stromnetze entlang der Bahngleise einzuspeisen, um Haushalte oder Unternehmen zu versorgen. Dies hängt jedoch von der Gegebenheiten des Gebiets ab. „Das Ideal wäre jedoch die Einspeisung des Stroms in das Bahnstromnetz. Wir wissen, dass es technische Entwicklungsprojekte gibt, die versuchen, einen effizienten Transformator zu bauen, der dies ermöglicht. Bei dieser Lösung gäbe es kein Problem mit der Kabellänge, da die Einspeisung direkt in die Bahnstrecke erfolgen würde“, so der Sun-Ways-Sprecher weiter.*
Das smarte an der Lösung dabei, es habe keine Auswirkungen auf Umwelt und Natur, beanspruche keine landwirtschaftlichen Flächen und rufe keine Bürgerproteste auf den Plan. Auch benötige es wenig Fachkräfte für die Installation der Photovoltaik-Anlagen. Allerdings räumt Sun-Ways ein, dass die Entwicklung noch vor technischen und auch regulatorischen Herausforderungen steht.
Wenn die Lösung funktioniert, ist das Potenzial allein in der Schweiz schon enorm. Das Land verfügt über ein Eisenbahnschienennetz von knapp 7000 Kilometern. Bis zu eine Terawattstunde Solarstrom ließen sich auf diesem Wege also erzeugen, was rund 30 Prozent der aktuellen Menge wäre.
Europaweit sei ein Schienennetz von rund 260.000 Kilometern vorhanden und weltweit von etwa 1,16 Millionen Kilometern. Sun-Ways blickt dabei schon über die Heimat hinaus. Bei einer Präsentation seiner Lösung vergangenen Sommer in Paris habe das Unternehmen bereits Kontakte zu Investoren in Europa und den USA geknüpft, um die Innovation im industriellen Maßstab anbieten zu können.
*Anmerkung der Redaktion: Diese Klarstellungen ist am 16.1.2023 nachträglich eingefügt worden.
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So ein Projekt wurde vor 4 Jahren schon einmal vorgestellt:
https://www.pv-magazine.de/2018/10/10/bankset-energy-veroeffentlicht-gigawattplaene-fuer-photovoltaik-auf-bahnschienen-weltweit/
Der Artikel damals klang so, als ob alles schon fertig wäre. War’s aber wohl nicht. An den Erfolgsaussichten hat sich kaum etwas geändert. Mein Einwand von damals (die PV müsste für die regelmäßig am Gleis anfallenden Wartungsarbeiten, das Stopfen, demontiert werden) wurde offensichtlich aufgegriffen. Aber es ist leicht zu behaupten, dass das jetzt gelöst sei. Papier und Bildschirme sind geduldig. Ob die Leute, die so etwas verkünden, dafür bezahlt werden, die PV zu diskreditieren? Klingt jetzt schwer verschwörungstheoretisch, aber mir fällt keine andere Erklärung ein. Oder jemand macht sich einfach einen Jux? Soll es auch geben.
2MWP für 400‘000 CHF? Da fehlt wohl eine null.
Danke für den Hinweis. Die Nachfrage ergab: 400.000 Schweizer Franken beziehen sich auf eine Pilotstrecke von 100 Metern mit 50 Modulen. Ich habe dies im Beitrag ergänzt.
Aus Angst vor zu hohem Flächenverbrauch für die Erzeugung von Solarstrom , gibt es die skurilsten Ideen . Sie sind allesamt viel zu Kostspielig und verteuern die Energiewende unnötig.
Es entsteht der Eindruck ,das PV nur auf Flächen gerechtfertigt ist, die absolut keinen anderen Nutzen ermöglichen .
Die Uni Finnland und die Energy Whatch Group haben es ausgerechnet.
Eine Deckung des Weltendenergiebedarfes ,nur durch Solarenergie ,würde lediglich 1% der Landwirtschaftlichen Nutzflächen beanspruchen.
Zur Zeit nutzen wir 6% aller Landwirtschaftlichen Nutzfächen Weltweit für den Energiepflanzenanbau.
Insgesamt hätten wir Global dann also 5% Punkte mehr Fläche für die Nahrungsmittelproduktion.
Es ist nicht die Angst vom Flächenverbrauch, sonder die vor jahrelangen Genehmigungsprozesse für Freiflächenanlagen und dem klagefreudigen Wutbürger, die Alternativen interessant machen.
Ob sich dieses System durchsetzt bleibt abzuwarten, es gibt noch einige technische Herausforderungen.
Aber die Idee die Bahnanlagen für PV zu nutzen ist nicht verkehrt. Gerade in Großstädten (nahe am Verbraucher) gibt es viele viele Hektar Bahnanlagen.
Vielleicht eine dumme Frage, aber wie bzw. Wo speist die Anlage ein? Ins Bahnnetz? Ins öffentliche Netz?
Bei Freiflächenanlagen wird doch auf kurze Wege zu Wechselrichter und Trafostation geachtet, hier ist das mit der Kabellänge ja im Prinzip der worst case. Zumindest für mich als Unwissenden.
Mich würde es wirklich interessieren wie das gelöst wurde.
Ich habe die Antwort von Sun-Ways auf diese Frage noch eingefügt.
Jetzt macht doch nicht alles schlecht, was wir brauchen sind doch Ideen.
Ob sie gut oder schlecht wird sich zeigen . Jamern u. motzen kann jeder.
Hallo, habe ich mich verrechnet oder ist da in der Kalkulation wirklich enthalten, dass für 80€ (400.000€/5000 Module) je etwa 2m2 (10.000m2/5000 Module) und 400kWp (2mio/5000) angeschafft und verbaut werden sollen inkl. Befestigungsmaterial, Kabeln, Wechselrichtern,…
Ich bin zwar nicht super tief im Thema drin aber das klingt für mich extrem günstig, hätte da eher mit dem 5fachen gerechnet.
Ich find das ja eine tolle Idee zur Nutzung von Flächen, die nicht in Konkurrenz stehen.
Ich hoffe nur, der Bremsstaub brennt sich da nicht über kurz oder lang in die Module und machts dunkel.
Meiner Meinung nach wird es zwei Probleme geben die schwierig zu lösen sind:
Der Schmutz: die Mischung aus Rost, Sand, Bremsstaub, Öl und Fett ist eine der Hartnäckigsten Mischungen die es gibt.
Die Glasscheiben der Module dürften in kurzer Zeit matt geschmirgelt sein und von einer Braunen Dreckschicht überzogen sein, die man auch nicht so einfach abbekommt.
Hinzu kommt die Gefahr von mitgesaugten Schottersteinen.
Das zweite: die Anbindung ans Netz. Bei der Länge von Standard Modulen und einer Stringspannung von 1500V müsste man ca. Alle 85m einen abgriff machen. Dazu muss man entsprechend Wechselrichter usw an der Strecke bauen. Anders wären auch Modulwechselrichter denkbar aber auch da braucht man entsprechend Infrastruktur an der Strecke.
Für die Zukunft kommt noch das Problem mit den ETCS Balisen hinzu, welche in der Gleismitte in regelmäßigen Abständen in der Gleismitte auf den Schwellen montiert werden.
In Deutschland dürfte es zuletzt an der Zulassung scheitern, die Hürden im Bereich der Eisenbahntechnik sind sehr hoch und es sind langwierige teuere und aufwendige Verfahren, welche das ganze unwirtschaftlich machen dürften.
Hallo Jan,
ja sehe es auch so, dass die bahntypische Verschmutzung ein großes Problem ist. Eine weitere Herausforderung für die Langlebigkeit ist sicher die mechanischen Belastungen durch den Sog der Züge.
Die ETCS Balisen sollten kein Problem sein sie bzw. die Züge können mit Sicherheit „durch“ die Module funken.
Wenn die Einspeisung ins Bahnstromnetz klappen sollte wäre das Problem mit dem Netzanschluß gelöst, leider kann man nicht so einfach an jedem Fahrleitungsmast ein Wechselrichter hängen…
Die Zulassung ist sicher nur in Deutschland ein Problem… Gut das es noch woanders Bahnstrecken gibt. Wenn wir mit der Zulassung durch sind, können die Systeme importiert werden 😉
Innovationen im Bereich der erneuerbaren Energien sind sinnvoll aber Blödsinn sollte man weglassen. 20% der landwirtschaftlichen Fläche in Deutschland sind mit Energiepflanzen besetzt. Nur 0,2% dieser Fläche mit Solarparks ausgestattet erzeugen dieselbe Energie wie wie diese bioenergiepflanzen. Wir müssen uns endlich gegen die Lobby der Benzin und Diesel Hersteller durchsetzen. Wir brauchen keine extra Gebiete welche benachteiligt sind für erneuerbare Energien. Auch gute Böden brauchen einmal 20 Jahre Pause um sich zu erholen und auch das Grundwasser wird es danken.
Einer der wichtigsten Punkte, die häufig „vergessen“ werden ist auch, wie man die Anlage vor unbefugten Zugriffen schützen will, sprich rumfummeln von z.B. Kindern oder ganz profaner Diebstahl. Man kann ja schlecht nen Zaun links und rechts der Bahnstrecke aufbauen, zumal ja auch normale Verkehrsstraßen passiert werden. Leider geht der Artikel darauf gar nicht ein.