Ampel-Koalition will Photovoltaik-Ausbau auf 200 Gigawatt bis 2030

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Am Mittwoch haben die Spitzen von SPD, Grünen und FDP das Ergebnis ihrer wochenlangen Verhandlungen präsentiert: ihren 177 Seiten dicken Koalitionsvertrag. Damit ist klar, die noch geschäftsführende Große Koalition wird in Kürze von einer Ampel-Koalition abgelöst. Damit ist dann auch der Weg für eine neue Energiepolitik frei. Das Kürzel „PV“ ist dreimal enthalten, die Wörter „Photovoltaik“ und „Solaranlagen“ finden sich an genau zwei Stellen des Koalitionsvertrages. Dazu noch einmal die Erwähnung der „Solarenergie“.

Das ist doch eher bescheiden, dennoch haben sich SPD, Grüne und FDP auf einige wichtige Weichenstellungen geeinigt, die sich im Kapitel „Erneuerbare Energien“ befinden. So strebt die neue Regierung an, dass bis 2030 der Anteil der Erneuerbaren am Bruttostrombedarf auf 80 Prozent steigt, wobei sie von einem erhöhten Bedarf zwischen 680 und 750 Terawattstunden jährlich ausgehen. Entsprechend des Ziels sollen der Netzausbau geplant und die jährlichen Ausschreibungsmengen „dynamisch“ angepasst werden. Neben der Förderung über das EEG setzen die Ampelkoalitionäre dabei auf einen verstärkten förderfreien Zubau, dessen Instrumente wie langfristige Stromabnahmeverträge oder der europaweite Handel mit Herkunftsnachweisen gestärkt werden sollen. Auch der Strom aus ausgeförderten EEG-Anlagen solle stärker regional genutzt werden können.

Dem Koalitionsvertrag nach soll der künftige Photovoltaik-Zubau zudem beschleunigt werden. „Unser Ziel für den Ausbau der Photovoltaik (PV) sind circa 200 Gigawatt bis 2030“, heißt es im Koalitionsvertrag. Bisher lag das Ziel bei einer installierten Photovoltaik-Leistung von etwa 100 Gigawatt bis 2030. Die Verdoppelung bedeutet, dass in den kommenden neun Jahren etwa 140 Gigawatt an Photovoltaik in Deutschland zugebaut werden müssen. Das entspräche einem jährlichen Zubau von 15 Gigawatt und kratzt somit an der unteren Grenze der Ausbauszenarien, die seit Beginn des Jahres von Forschungsinstituten und Denkfabriken gefordert wurden. „Dazu beseitigen wir alle Hemmnisse, unter anderem werden wir Netzanschlüsse und die Zertifizierung beschleunigen, Vergütungssätze anpassen, die Ausschreibungspflicht für große Dachanlagen und die Deckel prüfen“, kündigten die Ampel-Koalitionäre an. „Auch innovative Solarenergie wie Agri- und Floating-PV werden wir stärken und die Ko-Nutzung ermöglichen.“ Dies liest sich in etwa wie die Wunschliste, die von Verbänden der Solarbranche in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder präsentiert wurde.

Ebenfalls enthalten ist die Solarpflicht, auf die sich SPD, Grüne und FDP bereits vor einiger Zeit verständigt hatten. „Alle geeigneten Dachflächen sollen künftig für die Solarenergie genutzt werden. Bei gewerblichen Neubauten soll dies verpflichtend, bei privaten Neubauten soll es die Regel werden“, heißt es im Koalitionsvertrag. „Bürokratische Hürden werden wir abbauen und Wege eröffnen, um private Bauherren finanziell und administrativ nicht zu überfordern. Wir sehen darin auch ein Konjunkturprogramm für Mittelstand und Handwerk.“

Zudem kündigen die Koalitionäre an, alle Planungs- und Genehmigungsverfahren für erneuerbare Energien beschleunigen zu wollen, da diese im öffentlichen Interesse lägen und der Versorgungssicherheit dienten. Bis zum Erreichen der Klimaneutralität solle zudem der Vorrang für Erneuerbare bestehen bleiben. SPD, Grüne und FDP wollen auch dafür sorgen, dass Kommunen von Windenergieanlagen und größeren Photovoltaik-Freiflächenanlagen auf ihrem Gebiet „finanziell angemessen profitieren“ können. „Wir werden noch im ersten Halbjahr 2022 gemeinsam mit Bund, Ländern und Kommunen alle notwendigen Maßnahmen anstoßen, um das gemeinsame Ziel eines beschleunigten Erneuerbaren-Ausbaus und die Bereitstellung der dafür notwendigen Flächen zu organisieren“, so die Parteien in ihrem Koalitionsvertrag weiter.

Stärkung von „Bürger-Energie“

Darüber hinaus sind im Koalitionsvertrag noch weitere Elemente vorgesehen, die auch die Photovoltaik tangieren. So soll „Bürger-Energie“ gestärkt werden, in dem die Rahmenbedingungen innerhalb des europarechtlichen Möglichen verbessert werden. Zudem sollen De-minimis-Regelungen als Beitrag zum Bürokratieabbau ausgeschöpft werden. Mit der Novellierung des Steuer-, Abgaben- und Umlagensystems wollen die künftigen Koalitionäre die Förderung von Mieterstrom- und Quartierskonzepten vereinfachen und stärken.

Kohleausstieg bis 2030

Auch bereits im Vorfeld gab es Signale für einen vorgezogenen Kohleausstieg. Dieser ist nun auch im Koalitionsvertrag zu finden. „Zur Einhaltung der Klimaschutzziele ist auch ein beschleunigter Ausstieg aus der Kohleverstromung nötig. Idealerweise gelingt das schon bis 2030“, heißt es dort. „Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, das verschärfte 2030-Klimaziel sowie die kommende und von uns unterstützte Verschärfung des EU-Emissionshandels schränken die Spielräume zunehmend ein. Das verlangt den von uns angestrebten massiven Ausbau der erneuerbaren Energien und die Errichtung moderner Gaskraftwerke, um den im Laufe der nächsten Jahre steigenden Strom- und Energiebedarf zu wettbewerbsfähigen Preisen zu decken.“ SPD, Grüne und FDP wollen zur Umsetzung dieser Ziele den für 2026 im Kohleausstiegsgesetz vorgesehenen Überprüfungsschritt vorziehen und bis spätestens Ende 2022 eine Novellierung vornehmen.

„Erdgas ist für eine Übergangszeit unverzichtbar“

Die neuen Gaskraftwerke sollen zudem so gebaut werden, dass sie auf klimaneutrale Gase umgestellt werden können – also „H2-ready“ sind. „Erdgas ist für eine Übergangszeit unverzichtbar“, hieß es bereits im Vorfeld von den Parteien und steht nun auch im Koalitionsvertrag. Doch perspektivisch hofft die Ampel-Koalition auf den grünen Wasserstoff. Ziel sei ein schneller Markthochlauf, wofür die Wasserstoffstrategie im kommenden Jahr fortgeschrieben werde. „Ziel ist ein schneller Markthochlauf. Erste Priorität hat die einheimische Erzeugung auf Basis erneuerbarer Energien. Für einen schnellen Hochlauf und bis zu einer günstigen Versorgung mit grünem Wasserstoff setzen wir auf eine technologieoffene Ausgestaltung der Wasserstoffregulatorik“, heißt es weiter. Bis 2030 wird der Aufbau einer Elektrolyse-Kapazität von rund zehn Gigawatt angestrebt.

Auch für andere Erneuerbare wie Windkraft oder Biomasse sind im Koalitionsvertrag verschiedene Maßnahmen vorgesehen, um ihren Ausbau zu beschleunigen. Eine klare Absage erteilt die Ampel-Koalition einem Weiterbetrieb der AKW über den geplanten Ausstiegstermin 2022 hinaus: „Wir werden die novellierte Erneuerbare-Energien-Richtlinie nach Verabschiedung möglichst technologieoffen und ambitioniert umsetzen; dabei schließen wir Atomkraft weiterhin aus.“

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