Lobbycontrol moniert Lobbyeinfluss auf Dena-Leitstudie „Aufbruch Klimaneutralität“

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Am Donnerstag hat die Deutsche Energie-Agentur (Dena) einen Zwischenbericht zu ihrer neuen Leitstudie „Aufbruch Klimaneutralität – Wege und Möglichkeiten für Weichenstellungen der 2020er Jahre“ veröffentlicht. Bereits am gestrigen Abend kritisierte Lobbycontrol das Papier und sprach von „gekaufter Wissenschaft“. Hintergrund ist, dass nach Recherchen des Netzwerks sich sogenannte „Partner“ über ein Sponsoring mit bis zu 35.000 Euro bei der Studie einkaufen und so über die Ergebnisse mitbestimmen durften. Es handelte sich dabei ausschließlich um Unternehmen oder Lobbyverbände, vor allem aus der Energiebranche, wie es von Lobbycontrol heißt. Dieses Modell gefährde die Neutralität der Leitstudie. Zudem seien Lobbycontrol unveröffentlichte Ergebnisse zugespielt worden. die nahelegten, dass die Gas- und Öllobby versuche über die Leitstudie, die Debatte über Klimaziele zu ihren Gunsten zu beeinflussen.

Dena-Geschäftsführer Andreas Kuhlmann weist die Kritik zurück. „Die von Lobbycontrol angebrachte Kritik, die Beteiligung von Unternehmen an der dena-Leitstudie führe zu mangelnder wissenschaftlicher Neutralität, teilen wir nicht“, erklärte er. Sie stehe vielmehr für Transparenz. Eine „enge Begleitung durch wissenschaftliche Gutachter und Institutionen“ sei ein zentraler Kernpunkt bei der Erstellung von Studien der Dena, so Kuhlmann weiter. Die Dena sehe sich als „Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Politik“ und suche daher „den aktiven und breiten Austausch mit unterschiedlichen Stakeholdern“.

„Die generelle Frage, wie der Ansatz einer Studie aussehen kann, um gleichermaßen objektive wie aussagefähige Ergebnisse zu erzielen, ist natürlich berechtigt. Es gibt unterschiedliche Ansätze für solche Studienprojekte“, erklärte Kuhlmann weiter. In der Leitstudie verfolge die Dena „einen integrierten Multi-Stakeholder-Ansatz. Ziel ist es, diese fundamentale Transformationsaufgabe – Klimaneutralität im Jahr 2050 – in der Auseinandersetzung mit zahlreichen Akteuren zu gestalten, die alle beschriebenen Lösungen tatsächlich in der Praxis umsetzen müssen und dies immer im Blick haben.“ Zudem würden alle mitwirkenden Unternehmen und Akteure öffentlich gemacht. Im Falle der neuen Leitstudie sind dies mehr als 100 Institutionen und Unternehmen aus Gesellschaft, Wirtschaft, Politik sowie aus Zivilgesellschaft, Natur- und Umweltschutz. „Transparente Arbeitsprozesse inklusive der Rückkopplung über die verschiedenen Gremien verhindern eine einseitige Beeinflussung“, betonte Kuhlmann weiter.

Lobbycontrol hält das Vorgehen dennoch für problematisch. So diene die Dena-Leitstudie dazu, Politik und Unternehmen konkrete Empfehlungen für die Ausgestaltung der Energiepolitik in den nächsten Jahren zu geben. „Die Bundesregierung lässt sich von Konzernen wie RWE und Thyssengas buchstäblich vorschreiben, wie die Klimapolitik in den nächsten Jahrzehnten aussehen soll – und wirbt dafür auch noch Sponsorengelder ein“, sagte Lobbycontrol-Sprecherin Christina Deckwirth. Hinzu kommt: Für die Öffentlichkeit bleibt im Dunkeln, dass sich Unternehmen finanziell an der Studie beteiligen. Das ist ein Unding. Studien der Bundesregierung, die einseitig von Unternehmen gesponsert werden, behindern glaubwürdige Forschung, die den Klimaschutz tatsächlich voranbringt. Wir wollen verhindern, dass die Studie weiter von Unternehmensinteressen gekapert wird.”

Der Dena-Fall gehe dabei noch über bereits bekannte Einflussnahme von Unternehmen auf Studien und damit die Politik hinaus. „Denn hier ist es die Bundesregierung selbst, die eine Instrumentalisierung der Wissenschaft durch Unternehmensinteressen aktiv organisiert und institutionalisiert, indem sie Partner aus der Wirtschaft zur Einflussnahme einlädt“, heißt es von Lobbycontrol. Die Dena nehme damit in Kauf, dass Unternehmen die Forschung im Sinne ihrer Geschäftsinteressen verzerren. Politisch verantwortlich dafür sei das Bundeswirtschaftsministerium, das mit Staatssekretär Thomas Bareiß (CDU) den Aufsichtsratsvorsitzenden der Dena stellt. „Das Bundeswirtschaftsministerium und die Dena sollten ihr Sponsoringmodell stoppen und für seriöse und ausgewogene Forschung sorgen. Unternehmen der betroffenen Branchen sollten Auskünfte geben, aber von Entscheidungen und Finanzierung der Studie ausgeschlossen sein”, so Deckwirth weiter.

Doch was sind die Ergebnisse des Zwischenberichts, den die Dena nun veröffentlichte? Es soll um Lösungen für ein klimaneutrales Leben und Wirtschaften bis zum Jahr 2050 gehen. „Klimaneutralität ist eine echte Mammutaufgabe. Sie ist zweifelsohne erforderlich und birgt eine Reihe von Chancen. Sie stellt Wirtschaft, Gesellschaft und Politik aber auch vor Herausforderungen, die nicht durch Einzelmaßnahmen zu lösen sind“, erklärte Kuhlmann bei der Vorstellung. Der Weg zur Klimaneutralität müsse vorbereitet werden und auf verschiedene Lösungsoptionen setzen. „Klar erscheint aus heutiger Sicht, dass der eine sichere Weg zur Erreichung der Ziele heute nicht mit Bestimmtheit zu beschreiben ist. Es gibt aber Vorbereitungen, die man auf jeden Fall angehen kann und muss“, so Kuhlmann. Im weiteren Verlauf der Studienerstellung werde anhand von verschiedenen Szenarien an konkreten Lösungen gearbeitet. Die Ergebnisse sollen dann im Herbst veröffentlicht werden.

Lobbycontrol sieht auf Basis der unveröffentlichten Ergebnisse einen deutlichen Einfluss der Gas- und Öllobby, die die Ergebnisse zu ihren Gunsten drehen wollten. „Es fällt auf, dass die Vorannahmen der Studie für den Weg in die Klimaneutralität den Energieträgern Erdgas, Wasserstoff und Öl eine übergroße Bedeutung beimessen. Gerade im Gebäude- und Verkehrsbereich sollten demnach die genannten Energieträger noch viele Jahre eine vergleichsweise große Rolle spielen“, heißt es weiter. Lobbycontrol vermutet, dass die Passagen wegen großer interner Kontroversen zunächst nicht veröffentlicht wurden. „Die Dena darf sich nicht vor den Karren der Gaslobby spannen lassen. Sie würde damit den ohnehin großen Einfluss der Gasindustrie in Deutschland verstärken und mit ihrer Leitstudie neue argumentative Grundlagen für milliardenschwere Investitionen in die Gasinfrastruktur liefern. Das könnte den dauerhaften Einsatz von Gas und fossil gewonnenem Wasserstoff zementieren und die Klimaziele torpedieren”, fordert Deckwirth.

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