Die Tage der Meyer Burger Technology AG als Photovoltaik-Maschinenbauer sind gezählt. Der Schweizer Technologiekonzern kündigte am Freitag an, er wolle sich zu einem technologisch führenden Hersteller von Solarzellen und Solarmodulen wandeln. Der Verwaltungsrat hat daher für den 10. Juli eine außerordentliche Hauptversammlung einberufen. Die Aktionäre sollen dann einer Kapitalerhöhung mit einem geplanten Bruttoerlös von 165 Millionen Schweizer Franken zustimmen.
Mit den Erlösen aus der Kapitalerhöhung will Meyer Burger in erster Linie Produktionskapazitäten und Vertriebsorganisation aufgebaut werden. Mit der geplanten Übernahme von bereits bestehenden Produktionsstandorten in Deutschland spare das Unternehmen signifikant Zeit und Geld. Meyer Burger erklärte zunächst jedoch nicht genauer, welche Standorte es übernehmen wird. Das Unternehmen beabsichtige, die Produktion im ersten Halbjahr 2021 zu starten und sie in den folgenden Jahren schrittweise auszuweiten. Dabei wolle es mit einer Produktionskapazität von jährlich 400 Megawatt starten. Bereits in dieser Größenordnung rechne der Verwaltungsrat mit einem operativen Gewinn. Bis 2022 sollen die Kapazitäten auf 1,4 Gigawatt Zell- und 0,8 Gigawatt Modulproduktion ausgeweitet werden. Längfristig werden Produktionsvolumen von 5 Gigawatt jährlich angestrebt. Aktuell lägen sogar Kaufabsichtserklärungen von potenziellen Kunden aus Europa und den USA mit einem Volumen von mehr als 2 Gigawatt pro Jahr für die Heterojunction-Module vor.
„Der nächste Technologieschritt ist vergleichbar mit dem Übergang von 4G auf 5G in der mobilen Kommunikation“, sagte CEO Gunter Erfurt. „Nur Meyer Burger hat die 5G-Technologie der PV-Industrie zur Markreife geführt. Wir können mit unseren Produkten bereits in einem Jahr am Markt sein. Unsere Fertigung in Europa ist wettbewerbsfähig und bietet ein bedeutendes Gewinnpotenzial.“
Bereits auf der ordentlichen Hauptversammlung Mitte Mai hatte die Geschäftsführung ihre Pläne zum Aufbau einer großskaligen Produktion vorgestellt. Dabei will Meyer Burger vor allem auf seine patentgeschützten Heterojunction/Smartwire-Technologie setzen, die das Unternehmen in den vergangenen Jahren immer weiterentwickelt hat. „Grund für diesen fundamentalen Richtungswechsel ist die Erkenntnis, dass Meyer Burger aus ihrer Technologieführerschaft in den letzten Jahren keinen Gewinn erzielen konnte“, hieß es vom Unternehmen. Dabei basierte der Großteil der derzeit produzierten Solarmodule weltweit auf Technologien, die von den Schweizern entwickelt worden seien.
„Mit dem Verkauf ihrer Maschinen gab Meyer Burger jedoch ihre Technologie aus der Hand und überließ die Realisierung des geschaffenen Mehrwerts weitestgehend ihren Kunden.“ Dies soll sich nun ändern. Meyer Burger werde Produktionsmaschinen für die Heterojunction/ Smartwire-Technologie grundsätzlich nur noch exklusiv zum eigenen Gebrauch herstellen, kündigte das Unternehmen an. Mit dem gleichzeitigen Aufbau eigener Produktionskapazitäten für die Herstellung von Solarzellen und Solarmodulen verbleibe die komplette Wertschöpfung bei Meyer Burger. Es werde zum Schutz des Know-hows künftige Verbesserungen der Fertigungsanlagen nicht mehr mit Dritten teilen. Nur das Geschäft mit Standardequipment und der Servicebereich sollen unverändert fortgesetzt werden.
Mit dem beschlossenen Wandel zum Photovoltaik-Hersteller wird das Unternehmen auch die Zusammenarbeit mit REC beenden. „Leider konnte Meyer Burger in gegebener Zeit keine für beide Parteien vorteilhafte Kooperation mit REC eingehen, da diese die Zusagen der gegenseitigen Absichtserklärung bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht erfüllen konnte“, hieß es zur Begründung, warum diese strategische Option nicht weiter verfolgt werde. An der Beteiligung an Oxford PV wird Meyer Burger aber festhalten, um sich so eine Erweiterung des Innovationspotenzials durch die Kombination von Heterojunction- und Perowskit-Technologie zu sichern.
„Der Wandel vom Maschinenanbieter zum vertikal integrierten Zell- und Modulhersteller ist der richtige und konsequente Schritt, um uns einen angemessenen Anteil am Wert zu sichern, den unsere global führende Technologie generiert“, erklärt Franz Richter, Verwaltungsratspräsident von Meyer Burger. Die hohe Leistungsfähigkeit der Heterojunction-Module bei vergleichsweise geringen Produktionskosten ermögliche sowohl den Eintritt in das margenstarke und überproportional schnell wachsende Segment der Dachanlagen als auch in das preissensitivere Segment der Photovoltaik-Kraftwerke. Zudem seien durch den erfolgreichen Aufbau einer 600 Megawatt-Produktionslinie für einen Kunden die Solarmodule bereits in die Massenproduktion gebracht worden.
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Meyer Burger hat Mut, mehr als jedes andere vergleichbare Unternehmen in Europa. Es wurde Zeit, ein Zeichen zu setzen gegen die Vorherrschaft der asiatischen Hersteller. Denn was nützen die großartigen Forschungsergebnisse der europäischen Solarinstitute, wenn es in Europa keine Solarindustrie mehr gibt? Das Beispiel, das Meyer Burger gibt, könnte Schule machen. Anstatt die aufwendig erzielten Forschungsergebnisse irgendwann nach Asien zu verkaufen, sollte man sie besser so bald wie möglich selber nutzen.