Österreichs Klima- und Energiestrategie steht vor Scherbenhaufen

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Die Hoffnungen, die die österreichische Regierung vor einem Jahr mit ihrer Klima- und Energiestrategie „#mission2030“ weckte, waren enorm. Gerade für die Photovoltaik zeichneten sich enorme Potenziale ab, um das Land bis 2030 mit 100 Prozent erneuerbaren Energien zu versorgen. Doch die Bilanz nach einem Jahr ist aus Sicht von Photovoltaic Austria (PVA) äußerst ernüchternd. Erst recht, nachdem am Montag der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und sein Kabinett durch ein Misstrauensvotum gestürzt worden. Er war das erste erfolgreiche Votum dieser Art in der Historie Österreichs. Vorausgegangen war Mitte Mai die Entlassung des Innenministers Herbert Kickl vom Koalitionspartner FPÖ nach der „Ibiza-Affäre“ seines Parteichefs Heinz-Christian Strache. In der Folge traten auch die übrigen Minister der FPÖ zurück.

Kurz wollte eigentlich mit einer Expertenregierung weiter an der Macht bleiben. Im Spetember sollte es Neuwahlen geben. Doch dann brachte die SPÖ als größte Oppositionspartei das Misstrauensvotum ein. Mit ihr stimmten auch die Abgeordneten der FPÖ und der „Jetzt-Liste-Pilz“ gegen ein Weiterregieren von Kurz. Mit dem nun entstandenen Machtvakuum steht auch die Umsetzung der Energie- und Klimastrategie still.

Dabei ist schon im zurückliegenden Jahr – entgegen ursprünglicher Versprechen – wenig passiert. So sei die Photovoltaik-Förderung gekürzt worden, die Regierung habe keinen Entwurf für das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz vorgelegt und das angekündigte 100.000 Dächer- und Kleinspeicherprogramm sei nicht umgesetzt worden, moniert der Verband PVA. Mit der aktuellen Situation sei das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz nun auf unbestimmte Zeit verschoben. Dabei war der Entwurf bereits für die kommenden Wochen angekündigt und die Verabschiedung bis zum Herbst versprochen worden.

Nach Auffassung von PVA kann das Gesetz, das Österreich auf den Weg zu 100 Prozent erneuerbaren Energien bis 2030 im Stromsektor bringen soll, nicht auf die Bildung einer neuen Regierung warten. „Trotz politischer Unklarheiten müssen nun Taten folgen, denn die Energiewende geht über politische Farben hinaus und der Apell geht gleichermaßen an alle Entscheidungsträger“, heißt es vom Verband. Bereits jetzt habe die Verzögerung gravierende Auswirkungen. So liefen im kommenden Jahr die Photovoltaik- und Speicherförderung über die OeMAG und die Photovoltaik-Förderung des Klimafonds aus. Damit entfallen PVA zufolge 20 Millionen Euro des bisher bestehenden Förderbudgets von mehr als 30 Millionen Euro.

Photovoltaik-Markteinbruch um 30 Prozent zu befürchten

Genau an dieser Stelle hätte das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz einspringen sollen, um die notwendigen Rahmenbedingungen für den weiteren Photovoltaik-Ausbau sicherzustellen. „Ohne entsprechender Überbrückung ist mit einem Markteinbruch von bis zu 30 Prozent zu rechnen“, sagt PVA-Geschäftsführerin Vera Immitzer. Dabei müsste genau im nächsten Jahr der dringend benötigte Photovoltaik-Ausbau im Land starten, um die Stromwende bis 2030 zu schaffen. „Die fehlenden Fördermittel werfen die PV-Entwicklung sowie die Branche um Jahre zurück. Was es nun braucht ist eine effektive Brückenförderung und ein rasches Handeln der gesamten Politik, um das kommende Jahr abzufangen, den Markteinbruch zu verhindern und die notwendigen Bahnen für den Ausbau zu legen, bis das EAG tatsächlich in Kraft tritt“, so Immitzer weiter.

Vor wenigen Tagen hatte der Dachverband Erneuerbare Energien (EEÖ) noch ein „Klima-Not-Paket“ in dieser Legislaturperiode gefordert, um die weitere Verschiebung des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes zu verhindern. Da sah es aber noch so aus, dass Kurz und seine Experten bis September weiterregieren. Nach dem Sturz der Regierung am Montag gibt es diese Option nun nicht mehr.

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