Mit dem Referentenentwurf zum Energiesammelgesetz von Ende Oktober hat die Koalition drastische Einschnitte für die Einspeisevergütungen von Photovoltaik-Anlagen zum 1.1.2019 angekündigt, die Bürgerenergieanlagen hart treffen. Als Kollateralschaden wurde die erst vor gut einem Jahr auf Initiative der SPD eingeführte Mieterstromförderung drastisch reduziert: die Mieterstromzuschläge für den Anlagenteil ab 40 Kilowatt (kWp) sollten innerhalb von nur 2 Monaten wegfallen – und das, obwohl die Mieterstromförderung ohnehin zu gering war, um das angestrebte Marktpotential von bis zu 500 Megawatt (MWp) neuer Mieterstromanlagen zu realisieren. Es wurden jährlich nur ca. 5 MWp an PV-Anlagen errichtet, die Mieterstromzuschlag erhalten – nur etwas mehr als ein Prozent des angestrebten Volumens. Von „Überförderung“ kann ganz offensichtlich keine Rede sein. Für neue Mieterstromanlagen sind aufgrund der Komplexität Projektlaufzeiten von ein bis zwei Jahren üblich. Die mit nur zwei Monaten extrem kurze Frist zwischen Vorlage des Gesetzentwurfs und dem geplanten Wirksamwerden zeigt, dass Bundesregierung und Wirtschaftsministerium sich nicht um den im Grundgesetz verankerten „Vertrauensschutz“ scheren: Projekte, Projektierer und kleine und mittelständische Solarfachbetriebe werden einfach platt gemacht.
Nach starken Protesten der Bürgerenergie und der Solarbranche hat auch der Bundesrat sehr deutlich Änderungen gefordert. Die Koalition hat sich nun offenbar auf Nachbesserungen im Energiesammelgesetz geeinigt, die allerdings :
- die PV-Vergütung soll von 10,36 Cent pro Kilowattstunde auf „nur“ ca. 8,9 Cent pro Kilowattstunde reduziert werden (statt 8,33 Cent pro Kilowattstunde im Referentenentwurf)
- die Kürzung soll „leicht nach hinten verschoben“ werden und jetzt in drei gleichen Stufen zum 1. Februar/1. März und 1. April 2019 kommen (statt zum 1. Januar 2019 im Referentenentwurf). Dumm nur, dass im in den drei ersten Monaten in Deutschland normalerweise Winter ist und auf den Dachflächen kaum PV-Anlagen gebaut werden können. Die „Verschiebung“ soll wohl eine Beruhigungspille sein, hat aber für die meisten realen Projekte wohl kaum eine Bedeutung.
- die Absenkung für solaren Mieterstrom soll durch eine Änderung des Abschlags für die Leistungsklasse > 40 kWp von 8,5 Cent pro Kilowattstunde auf 8,0 Cent pro Kilowattstunde abgemildert werden. Dies bedeutet, dass der Mieterstromzuschlag für diese Leistungsklasse nicht bereits ab Januar 2019, sondern nach drei schnellen Schritten im Februar/März/April und der Degression durch den „atmenden Deckel“ voraussichtlich erst zum Oktober 2019 wegfällt.
Der Mieterstromzuschlag soll vorwiegend die Mehrkosten bei Mieterstromprojekten für das aufwändigere Messkonzept (zum Beispiel Wandlermessung für „Summenzähler“) und den hohen, gesetzlich geforderten administrativen Aufwand kompensieren. Diese Kosten werden aber laufend eher teurer und nicht billiger – es gibt also gar keinen Grund, dass der Mieterstromzuschlag reduziert wird – außer der Gesetzgeber würde das Mieterstromgesetz radikal von administrativen Hürden befreien.
Es bleibt also die Erkenntnis, dass das Mieterstromgesetz auch durch das Energiesammelgesetz in der leicht entschärften Version vom 28.11.2018 faktisch beendet wird, der Mieterstromzuschlag geht mit den Nachbesserungen nur wenige Monate später auf Null. Die SPD hatte sich das Mieterstromgesetz auf die Fahnen geschrieben und konnte es gegen die Hardliner der Energiewendebremser in der CDU offenbar nicht verteidigen. Und dies, obwohl der Koalitionsvertrag für Mieterstrom Verbesserungen angekündigt hatte und keine Verschlechterungen! Mit dem Energiesammelgesetz werden die Koalitionsparteien – trotz eines unzureichenden Volumens an Sonderausschreibungen für Photovoltaik- und Wind-Großprojekte – von informierten Bürgern weiterhin als Bremser der dezentralen Energiewende in Bürgerhand wahrgenommen. Auch dieser Aspekt schlägt sich in Wahlergebnissen nieder.
Um das Klima zu schützen und die Vereinbarungen des völkerrechtlich verbindliche Paris-Abkommens einzuhalten muss jährlich eine Photovoltaik-Leistung von rund 15 GWp nebst adäquaten Mengen Windenergie und sonstiger erneuerbarer Energien zugebaut werden. Dafür müssen die Zubauziele entsprechend angepasst, der Photovoltaik-Deckel beseitigt, überbordende Regelungswut in den Gesetzen abgebaut und der Eigenverbrauch erneuerbarer Energien von der sogenannten „Sonnensteuer“ (EEG-Umlage auf Eigenverbrauch) befreit werden. Gemessen an diesen Notwendigkeiten ist auch das verbesserte Energiesammelgesetz insgesamt „ungenügend“.
— Der Autor Andreas Horn ist seit 2001 ehrenamtlicher Vorstand des Vereins Sonnenkraft Freising e. V., der 1993 die „kostendeckende Vergütung“ in Freising durchsetzen konnte. Mit dem Ingenieurbüro Energiewendeplaner GmbH plant er überwiegend Mieterstrom-Photovoltaik-Anlagen. Als Mieterstromexperte wurde er bei den Beratungen für das Mieterstromgesetz als Sachverständiger im Wirtschaftsausschuss des deutschen Bundestags angehört und kommentiert die politische Diskussion aus der Sicht eines Praktikers. —
Die Blogbeiträge und Kommentare auf www.pv-magazine.de geben nicht zwangsläufig die Meinung und Haltung der Redaktion und der pv magazine group wieder. Unsere Webseite ist eine offene Plattform für den Austausch der Industrie und Politik. Wenn Sie auch in eigenen Beiträgen Kommentare einreichen wollen, schreiben Sie bitte an redaktion(at)pv-magazine.com
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Dem ist nichts mehr hinzuzufügen. Danke Hr. Horn für Ihre Einschätzung bzw. Ausarbeitung dazu. Grundregel der Politik in Bezug auf die Solar Photovoltaikbranche scheint weiterhin zu lauten: Übergangsregelungen benötigen wir hier praktisch nicht. Projekte im Solar PV Bereich unterliegen nicht den gleichen Gesetzmäßigkeiten wie in anderen Branchen. (Signifikante) Änderungen der Rahmenbedingungen heute können dort ohne weiteres morgen umgesetzt werden, ohne negative Auswirkungen auf die Marktentwicklung. Oder ist es der Politik schlichtweg egal, was durch Ihr Handeln passiert?
Außerdem ist es mir ein Rätsel, wie man so eine verschobene Wahrnehmung wie die SPD haben kann, und das Energiesammelgesetz als neuen Schub für die Energiewende verkauft. „Das ist ein großer Erfolg der SPD, die den beschleunigten Ausbau von Windkraft und Photovoltaik gegen teils erhebliche Widerstände in der Union durchgesetzt hat“. Das mag in Bezug auf Sonderausschreibungen zwar stimmen. Aber warum dann im gleichen Kontext bei den sinnvollen, verbrauchsnahen Solar-Dachanlagen die Axt angesetzt wird, ist mir völlig unverständlich. Der BSW hat hier völlig Recht. Es geht dabei vor allem um 2 DInge: Die EEG-Vergütung ist nicht mehr zwingend aus Wirtschaftlichkeitsgründen notwendig, sondern um die Anlagen überhaupt zu bauen. Um neue Geschäftsmodelle ausserhalb des EEG`s zu ermöglichen, ist die EEG-Vergütung eine für die Finanzierung gerade von Bürgerenergieanlagen notwendige „Fall-back“ Option. Nur durch diese ist es oftmals möglich, Finanzierungskonditionen zu erhalten, die einen Bau der Anlagen zu ermöglichen. Aufgabe der Branche wäre es, diesen Aspekt viel stärker in den Vordergrund zu rücken.
Der Mieterstrom ist genau das, was als Symbolpolitik bezeichnet wird. Die SPD konnte da vor einigen Gutgläubigen den Eindruck erwecken, sie würde etwas für die sozial schwachen und für die Energiewende tun. Tatsächlich ist es ein Null-Gesetz: Es ist zwar da, aber keiner nutzt es, weil Bürokratiemonster. Man kann sich streiten, ob es Blödheit oder Absicht war, aber so wie das Gesetz konstruiert ist, ist es auch kein Wunder, dass es nicht genutzt wird.
Was mich noch interessiert: Gibt es Mieter, die Mieterstrom billiger beziehen, als von einem x-beliebigen Stromdiscounter? Ich zahle zur Zeit 24,62ct/kWh (Vollkosten bei 3200kWh/Jahr, angeblich Ökostrom, Neuverträge sind wohl – ohne Neukunden-Bonus – z.Zt. etwas teurer). Das schafft man mit Mieterstrom nicht.
Mir erscheint es also sinnvoller, PV-Strom vollständig einzuspeisen, und den Mietern die Wahl des Stromanbieters zu überlassen. Das bringt weniger Bürokratie und weniger Kosten aber keineswegs weniger Ökologie. Es ist ja eine Illusion, dass man sein Verbrauchsverhalten an das PV-Angebot vom eigenen Dach anpassen würde. Im Falle des Mieterstroms würde davon ohnehin nur der Vermieter profitieren, aber auch bei Strom von der eigenen Anlage hat man beim Haushaltsstrom kaum die Möglichkeit, und noch seltener die Lust, den Verbrauch am Angebot zu orientieren.
Dass die SPD am Mieterstrom Interesse hatte ist falsch. Vollkommen unmotiviert (das Gespräch drehte sich um Batteriespeicher) sagte doch 2016 ein am Gesetz mitschreibender Referent aus dem damals von Gabriel/Baake geleiteten Bundeswirtschaftsministerium (ich hatte als damals noch SPD-Mitglied wegen des zynischen „Liebe Freunde Briefes“ zum EEG von Gabriel an die Mitglieder im Bundeswirtschaftsministerium angerufen) zu mir den Satz, der sich bei mir eingebrannt hat: „Und was wir nicht wollen, ist Mieterstrom und Power-to-Gas.“
Und wegen dieser zynischen Verlogenheit (so fiel ja auch das Mieterstromgesetz aus) konnte ich im Mai diesen Jahres nur noch austreten.