Photovoltaik und Wärmepumpen ermöglichen Energiewende in Wärmesektor

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In Berlin laufen die Verhandlungen für eine Neuauflage der Großen Koalition in Berlin. Bei den Themen Energie und Klimaschutz haben sich Union und SPD weitgehend geeinigt und noch einige Änderungen im zuvor veröffentlichten Sondierungspapier vorgenommen. „Doch solange nichts unterschrieben ist, ist auch noch nichts sicher“, sagt Robert Busch, Geschäftsführer des Bundesverbands Neue Energiewirtschaft (bne), am Donnerstag während eines Pressegesprächs in Berlin. Momentan seien etwa die Sektorkopplung und die Reform der Netzentgelte im Papier enthalten, eine CO2-Bepreisung fehle hingegen noch. Zudem seien die meisten Formulierungen eher wenig konkret, so dass die wirkliche Ausgestaltung der Ziele noch vollkommen offen sei, sagte Busch weiter.

Der bne hatte gemeinsam mit dem Bundesverband Wärmepumpe (bwp) zu dem Gespräch geladen. Im Vordergrund stand das Thema, wie die Stromwende zur Energiewende weiterentwickelt werden kann. Nach Aussagen von Busch ist der Wärmemarkt für 50 Prozent der Emissionen verantwortlich, nicht zuletzt, weil der Anteil erneuerbarer Energien in diesem Sektor stagniere. „Wir brauchen einen Zugang vom Strom zur Wärme, doch die Abgaben und Umlagen machen den Strom noch zu teuer“, so Busch weiter. Auch die Installateure würden oft aus Kostengründen noch Öl- und Gasheizungen bevorzugt den Kunden empfehlen. Busch sieht einen breiten politischen Konsens, dass eine Reform der Abgaben und Umlagen beim Strom notwendig sei. Doch noch stehe nicht fest, wann diese wirklich kommen werde.

Der Verband selbst hat eine Kurzstudie beim Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IöW) in Auftrag gegeben, in der sich zeigt, dass eine CO2-Bepreisung notwendig ist, um einen fairen Wettbewerb zwischen erneuerbaren und fossilen Energien herzustellen. Die Ergebnisse zeigten, dass der CO2-Preis dabei auch für die Sektoren Wärme und Verkehr gelten müssten. „Die Abschaffung der Stromsteuer, die bei zwei Cent pro Kilowattstunde liegt, reicht allein nicht aus. Mit der Abschaffung der EEG-Umlagen gibt es einen viel größeren Hebel“, sagt Busch weiter. Die Szenarien zeigten, dass je mehr Sektoren in die CO2-Bepreisung einbezogen würden, umso größer sei die Reduktion der Stromkosten. „Die Schieflage würde beseitigt und der Anreiz für Investitionen in CO2-arme Technologien im Wärme- und Verkehrssektor entsprechend steigen“, sagt Busch.

Martin Sabel, Geschäftsführer des bwp, stimmt dem zu. „Die Elektrifizierung der Wärme ist notwendig. Strom ist die Leitenergie der Zukunft“, sagt er. Sabel verweist auf verschiedene Studie, unter anderem von der Deutschen Energie-Agentur und Agora Energiewende, die den Bedarf an Wärmepumpen ermittelt haben, damit Deutschland seine Klimaziele erreichen kann. Mindestens vier Millionen Geräten müssten demnach in Deutschland installiert sein. Dabei verweist der bwp-Geschäftsführer auch darauf, dass die Wärmepumpen der effizienteste Weg seien, um Strom in Wärme zu wandeln. „Wir kommen um einen massiven Ausbau der Wärmepumpen nicht vorbei“, so Sabel weiter. Derzeit gebe es rund 800.000 Wärmepumpen in Deutschland und jährlich kämen rund 70.000 hinzu. Mit diesen Zahlen hinke Deutschland im europäischen Vergleich hinterher und die Wachstumsraten reichten nicht aus, um das Ziel bis 2030 zu erreichen. Den Anteil der Wärmepumpen als neue Wärmequellen beziffert Sabel mit derzeit etwa 17 Prozent. Öl- und Gasheizungen dominierten das Segment eindeutig, da sie aufgrund der Abgaben- und Umlagenlast auf dem Strom einfach günstiger sein. Sabel fordert daher neben der Reform der Strompreise auch noch ein Ende der Förderung fossiler Heizungen. Zudem hält er ein Gebäudeenergiegesetz, in dem die Energieeinsparverordnung und das EEG-Wärme aufgehen, für erstrebenswert.

Krawinkel: Potenzial für 400 Gigawatt in Deutschland

Holger Krawinkel, der Mitglied im bne-Vorstand und Leiter Customer Experience bei MVV ist, verweist darauf, dass mit der Sektorkopplung auch ein steigender Strombedarf verbunden ist. Vor allem die Nachfrage nach Ökostrom werde kurzfristig enorm ansteigen. „Das größte Potenzial dabei liegt bei der Solarenergie“, sagt Krawinkel. Befördert werde die disruptive Entwicklung im Strommarkt durch drei Faktoren: eine zunehmende Überregelung, eine wachsende Kundenunzufriedenheit und technische Innovationen.

Nicht zuletzt wegen der weiter sinkenden Preise sieht Krawinkel riesiges Potenzial für die Photovoltaik. Er rechnet damit, dass die Preise für Solarmodule bis zum Jahresende auf unter 30 Eurocent pro Watt fallen werden. Mit einem Ende der Mindestimportpreise seien im nächsten Jahr dann schon 25 Cent pro Wattpeak möglich, so der ehemalige Verbraucherschützer weiter. „Damit ist absehbar, dass wir bei großen Photovoltaik-Anlagen Stromgestehungskosten von ein bis zwei Cent pro Kilowattstunde sein werden“, sagte Krawinkel. Auch bei Batteriespeichern gebe es eine ähnliche Entwicklung. Hier hält der MVV-Manager bald Speicherkosten von etwa fünf Cent pro Kilowattstunden für möglich. Damit würden sich völlig neue Geschäftsmodelle im privaten und gewerblichen Bereich ergeben. „Wir haben in Deutschland ein Potenzial für 400 Gigawatt Photovoltaik“, sagt er. Denn auch die Elektromobilität könnte hier als Katalysator wirken. Denn das Laden von Elektrofahrzeugen mit dreckigem Kohlestrom könne ja nicht das Ziel sein. Auch hierfür würden private Photovoltaik-Lösungen samt Batteriespeichern zunehmend attraktiv, sagt Krawinkel.

Allerdings müssten dafür die Rahmenbedingungen passen. Mit Blick auf die Koalitionsverhandlungen sagt er: „Der Wille ist erkennbar, aber unklar bleibt noch, wie es dann wirklich umgesetzt werden wird.“ Immerhin sei das Thema bei Union und SPD weniger hart umstritten, wie etwa das Flüchtlingsthema. Viele Politiker befürworteten die Energiewende, doch zugleich wollen sie sie kontrollieren. „Die Politiker müssen die Kontrolle aber abgeben“, sagt Krawinkel.

Einigkeit besteht bei allen drei Vertretern am Tisch, dass die geforderten substanziellen Reformschritte beim Abgaben- und Umlagensystem wohl nicht vor der Wahl in Bayern angegangen werden. Mitte Oktober 2018 wird im Freistaat gewählt. Noch steht die Große Koalition auch nicht endgültig und unterschrieben ist ebenfalls nichts. Vor der großen Reform könnten zumindest schon mal ein paar bürokratische Hemmnisse abgebaut werden, so die Hoffnung. Dennoch auch die unübersichtliche Förderung – gerade im Wärmesektor – verhindert derzeit noch eine größere Marktdurchdringung von erneuerbaren Energien in diesem Bereich.

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