Montel: Neuer Rekord in Europa bei negativen Strompreisen zu erwarten

negative Strompreise, 1. Halbjahr 2025, verschiedene europäische Länder, Quelle: Montel

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In Deutschland verzeichnete allein im ersten Halbjahr 389 Stunden mit negativen Börsenpreisen (pv magazine berichtete ausführlich). Doch Deutschland ist mit dieser Entwicklung in Europa mitnichten allein und auch nicht Spitzenreiter. Eine am Donnerstag von Montel Analytics veröffentlichte Bilanz zeigt einen europaweiten Trend. Die Analysten gehen davon aus, dass in vielen Teilen Europas voraussichtlich ein Rekordniveau erreicht wird, da auch die Photovoltaik-Erzeugung – wie im zweiten Quartal – neue Höchststände aufweist.

Nach der Studie von Montel wies die schwedische Preiszone SE2 mit 506 Stunden, den höchsten Wert an negativen Preisen im ersten Halbjahr auf. „Dies ist auf ungewöhnlich starke Zuflüsse aus Wasserkraft, Engpässe bei der Stromübertragung, Änderungen bei der flussbasierten Marktkopplung und den anhaltenden Anstieg der Leistung im Bereich der erneuerbaren Energien zurückzuführen“, heißt es dazu. Dahinter folgen Spanien mit 459 Stunden und de Niederlande mit 408 Stunden. Deutschland liegt mit seinen 389 Stunden negativer Börsenstrompreise europaweit auf Platz 4. Frankreich (363), Belgien (361), Finnland (363) und Dänemark 1 (326) folgen und weisen für das erste Halbjahr ebenfalls mehr als 300 Stunden auf. Montel ermittelte, dass in fast allen europäischen Ländern die Stunden mit negativen Strompreisen in diesem Jahr gestiegen sind. Die Analysten gehen ferner davon aus, dass dieser Trend auch in Zukunft anhalten wird.

Die direkte Verbindung dafür ist die steigende Erzeugung der Photovoltaik-Anlagen, die im zweiten Quartal 2025 ein Rekordhoch in Europa aufwies. Die gesamte Erzeugung lag im zweiten Quartal bei 104,4 Terawattstunden, wovon 29 Terawattstunden auf die Photovoltaik-Anlagen in Deutschland entfielen. In Spanien gab es 15,8 Terawattstunden Solarstrom und in Frankreich immerhin noch 9,9 Terawattstunden. Die Wachstumsraten zum ersten Quartal bewegten sich in vielen Ländern zwischen 20 und 40 Prozent, so Montel.

Gleichzeitig verzeichnete Montel ein Rekordtief bei der Stein- und Braunkohleverstromung von 52,2 Terawattstunden. Dies seien elf Prozent weniger als im Vorjahresquartal. Den größten Rückgang verzeichnete Montel dabei bei der Kohleverstromung in Polen, aber auch in Italien, Spanien, Rumänien und Ungarn habe es große Einschnitte gegeben.

„Es wird prognostiziert, dass die negativen Strompreise in Teilen Europas im dritten Quartal ein Rekordniveau erreichen werden“, sagte Jean-Paul Harreman, Direktor bei Montel Analytics. Dieser Trend werde durch den anhaltenden Ausbau der Erneuerbaren, speziell von Photovoltaik-Anlagen, vorangetrieben. Zumal die Stromnachfrage nicht im entsprechenden Maße steige.

Zudem geht Montel von einer weiteren Spreizung der Preise untertags aus. „Es ist zu erwarten, dass in Mittel- und Westeuropa die Spanne zwischen der Mittagsleistung der Photovoltaik und den Nachfragespitzen am Abend am größten ist“, sagt Harreman. „Deutschland, die Niederlande und Belgien werden wahrscheinlich weiterhin stark negative Preise am Nachmittag erleben, gefolgt von hohen Preisen am Abend, wenn die fossilen Brennstoffkapazitäten hochgefahren werden.“ Ein ähnliches Muster könnte auch in Teilen Südosteuropas auftreten. „Es ist jedoch zu erwarten, dass die Grenzen der Netzinfrastruktur und der grenzüberschreitenden Verbindungskapazitäten die Fähigkeit dieser Region, von den niedrigeren Preisen auf den benachbarten Märkten zu profitieren, einschränken werden.“

Andererseits gibt es auch Faktoren, die zu einem steigenden Strompreis führen könnten. Dazu zählt eine eingeschränkte Erzeugung aus Wasserkraft und AKW, da überdurchschnittliche Sommertemperaturen zu niedrigen Wasserständen führen. Außerdem sorgt die weltpolitische Lage für eine anhaltende Volatilität auf den globalen LNG- und Gasmärkten. Gerade die europäischen Länder sind gezwungen zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen, um ihre Gasvorräte für den anstehenden Winter zu sichern. Die wiederum dürfte die europäischen Großhandelsgas- und Strompreise weiter in die Höhe treiben.

„Für industrielle Abnehmer und Großverbraucher könnte dieses Quartal durch erhebliche Preisschwankungen gekennzeichnet sein“, sagt Harreman. „Das gleichzeitige Auftreten von extrem niedrigen und extrem hohen Tagespreisen, die durch solare Produktionsmuster, nukleare Beschränkungen und infrastrukturelle Einschränkungen bedingt sind, stellt sowohl operative Herausforderungen als auch Beschaffungsrisiken dar.“

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