Das Fraunhofer-Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA hat es nach eigenen Angaben geschafft, mit künstlicher Intelligenz den Marktpreis für Regelleistung, also kurzfristig bereitgestellten Strom zur Netzstabilisierung, vorherzusagen. Die Stuttgarter Wissenschaftler stellten in einem Paper nun ihr darauf basierendes neuartiges Prognoseverfahren vor, das mithilfe von Machine Learning die Gebotspreise für Regelleistung zuverlässiger prognostizieren kann.
»Regelleistung wird auf einem sogenannten ›Pay-as-Bid‹-Markt gehandelt«, erklärt Alexander Sauer, Institutsleiter des Fraunhofer IPA. »Dort gilt ein Gebotsverfahren, bei dem jedem Anbieter der Preis gezahlt wird, mit dem er sein Gebot abgegeben hat. Wer den tatsächlich realisierten Strompreis also deutlich unterbietet, verzichtet auf Geld. Und schlimmer noch: Wer mit seinem Gebot darüber liegt, geht komplett leer aus.“
Von dem neuen Prognoseverfahren sollen vor allem Unternehmen profitieren, die ihren Strombedarf flexibel anpassen können. Diese würden ihre Erlöse „signifikant steigern“, so die Forscher. Viele Industrieunternehmen setzen bislang auf einfache, statische Gebotsstrategien. Sie legen ihr Gebot also einmal fest und bleiben dann dabei oder orientieren sich an den Preisen des Vortrags oder der Vorwochen. Mit dem KI-gestützten Verfahren ließen sich die Preise für diese Unternehmen nun besser prognostizieren.
Oder sie orientieren sich am Preis des Vortags oder der vergangenen Woche, wenn sie ihr Gebot abgeben. Durch den Einsatz verschiedener maschineller Lernverfahren ist es den Wissenschaftlern vom Fraunhofer IPA nun gelungen, diesen Preis besser zu prognostizieren. Dazu komme ein speziell entwickeltes Offset-Verfahren. »Das ist gewissermaßen die Nachbearbeitung des prognostizierten Strompreises, sodass das abgegebene Gebot leicht darunter liegt«, erklärt Vincent Bezold vom Forschungsteam Datengetriebene Energiesystemoptimierung am Fraunhofer IPA. »Das hat mit den Spielregeln auf dem ›Pay-as-Bid‹-Markt zu tun. Wer dort mit seinem Gebot zu hoch liegt, geht leer aus. Deshalb lohnt es sich, den tatsächlichen Strompreis gezielt zu unterbieten – und genau das erreichen wir mit unserem Offset-Verfahren.«
Die Forscher haben ihr optimiertes Modell mit Erlösen aus anderen Strategien verglichen. Sie kommen auf bis zu 37 Prozent höhere Erlöse durch ihre optimierte Gebotsstrategie. Da die angegebenen Gebote seltener über dem tatsächlichen Preis liegen und folglich öfter den Zuschlag erhalten, so die Begründung.
In ihrem Paper haben die Fraunhofer-Wissenschaftler dabei vier Teilmärkte der deutschen Regelenergie untersucht. Es habe sich gezeigt, schon ein um einen Euro pro Megawattstunde kleinerer Prognosefehler könne – je nach Markt – bis zu 3631 Euro jährlichen Mehrerlös pro Megawatt bringen. »Die datengetriebene Optimierung der Gebotsstrategie lohnt sich also und leistet ganz nebenbei noch einen Beitrag zur Stabilität des Stromnetzes«, sagt Lukas Baur vom Forschungsteam Datengetriebene Energiesystemoptimierung am Fraunhofer.
Die KI-gestützte Prognosemethode des Fraunhofer IPA sei prinzipiell auf andere, ähnlich strukturierte Märkte wie den Wertpapierhandel übertragbar, auch über die deutschen Grenzen hinaus, so die Forscher weiter. Sie wollten zudem künftig noch komplexere KI-Modelle anwenden und dabei auch externe Faktoren wie Wetterdaten und wahrscheinlichkeitsbasierte Prognosen berücksichtigen, um die Prognosequalität weiter zu erhöhen.
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