E3/DC will Rechnung für Restrombezug mit seinem Energiemanagementsystem halbieren

Grafik 1: E3/DC will den Preis für den Reststrom halbieren: Dazu  optimiert das System vor allem den Energiepreis und die Netzentgelte, aber auch bei Marge und Grundpreis gibt es Potenziale

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Andreas Piepenbrink, E3/DCDie Intersolar steht vor der Tür. Was gibt es Neues?

Andreas Piepenbrink (Foto): Bei uns dreht sich alles darum, wie die Hauskraftwerke aktiv in den Strommarkt kommen. Wir wollen das anbieterunabhängig, abofrei und auch für unsere Bestandskunden ermöglichen. Wir nennen das ganze AI 360°, denn man braucht eine gute datenbasierte Prognose des Kundenverhaltens. Unser Ziel ist die Halbierung des Reststrompreises. Kunden erreichen 65 bis 70 Prozent Kosteneinsparung durch solare Autarkie. Durch den optimierten Strombezug erreicht man 20 bis 25 Prozentpunkte zusätzlich. Der Kunde spart unterm Strich also tatsächlich 90 Prozent an Energiekosten.

Welche Rolle spielen dabei die dynamischen Stromtarife?

Der Kunde hat flexible Lasten. Er kann den Strompreis aber nur senken, indem er die dynamischen Strompreise nutzt, zunächst im Day-Ahead-Markt. Eine wichtige Rolle wird künftig der Intraday Markt spielen. Nur dort gelingt es, den reinen Energiepreis, der beim Versorger 10 Cent pro Kilowattstunde beträgt, im Schnitt auf 0 Cent zu senken. Für Endkunden kommen dann noch die Abgaben und Netzentgelte drauf.

Grafik 1: E3/DC will den Preis für den Reststrom halbieren: Dazu  optimiert das System vor allem den Energiepreis und die Netzentgelte, aber auch bei Marge und Grundpreis gibt es Potenziale

Grafik: E3/DC

 Wie funktioniert das?

Unsere Systeme sagen zum Beispiel für den nächsten Tag genau voraus, wieviel Energie der Kunde benötigt. Der Strom wird dann nicht vollständig eingekauft, sondern beispielsweise zu 50 Prozent. Die anderen 50 Prozent werden am Intraday-Markt bis zum Lieferzeitpunkt immer wieder gehandelt. Bis zu 10- oder 20-mal kann man Profit aus Micro-Spreads mitnehmen, bis die Kilowattstunde dann geliefert wird. Als zweiten Baustein hat man die dynamischen Netzentgelte. Da man steuerbare Verbraucher hat, fällt man unter Paragraf 14a des Energiewirtschaftsgesetzes und kann Modul 3 wählen. Bei den meisten Netzbetreibern gibt es ein dreistufiges Netzentgelt. Zum Beispiel 10 Cent pro Kilowattstunde normalerweise, 20 Cent in der Hochpreisphase und 5 Cent in der Niedrigpreisphase. Wenn Sie jetzt Ihre Speicher und ihre Wärmepumpen immer in der Niedrigpreisphase laden beziehungsweise anschalten, haben Sie das halbe Netzentgelt.

Grafik 2: Bilanz eines Testsystems von E3/DC für März 2025: Nur 4 Prozent des Stroms wurden ungesteuert aus dem Netz bezogen. Der Nutzer hat mit Eigenstrom und optimiertem Strombezug rund 160 Euro eingespart.

Grafik: E3/DC

 Seit wann läuft das System bei Ihnen?

Wir haben mehrere Systeme seit einem Jahr am Laufen und wir haben mehrere Feldtest-Kunden. Unter anderem war ich einer der ersten. Wir können aber auch eine Backtracking-Simulation machen. Wir wissen ganz genau, wie gut bei einer bestimmten Anlagenkonfiguration die Prognose und die Einsparungen gewesen wären. Wir sehen bereits ganz klar, dass es funktioniert. Es gibt übrigens noch einen Grund, warum man den Reststrompreis halbieren kann. Ein großer Versorger benötigt bis zu 6 Cent pro Kilowattstunde an reiner Marge, weil damit hohe Vertriebskosten bezahlt werden. Die Smart Energy Provider mit den dynamischen Tarifen arbeiten für schmalere Margen.

Wie binden Sie Wärmepumpen ein?

Wir haben drei Konzepte. Im Konzept Nummer 1 steuern wir die Wärmepumpen gar nicht. Sie laufen wie ein Kühlschrank einfach mit, der Energiebedarf wird mit dem Haushaltsstrom prognostiziert. Wenn man einen großen Stromspeicher hat, kann man das so machen. Konzept Nummer 2 ist SG Ready. Das ist ja ein Standard-Interface, über das wir die Wärmepumpe mit dem Energiemanagement verbinden, dann kann sie eigenständig die Preisvorteile im Strommarkt nutzen. Das dritte Konzept haben wir mit der Energy Hub Alliance mit einer hochwertigen Cloudverbindung. Darüber gibt es eine Schnittstelle, mit der können wir die Wärmepumpen von Vaillant, Viessmann oder Stiebel Eltron steuern.

Grafik 3: Im Jahresverlauf: Einsparung durch Eigenstrom (grün), Einsparung durch Strombezug im dynamischen Tarif, optimiert durch das System von E3/DC mit dem Namen AI 360° (violett) und die verbleibenden geringen Kosten für den gesamten Energiebedarf (hellblau) in einem vollelektrischen Wohngebäude.

Grafik: E3/DC

Wie lösen Sie das Problem, dass Sie ein intelligentes Messystem, also einen Smart Meter benötigen?

Wir wollen als Bestandteil der Hager-Gruppe nicht als Messstellenbetreiber auftreten, wie das Wettbewerber machen. Deshalb arbeiten wir mit Inexogy zusammen. Das Unternehmen ist aus Discovery hervorgegangen. Der Kunde bestellt bei uns ein Hauskraftwerk und auf Wunsch den Smart Meter gleich mit. Unsere Installateure lassen sich schulen und bauen den Smart Meter mit dem Hauskraftwerk ein. Unser Portal ist mit dem von Inexogy gekoppelt. Die ganze Bestellstrecke läuft voll automatisiert. Bestandskunden bestellen entweder direkt bei Inexogy oder über uns – oder sie schließen direkt einen Stromvertrag mit zum Beispiel Ostrom oder Octopus Energy ab, die auch Zugang zu Smart Meter haben. Der Bestandskunde ist uns sehr wichtig, aber trotzdem es etwas aufwändiger, dort die Smart Meter auszurollen.

Man hört ja manchmal von hohen Einbaukosten?  

Für unsere Kunden ist der Smart Meter kostenlos. Wir verrechnen das mit dem Installateur. Aber sie müssen natürlich die handwerkliche Tätigkeit bezahlen. Wenn sie dafür vielleicht 400 bis 500 Euro bezahlen, ist das aber nicht so schlimm. Sie bekommen dafür pro Jahr 140 bis 160 Euro nach dem so genannten Modul 1 des Paragrafen 14a über Ihre Stromrechnung zurück. Ich bin inzwischen der Auffassung, dass, wer den Smart Meter nicht einbaut, die Energiewende blockiert. Die Anlagen müssen netzdienlich und marktdienlich werden. Auch mit Direktvermarktung.

Reden wir über die Direktvermarktung. Bisher haben wir über die Dynamisierung beim Strombezug gesprochen. Jetzt geht es darum, den Strom einzuspeisen, wenn er teuer ist – und über Direktvermarktung die Erlöse zu bekommen. Als Alternative zur festen Einspeisung mit Einspeisevergütung. Was ist der Stand?

Direktvermarktung war schwierig, weil es keine Smart Meter gab und keine Anbieter, mit denen man sie gut umsetzen konnte. Jetzt geht das, zum Beispiel mit Luox aus Berlin, ein Teil von Lumenaza. Dort schließen Sie einen Vertrag zur Direktvermarktung. Unser System optimiert dann auch die Einspeisung. Aber zunächst wird auf günstige Bezugskosten optimiert. In einem nächsten Schritt berechnen wir für die Energie, die übrig bleibt, die Erlöse aus der Direktvermarktung. Der Eigenverbrauch bleibt aber immer vorrangig gegenüber dem Verkauf.

Wichtig ist: Das grundlegende Problem des solaren Überangebots am Mittag muss abgemildert werden. Das kann über den Verteilnetzbetreiber und mit Smart Meter erfolgen, die Einspeiseleistung bleibt dann bei 100 Prozent, auch für Neukunden, die unter das Solarspitzengesetz fallen. Die Direktvermarktung ist in diesem Fall auch monetär die beste Lösung, denn unsere AI 360° verschiebt die Mittagsspitze bestmöglich, um die Erlöse zu optimieren. Neukunden ohne Smart Meter und ohne Direktvermarktung liegen bei 60 Prozent Einspeiseleistung, sie werden bei E3/DC auch ohne AI 360° ebenfalls über den Speicher optimiert, wie wir es seit Jahren tun. Diese Kunden sind aber erkennbar im Nachteil.

Bieten Sie nach wie vor eine bidirektionale Wallbox an, die man an das Hauskraftwerk anschließt?

Das waren die ersten Schritte mit Volkswagen und Ford, mit denen wir Kooperationen haben. Die Lösung ist aber teuer und wird in absehbarer Zeit durch eine bidirektionale DC-Wallbox für jedermann abgelöst. Wir werden dann ein wandhängendes Produkt haben, das bezahlbar, hocheffizient und mit unserer AI 360° Software kompatibel ist. Auf der ees Europe zeigen wir den aktuellen Entwicklungsstand dem Fachpublikum. Im weiteren Verlauf des Jahres werden wir die Kunden im Detail informieren.

pv magazine Focus 2025 an Tag 2 der Intersolar

Solarspitzengesetz, Paragraf 14a, zeitvariable Netzentgelte und andere Entwicklungen erhöhen die Anforderungen an Heim-Energiemanagementsysteme – und erhöhen die Mörglichkeiten, Erlöse und Energiepreise zu optimieren. Am 2. Tag  der Intersolar am 8. Mai geben wir beim pv magazine Focus in einer kompakten Session einen Marktüberblick und aktuelle Einblicke in Produkte und Installation

Datum: 8. Mai, 2025
Ort: The smarter E Europe, ICM Internationales Kongresszentrum München, Raum 13
Uhrzeit: 15 – 17 Uhr (Session 2)

Mehr Infos und kostenfreie Anmeldung

Ein anderes Thema. Wenn man den Batteriespeicher nutzt, um günstige dynamische Tarife auszunutzen oder um zeitversetzt einzuspeisen, altert er dadurch auch. Wie signifikant ist diese Alterung?

Ich schätze das vereinfacht ab. Sie haben 10.000 Kilowattstunden Verbrauch und 70 Prozent, also 7.000 Kilowattstunden kommen von der Photovoltaik-Speicheranlage, also der Direkt- und der Eigenverbrauch. Jetzt sind wir großzügig und nehmen an, dreieinhalbtausend Kilowattstunden laufen sowieso über den Speicher. Das wären 170 Zyklen. Wenn man dynamische Stromtarife nutzt, würden nach der Rechnung weitere 1500 Kilowattstunden über den Speicher laufen. Das heißt, wir erhöhen von Dreieinhalbtausend auf 5000 Kilowattstunden. Das sind 75 Zyklen mehr. Dadurch werden die Speicher nicht degradieren.

Wie lange halten die Speicher heutzutage?

Im Mittel 15 Jahre, wenn die Batterie im kalten Keller steht und bei Kälte nicht über Gebühr beansprucht wird. Es sind im Best Case 20 Jahre. Wenn der Betreiber wenig Rücksicht nimmt und viel lädt und entlädt, sind es im Rahmen der Garantiebedingungen im Worst case 10,5 bis 11 Jahre. Die stationären Speicher haben komfortabelste Bedingungen, weil sie bei uns nicht draußen, sondern in gedämmten Häusern stehen. Wir gehen davon aus, dass sie wirklich mindestens 15 Jahre halten.

Nochmal zur Direktvermarktung. Man hört, die Prozesse zur Anmeldung einer Anlage seien sehr bürokratisch und aufwendig.

So sieht es aus und das ist der Teil, den Inexogy und Luox machen. Manche Energieversorger arbeiten dagegen, weil sie massiv Kunden verlieren. Für sie ist es nicht gut, dass der Strom günstiger werden kann. Wir müssen uns für die einfacheren Prozesse einsetzen.

Wenn man es schafft, die Prozesse zu vereinfachen und wenn Anlagen unkompliziert in die Direktvermarktung gehen können, bekommt man den Solarausbau auf den Privathäusern ohne Förderung hin?

Ich sage mal: ja, klares Ja. Aber das Problem ist halt das Wörtchen „wenn“.

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