Das Wohnprojekt Schoonschip, ein Zusammenschluss von 30 schwimmenden Häusern mit 46 Wohnungen in einem Seitenarm des IJ-Kanals nahe Amsterdam, deckt seinen Energiebedarf zu einem großen Teil mit insgesamt 516 Solarmodulen sowie 60 Solarthermie-Kollektoren. Die 144 Bewohner, von denen die ersten im März 2019 eingezogen sind, betreiben ein Mikrogrid, zu dem unter anderem jeweils eine Wärmepumpe und ein Batteriespeicher für jedes der Häuser gehören. Abgesichert wird die Stromversorgung durch einen gemeinsam genutzten Netzanschluss mit 135 Kilowatt.
Das Fraunhofer-Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik ITWM aus Kaiserslautern ist seit 2018 durch die Integration seines Energiemanagementsystems Amperix an dem Projekt beteiligt. Das System – auf dem allgemeinen Markt von der ITWM-Ausgründung Wendeware vertrieben – soll den Eigenverbrauch maximieren und den Bezug von Netzstrom entsprechend minimieren. Hierzu gehört auch die Nutzung der Batteriespeicher zur Vermeidung von Netzbezugsspitzen und damit zur Reduzierung von Netznutzungsentgelten. Der nächste Schritt ist nun die mit Hilfe des Fraunhofer ITWM realisierte Anbindung an den Strommarkt. „Ziel ist es, die Energiegemeinschaft als flexibles virtuelles Kraftwerk zu positionieren, das in der Lage ist, sowohl Energie zu liefern als auch aufzunehmen“, heißt es in einer Mitteilung des Instituts.
Schoonschip nimmt hierbei zum einen dynamische Strompreise in Anspruch, die Energiegemeinschaft ist an den Day-Ahead-Markt angebunden und kann dessen Volatilitäten durch seine reichlich vorhandenen Flexibilitäten besonders gut nutzen. Das Fraunhofer ITWM hat hierfür eine preisoptimierte Steuerung entwickelt. Voraussetzung seien „präzise Prognosen der residualen Last beziehungsweise Einspeisung“, der gesamten Energiegemeinschaft „unter Berücksichtigung des Hausverbrauchs, der lokalen Erzeugung und des Energiebedarfs der Wärmepumpen“. Damit würde eine „rollierende Preisoptimierung der Batteriespeichereinsätze – bis zu 35 Stunden im Voraus“ kalkuliert. Die Speicher werden dabei mit Strom aus den Photovoltaik-Anlagen, aber auch mit möglichst günstig bezogenem Netzstrom geladen und in Zeiten hoher Stromhandelspreise entladen. „Anders als in Deutschland“, so das Fraunhofer ITWM, „ist in den Niederlanden auch der Verkauf von Energie ins Netz erlaubt“. Die Speicher ließen sich somit auch zur Einspeisung nutzen.
Zum anderen wird die Energiegemeinschaft mithilfe ihrer Batteriesysteme und des Energiemanagements nun auch am niederländischen Imbalance-Markt mit seinen viertelstündlich variierenden Preisen aktiv. Ein hierfür beauftragter Händler entscheidet „zu jeder Viertelstunde, ob es – manchmal auch nur für wenige Minuten – eine Vermarktungsmöglichkeit am Imbalance-Markt gibt“. Das Energiemanagementsystem müsse hierbei auch kontinuierlich gewährleisten, dass die Limitierungen des Schoonschip-Netzanschlusses phasenscharf eingehalten werden.
Matthias Klein-Schlößl, Leiter des Teams »Green by IT« am Fraunhofer ITWM, sieht das Projekt als Vorbild für einen Einsatz auf breiter Ebene: »Unsere Vision ist es, dass die Technologie nicht nur innerhalb der Schoonschip-Gemeinschaft, sondern auch für Privathaushalte und Unternehmen zugänglich wird. Alle, die über eine Photovoltaik-Anlage, einen Batteriespeicher oder andere Flexibilitäten wie Wärmepumpe und E-Fahrzeug verfügen, sollen in der Lage sein, sich anzuschließen und aktiv an verschiedensten Energie- und Flexibilitätsmärkten teilzunehmen.«
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