Wichtige Weichen für eine flexible Zukunft

Photovoltaik-Dachanlage, dunkle Wolken

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Wenn die Sonne scheint, dann erzeugen Photovoltaik-Anlagen viel Strom, der dann im Eigenheim verbraucht oder ins Stromnetz eingespeist wird. Dieser Strom belastet die Netze vor allem in den sonnenreichen Mittagsstunden. Daher hat die Bundesregierung es sich zur Aufgabe gemacht, der Belastung der Netze zu entgegenzuwirken. Das soll mit dem Solarspitzen-Gesetz nun umgesetzt werden, dass der Bundestag am Freitag noch verabschiedet hat. In der Theorie erweist sich das Gesetz auch als gut ausgearbeitetes Papier, welches bei vielen Anklang finden wird.

Bisherige Versäumnisse haben Vertrauen verspielt

Darin stehen unter anderem Punkte wie eine Entbürokratisierung der Direktvermarktung, eine flexiblere Steuerung von Bestandsanlagen oder die Kappung der Einspeisevergütung bei negativen Strompreisen. Alles Maßnahmen, die im Sinne einer zukunftsfähigen Solarbranche stehen und richtige Anreize für Photovoltaik-Anlagenbesitzer oder Kunden setzen. Dennoch entsteht im Markt eine gewisse Zurückhaltung. Sollen Kunden jetzt kaufen oder vielleicht doch lieber warten, bis alles in trockenen Tüchern ist?

Diese Zurückhaltung rührt nicht zuletzt aus den dürftigen politischen Entscheidungen der letzten Jahre. Es entstehen Flashbacks zur KfW 442-Förderung oder dem verpassten Resilienzbonus.

Alles politisches Kräftemessen der einzelnen Parteien, in dessen Zentrum die Solarbranche war. Das hat das Vertrauen in zukünftige Entwürfe zerstört.

Die Einspeisevergütung als Modell der Vergangenheit

Als die Einspeisevergütung im Jahr 2000 mit dem EEG eingeführt wurde, war sie ein notwendiges Instrument, um die damals teuren Photovoltaik-Anlagen wirtschaftlich attraktiv zu machen. Betreiber konnten ihren Strom zu Höchstpreisen ins Netz einspeisen und damit hohe Renditen erzielen.

Eine Strategie, die damals sinnvoll war, heute aber zunehmend an ihre Grenzen stößt. Mittlerweile hat sich der Markt radikal verändert: Solarmodule sind deutlich günstiger, der Eigenverbrauch steht im Fokus, und moderne Speichertechnologien ermöglichen es, Strom dann zu nutzen, wenn er gebraucht wird.

Vergessenes Potenzial: Warum der Umbau alter Volleinspeise-Anlagen als Chance gesehen werden sollte

Die aktuelle Einspeisevergütung bildet die Entwicklung in der Branche nur unzureichend ab und alte Volleinspeise-Anlagen belasten die Netze zu Spitzenzeiten stark. Ein entscheidender Punkt wurde im Solarspitzen-Gesetz nicht berücksichtigt: Die Möglichkeit, alte Volleinspeise-Photovoltaik-Anlagen auf Eigenverbrauch um- und mit Speichern nachzurüsten. Dabei könnte genau diese Maßnahme eine doppelte Entlastung bringen – sowohl für das Stromnetz als auch für den Bundeshaushalt, der die Förderung der EEG-Anlagen finanziert.

Viele Anlagen, die in den frühen 2000er Jahren mit hohen Einspeisevergütungen ans Netz gegangen sind, speisen ihren gesamten Strom nach wie vor ins Netz ein. Das macht heute jedoch immer weniger Sinn. Moderne Batteriespeicher ermöglichen es, Solarstrom direkt vor Ort zu nutzen und damit Netzspitzen zu vermeiden. Wäre der Umbau auf Eigenverbrauch offiziell erleichtert und gefördert worden, könnten diese Anlagen nicht nur weiter wirtschaftlich betrieben werden, sondern auch einen wertvollen Beitrag zur Netzstabilität leisten.

Doch stattdessen bleiben viele Betreiber in alten Strukturen gefangen, weil eine Umrüstung oft mit bürokratischen Hürden und finanziellen Nachteilen verbunden ist sowie im EEG eine einfache Weiter-so-Regelung vorgesehen ist. Dagegen hätte eine einfache Regelung, die den flexiblen Umbau erlaubt, hier Abhilfe schaffen können – und gleichzeitig die öffentliche Hand entlastet, die nach wie vor Einspeisevergütungen für Altanlagen zahlt.

Eine Reform der Vergütungsmodelle ist daher längst überfällig und das EEG in seiner jetzigen Form sollte definitiv überarbeitet werden.

Netzstabilität durch intelligente Steuerung

Eines der Hauptziele des Gesetzes ist es, Netzüberlastungen zu vermeiden, indem Einspeisung und Verbrauch besser aufeinander abgestimmt werden. Der Rollout von Smart Metern und die schrittweise Ausweitung der Direktvermarktungspflicht sind sinnvolle Maßnahmen, um Stromerzeugung flexibler zu gestalten. Besonders die Förderung des Eigenverbrauchs zeigt, dass Politik und Wirtschaft die Zeichen der Zeit erkannt haben: Solarstrom sollte möglichst dort genutzt werden, wo er produziert wird.

Eigenverbrauch als Chance – aber mit Unterstützung

Dass der Eigenverbrauch gestärkt wird, ist ein wichtiger Hebel für eine nachhaltige Stromversorgung. Wer mehr von seinem eigenen Solarstrom nutzt, entlastet die Netze und spart gleichzeitig Geld. Doch hier braucht es klare Rahmenbedingungen: Investitionen in Speicher und Energiemanagementsysteme müssen attraktiver werden, damit private Haushalte und Unternehmen ihre Solarenergie bestmöglich nutzen können.

Das Gesetz sieht vor, dass die Einspeisevergütung für Photovoltaik-Anlagen ausgesetzt wird, wenn die Strompreise an der Börse negativ sind. Um finanzielle Nachteile für die Betreiber gering zu halten, werden diese Zeiten am Ende der Förderdauer hinzugerechnet. Schon heute können Anlagenbetreiber Einspeisung zu Spitzenzeiten vermeiden und gleichzeitig ihren Eigenverbrauch automatisiert optimieren. Sogenannte Heim-Energiemanagementsysteme (HEMS) sorgen für die bestmögliche Nutzung des Solarstroms vom Dach und verringern die Einspeisung zu Spitzenzeiten.

Digitalisierung als Schlüssel zum Erfolg

Die geplante Flexibilisierung der Solaranlagen durch Smart Meter und digitale Steuerungssysteme ist grundsätzlich der richtige Weg. Doch es braucht einen schnellen und flächendeckenden Rollout, um die Vorteile voll auszuschöpfen. Zudem muss sichergestellt werden, dass Verbraucher von den neuen Technologien profitieren – durch faire Kostenverteilung und einfache Nutzungsmöglichkeiten.

In weiter Ferne: Energy-Sharing

Eine einfache Möglichkeit, die Stromnetze zu entlasten, ist das sogenannte Energy-Sharing. Österreich macht hier mit seinen Energiegemeinschaften vor, wie Nachbarn untereinander Strom handeln können und so den Strom in der Region verbrauchen, in der er produziert wird. Solche zukunftsweisenden Konzepte sind für Deutschland allerdings noch in weiter Ferne, obwohl es eine entsprechende EU-Richtlinie bereits seit 2019 gibt und sie längst in nationales Recht hätte umgesetzt werden müssen.

Fazit: Ein Schritt in die richtige Richtung – mit Luft nach oben

Das Solarspitzen-Gesetz ist ein wichtiger und richtiger Schritt hin zu einem modernen Strommarkt. Die verstärkte Steuerung der Einspeisung, die Förderung des Eigenverbrauchs und die Digitalisierung der Photovoltaik-Anlagen sind sinnvolle Maßnahmen, um Netzstabilität und Wirtschaftlichkeit in Einklang zu bringen. Es zeigt, dass die Politik die Herausforderungen der Energiewende erkannt hat und aktiv an Lösungen arbeitet. Mehr noch als in der Vergangenheit sind Besitzer von Photovoltaik-Anlagen angehalten, ihren Eigenverbrauch möglichst hochzuhalten.

Doch einige Punkte bleiben mit dem neuen Solarspitzen-Gesetz offen und damit das Potenzial wieder nicht voll ausgeschöpft.

Sabrina Heerklotz, Enerix— Die Autorin Sabrina Heerklotz ist Diplom-Ingenieurin für Elektrotechnik, leitende Angestellte in der Enerix-Systemzentrale und Projektleiterin für Energiemanagement bei Enerix. —

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