Irena: Weltweit mehr Investitionen in Erneuerbare nötig und nicht auf Atomenergie hoffen

Robert Habeck, Annalena Baerbock, Berlin Energy Transition Dialogue 2024 in Berlin, 19.03.2024.

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2023 erreichte der weltweite Zubau an erneuerbarer Energieproduktion mit 473 Gigawatt einen neuen Rekord. Das ist das Ergebnis einer Studie, die die Internationale Agentur für Erneuerbare Energien (International Renewable Energy Agency, Irena) anlässlich der Eröffnung des Berlin Energy Transition Dialogue BETD in Berlin am Dienstag veröffentlichte. Dieser tagt zum zehnten Mal im deutschen Außenministerium. Nach Angabe der Veranstalter kommen Teilnehmer und Delegationen aus mehr als 75 Ländern zusammen.

Ab jetzt bis zum Jahr 2030 muss der jährliche Zubau im Durchschnitt mehr als doppelt so hoch als jetzt gemeldet liegen, um die Ziele der letzten internationalen Klimakonferenz COP28 zu erreichen, stellen die Studienautoren fest. Die Staaten haben auf der COP28-Klimakonferenz in Dubai letztes Jahr beschlossen, die Energieeffizienz bis 2030 zu verdoppeln und die Installation von erneuerbaren Energien zu verdreifachen, um das 1,5 Grad-Ziel einhalten zu können.

Zubau an erneuerbarer Erzugungsleistung in 2023. Der Anteil der Photovoltaik beträgt nach der Irena-Studie 73 Prozent an den 473 Gigawatt.

Grafik: Irena

„Wir haben die Rolle des Wächters über die Zahlen“, sagte Irena-Generaldirektor Francesco La Camera in Berlin.  Um die COP28-Ziele zu erreichen, müssen bis 2030 weitere 7,5 Terawatt zugebaut werden, was 1100 Gigawatt pro Jahr entspricht, heißt es in dem Report. Eine große Herausforderung sei, dass die jährlichen Investitionen in die erneuerbare Erzeugung  von 570 Milliarden US-Dollar auf 1550 Milliarden US-Dollar im Durchschnitt der nächsten Jahre steigen müssen.

„Der hohe Zubau in letztem Jahr ist ein Erfolg“, sagt La Camera. „Doch wir brauchen trotzdem eine rasche Veränderung“, sagt er. Ohne rasches Eingreifen der Politik sei das vereinbarte Ziel nicht erreichbar. Dabei gehe es nicht nur um Investitionen in die erneuerbare Energieproduktion, sondern auch in die Infrastruktur wie Netze und Speicher und die Qualifizierung der Menschen, die die Energiewende umsetzen. Insgesamt seien letztes Jahr zwar mehr als zwei Billionen US-Dollar in die Energiewende investiert worden.  Doch die Investitionen seien ungleich verteilt. Nur 15 Prozent seien in die 120 Entwicklungsländer geflossen, in die afrikanischen Länder südlich der Sahara weniger als 1,5 Prozent. Gleichzeitig seien 1,3 Billionen US-Dollar in die Subventionen fossiler Energie geflossen. „Es ist so evident“, sagt La Camera. „warum geben wir unseren finanziellen Institutionen nicht die Priorität, das Geld für die Infrastruktur in Afrika zu verwenden“.

Die internationale Agentur für erneuerbare Enegien hat laut Generaldirektor eine Wächterrolle bezüglich der Ziele, die auf der Klmaschutzkonferenz COP28 beschlossen wurden.

Grafik: Irena

Atomenergie keine Lösung

Atomenergie werde das Problem übrigens nicht lösen, sagte la Camera. Bisher seien 371 Gigawatt an nuklearer Kraftwerkskapazität installiert, weniger als es in 2023 an erneuerbarem Zubau gab. Selbst wenn die Leistung der Atomkraftwerke bis 2050 verdreifacht werde, könne sie nur zu vier Prozent zur Erzeugung beitragen.

Fatih Birol, Exekutivdirektor der internationalen Energieagentur IEA betonte auf der Berliner Veranstaltung, genauso wie Francesco La Camera, dass die größte Herausforderung darin liege, die Investitionen zu erhöhen. Das sei ein wesentliches Thema für die nächste Klimakonferenz COP29, die im November in Aserbeidschan stattfinden wird. Immerhin hätten sich die jährlichen Investitionen in erneuerbare Energien seit 2015 bereits verdoppelt. Für Deutschland hatte er die Botschaft, dass es zwar ein großer Erfolg sei, die Emissionen um zehn Prozent gesenkt zu haben. Doch ein Teil stehe mit den hohen Energiepreisen und dem Rückgang der Produktion in Zusammenhang. Die Herausforderung sei, dass wenn 2025 große Mengen an Flüssiggas unter anderem aus Katar auf den Markt kommen und Preise weiter sinken, auch die Emissionen weiter sinken.

1,5-Grad-Ziel noch erreichbar

Auf der Pressekonferenz kam die Frage auf, ob das 1,5-Grad-Ziel nicht bereits gerissen sei. „Wir sind auch der Meinung, dass wir kurz davor sind, die Linie zu überschreiten“, sagt Francesco La Camera. Daher fordere Irena ein rasches Handeln. Trotzdem warnt er: „Wenn wir dieses Ziel verlieren, verlieren wir unsere Fähigkeit, gegen den Klimawandel zu kämpfen.“

Allerdings ziehen auch Politiker bereits in Betracht, dass der Umstieg auf erneuerbare Energien nicht schnell genug erfolgt. Ein Standbein in der Strategie sei, so Stefan Wenzel, parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Optionen für langfristige negative Emissionen zu erschließen. „Darüber hinaus wird es aber auch notwendig sein, der Atmosphäre CO2 zu entnehmen und dauerhaft zu speichern“, heißt es einem kürzlich vom Ministerium veröffentlichten Eckpunkte-Papier dazu.

Jennifer Morgan, Staatssekretärin im Außenministerium betonte, dass der Berlin Energy Transition Dialogue den Charakter einer Umsetzungskonferenz habe, nachdem COP28 das Ziel vorgegeben habe. „Auf dem Berlin Energy Transition Dialogue kommt die Welt zusammen“, sagte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne). „Denn wir wollen voneinander lernen.“ Uruguay schaffe es teilweise heute schon, 98 Prozent seines Stroms aus Erneuerbaren zu generieren. Oman baue mehrere Mega-Solarprojekte mit Strom für zehntausende Haushalte. Und in Namibia entstehe eine der weltweit größten Anlagen zur Herstellung von grünem Ammoniak, so die Außenministerin. Das verleihe der Zusammenarbeit beim Zukunftskraftstoff Wasserstoff einen weiteren Schub.

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