Aufbau von 30 Gigawatt Photovoltaik-Produktionskapazitäten bis 2025 ist zu schaffen

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pv magazine: Es gibt ja bereits seit einiger Zeit die Bemühungen, eine Wiederbelebung der Solarindustrie in Europa und Deutschland zu erreichen. Was hat sich diesbezüglich in diesem Jahr getan?

Andreas Bett: Erfreulicherweise war 2022 ein gutes Jahr, um die Wiederbelebung der Solarindustrie voranzubringen. Zunächst wurde durch die Ankündigung der neuen Bundesregierung, dass es ihr mit dem Ausbau der Photovoltaik in Deutschland ernst ist und bis 2030 215 Gigawatt installiert werden sollen, eine Sicherheit für den wachsenden Markt gegeben, der somit politisch gut flankiert ist. Das ist ja neu gegenüber der Vorgänger-Regierung. Unterstützt wird dies durch die Ausbauzahlen anderer europäischer Länder und dem EU Green Deal in der Gesamtheit. Es gibt somit einen Heimatmarkt – das ist nicht mehr anzuzweifeln und hilft für mögliche Investitionen bei der Produktion.

Auch der Ausbruch des Ukraine-Krieges dürfte keine unwesentliche Rolle gespielt haben?

Durch den Ukraine-Krieg und die damit sichtbar gewordene Abhängigkeit im Gasbereich von Russland wurde der Politik klar vor Augen geführt, was Abhängigkeiten im Energiebereich bedeuten. Darauf habe ich bereits 2018 in meinem White Paper hingewiesen. Dies wurde jedoch nie wirklich diskutiert und beachtet. Nun ist dies komplett anders. Die Politik anerkennt die Notwendigkeit der technologischen Souveränität für die Photovoltaik und ist bereit zu unterstützen. Der von Minister Habeck im April begonnene STIPE Prozess ist ein Ausdruck für diese Bereitschaft. Auch in Europa ist klargeworden, dass die Resilienz des Energiesystem auf der technologischen Souveränität aufbaut.

Die kürzliche gegründete Solar PV Industry Alliance zielt auf 30 Gigawatt Produktionskapazitäten bis 2025 ab. Ist das realistisch zu schaffen und welche Rahmenbedingungen bräuchte es dafür?

Ein klares Ja – es ist zu schaffen. Aber es bedarf großer Anstrengungen und Beschleunigungen im administrativen Bereich. Industrieflächen müssen unbürokratisch und schnell mit den notwendigen Genehmigungen zur Verfügung gestellt werden. Günstige Kredite und direkte Unterstützung sind ebenso notwendig. Es ist dabei auch wichtig, die gesamte Wertschöpfungskette aufzubauen. Die Industrie ist ebenso gefordert. Man muss sich zusammenraufen und den Aufbau priorisieren.

Die USA haben mit ihrem Inflation Reduction Act (IRA) eine Gesetzgebung geschaffen, die Investitionen im Land für Hersteller sehr attraktiv macht. Wie bewerten Sie das, ist das eine Gefahr oder eine Chance für den Wiederaufbau der Solarindustrie in Europa?

Der IRA in den USA stellt in der Tat eine gewisse Gefahr für die Wiederbelebung der Photovoltaik-Produktion in Europa dar. Westlich orientierte Firmen könnten ihre Finanzmittel und ihre Kapazitäten auf die USA ausrichten und es bleibt dann kein Spielraum mehr, dass Ressourcen in Europa eingesetzt werden. Ich nehme wahr, dass die Politik dies auch als Gefahr sieht und ich erwarte entsprechende Reaktionen. Diese müssen allerdings sehr schnell erfolgen. Dann kann der IRA in den USA sich auch positiv auf die Entwicklung in Europa auswirken. Auch hier gilt wie für China: es sollte ein level playing field geben. Sonst funktioniert der Markt nicht. Europa wäre der langfristige Verlierer.

Erwarten Sie, dass sich im kommenden Jahr etwas auf politischer Ebene in Deutschland und Europa bewegt, dass wieder mehr Hersteller in Produktionen hierzulande investieren? Und was wäre aus ihrer Sicht die dringlichste Änderung, die geschafft werden muss, damit wir wirklich neue Produktionen im Gigawatt-Maßstab in Deutschland und Europa sehen?

Ja, ich blicke optimistisch ins kommende Jahr. Die Politik muss den Rahmen schaffen, dass Investitionen im Photovoltaik-Bereich getätigt werden. Zentral dazu sind: Erstens, eine schnelle Reaktion auf administrativer Ebene beim Aufbau der Industrie. Zweitens, Zugang zu Finanzierung, sowohl direkte Aufbausubventionen als auch De-Risk bei Kapitalaufnahme. Drittens braucht es gesicherte niedrige Stromkosten – Stichwort OPEX-Sicherheit – für den energieintensiven Part in der Wertschöpfungskette und viertens Abnahmegarantien bei Wettbewerbsverzerrung, die auch über einen CO2-Footprint umsetzbar sind.

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