Treibhausgasemissionen sanken 2022 in Deutschland um 1,9 Prozent

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Das Umweltbundesamt (UBA) hat seine Prognose für die CO2-Emissionen im Jahr 2022 veröffentlicht. Sie sanken gegenüber 2021 leicht um rund zwei Prozent. Aufgrund der Folgen des russischen Angriffskriegs habe er mit schlechteren Zahlen gerechnet, so Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Agora Energiewende zufolge wurde der Rückgang nicht durch Klimaschutzmaßnahmen erzielt, sondern durch Energiespareffekte und Produktionsrückgänge.

2022 wurden in Deutschland rund 746 Millionen Tonnen Treibhausgase freigesetzt.

Grafik: UBA

Im Sektor Energiewirtschaft sind die Treibhausgasemissionen um 4,4 Prozent auf 256 Millionen Tonnen CO2 gestiegen. Grund ist der vermehrte Einsatz vor allem von Stein- und Braunkohle zur Stromerzeugung. Der Anstieg der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien um neun Prozent gegenüber 2021 konnte den Effekt einschränken, so das UBA.

Im Sektor Industrie sanken die Emissionen 2022 um 10,4 Prozent auf 164 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente. Dies habe an den stark gesunkenen Energieeinsätzen infolge des Krieges in der Ukraine gelegen. Damit sanken auch die teilweise die Produktionszahlen, insbesondere bei den energieintensiven Industrien.

Im Verkehr wurden im Jahr 2022 rund 148 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente ausgestoßen. Das ist ein Anstieg von 0,7 Prozent gegenüber 2021. Gleichzeitig verfehlte der Verkehrssektor die im Bundesklimaschutzgesetz für 2022 zulässige Jahresemissionsmenge von 138,8 Millionen Tonnen. Die Gründe sieht das UBA in dem Anstieg des Verkehrs nach Corona und im Tankrabatt.

Bei den Gebäuden wurden die Emissionen um 5,3 Prozent auf rund 112 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalenten reduziert. Das lag an Energieeinsparungen aufgrund gestiegener Preise und der milden Witterung, so das UBA. Allerdings konnte der Gebäudesektor – ebenso wie der Verkehr – die geplante Jahresemissionsmenge nicht einhalten. Sie liegt bei 107,4 Millionen Tonnen.

UBA⁠-Präsident Dirk Messner verwies darauf, dass nun pro Jahr sechs Prozent Emissionen gemindert werden müssen, um die Ziele der Bundesregierung bis 2030 zu erreichen. „Seit 2010 waren es im Schnitt nicht einmal zwei Prozent. Trotz des insgesamt rückläufigen Energieeinsatzes vor allem in der Industrie hat sich der Anstieg der Treibhausgasemissionen aufgrund des erhöhten Einsatzes von Stein- und Braunkohlen in der Energiewirtschaft seit dem Sommer 2022 abgezeichnet.“ Dem müsse die Bundesregierung jetzt mit einem⁠ wirksamen Programm entgegenwirken. „A & O ist ein wesentlich höheres Tempo beim Ausbau der erneuerbaren Energien.“ Die Menge an erneuerbarem Strom wuchs 2022 um knapp neun Prozent und deckt nun 46,2 Prozent des deutschen Bruttostromverbrauchs, 2021 waren es 41,2 Prozent. Dabei verzeichnete die Stromerzeugung aus Photovoltaik-Anlagen einen Anstieg um 23 Prozent.

Erneuerbarer Strom deckte 2022 46,2 Prozent des deutschen Bruttostromverbrauchs ab.

Grafik: UBA

„Deutschland tritt bei der Reduktion von Treibhausgasemissionen weiterhin auf der Stelle“, so Simon Müller, Direktor Deutschland von Agora Energiewende. „Der leichte Emissionsrückgang, den Deutschland im Jahr der fossilen Energiekrise verbucht, ist in erster Linie auf Energiespareffekte und Produktionsrückgänge in der energieintensiven Industrie zurückzuführen – nicht auf Klimaschutzmaßnahmen.“ Deutschland müsse bis 2030 jährlich rund 40 Millionen Tonnen CO2 einsparen, also zweieinhalb Mal so viel wie 2022. „Dafür braucht es echten Klimaschutz in allen Wirtschaftsbereichen: vom Ausbau der Wind- und Solarenergie über die sozial gerechte Wärmewende bis hin zu einer Elektrifizierungsoffensive für die Industrie. Im Verkehrssektor gilt es das längst überfällige Klimaschutz-Sofortprogramm schleunigst zu verabschieden.“

Positiv überrascht von den Zahlen zeigte sich Wirtschaftsminister Habeck: „„Die heutigen Zahlen spornen an und überraschen teilweise sogar. Ich hatte angesichts der Folgen des russischen Angriffskriegs mit schlechteren Zahlen im Energiebereich gerechnet. Denn schließlich haben wir im letzten Jahr eine Menge alter Kohlekraftwerke ans Netz nehmen müssen. Dass wir trotzdem im Energiebereich die Vorgaben des Klimaschutzgesetzes weitestgehend einhalten, liegt maßgeblich an der neuen Dynamik beim Ausbau erneuerbarer Energien.“ Angesichts des Anstiegs des Anteils erneuerbarer Wärme am gesamten auf 17,4 Prozent erklärte er: „Im Wärmebereich sind wir zwar nicht da, wo wir sein sollten und sein wollen, aber man sieht auch hier, dass Maßnahmen wie Sanierungen und der beginnende Hochlauf der Wärmepumpen wirken.“ Es gelte, in allen Handlungsfeldern „ohne Zögern den Klimaschutz zu verstärken und das mit konkreten Maßnahmen“.

Auch Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie, verwies darauf, dass trotz des Einsatzes von fossilen Rohstoffen der Energiesektor seine Ziele erreichen konnte. „Das lag auch und vor allem an den erneuerbaren Energien.“ Im Verkehr sei die Wende jedoch weiter nicht in Sicht. „Gerade für diesen Sektor wäre es wichtig, bei dem bislang unzureichenden Klimaschutz-Sofortprogramm nochmals nachzulegen, um die klaffende Klimalücke zumindest ansatzweise zu schließen und auf EU-Ebene das Verbrenner-Aus mitzutragen, anstatt die anderen EU-Staaten zu brüskieren“, so Peter. Bezogen auf den Gebäudebereich meinte sie: „Die 65-Prozent-Vorgabe für Erneuerbare Energien in neuen Heizungen darf nicht aufgeweicht werden. Auch hier ist der gesamte erneuerbare Mix aus Wärmepumpen, Solarthermie, Geothermie, Holz und Biogas zu mobilisieren.“

„Angesichts der Vielzahl an Vorgaben und Regelungen brauchen wir einfache, einheitliche und pragmatische Lösungen“, so die Hauptgeschäftsführerin des Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft Kerstin Andreae. Wie sich die Wärmewende beschleunigen lasse, „können die Kommunen vor Ort zusammen mit den Energieversorgern und anderen Stakeholdern am besten entscheiden“. Dabei dürften Hauseigentümer „weder mit komplexen Anforderungen verunsichert noch finanziell überfordert werden.“ Die Dekarbonisierung des Verkehrssektors könne nur mit „einer Stärkung des Fahrzeugangebots gelingen: mehr bezahlbare E-Automodelle mit akzeptablen Lieferfristen.“

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