EU-Emissionshandel verschärft: Kostenlose Zuteilung fällt und CO2-Grenzausgleich kommt

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Der europäische Emissionshandel wird abermals verschärft und auch auf den Verkehrs- und Gebäudesektor ausgeweitet. Darauf einigten sich die Abgeordneten des Europaparlaments, der Ministerrat und die EU-Kommission Samstagnacht in Brüssel.

„Die EU geht voran beim Klimaschutz und beweist Entschlossenheit – aller Krisen zum Trotz“, sagt Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz Robert Habeck. „Die europäische Klimapolitik stellt sicher, dass wir in der EU den Weg zur Klimaneutralität gemeinsam gehen, und sie setzt Maßstäbe für die Umsetzung von Klimapolitik weltweit.“

Emissionshandel für die die Industrie verschärft

Zu den neuen Eckpunkten der europäischen Klimapolitik gehört eine Reduktion der Anzahl der Emissionszertifikate im europäischen Emissionshandel ETS. Demnach soll von 2024 bis 2027 die Menge an Zertifikaten im Umlauf, jährlich um 4,3 Prozent verringert werden. Von 2028 bis 2030 soll die Menge jährlich um 4,4 Prozent fallen.

Zusätzlich einigten sich die Abgeordneten und die Regierungen der Mitgliedstaaten auf eine einmalige Reduktion der Zertifikate um 90 Megatonnen Kohlendioxid im Jahr 2024. Im Jahr 2026 folgt eine weitere einmalige Reduktion der Zertifikate um 27 Megatonnen Kohlendioxid.

Diese stetige Reduktion der handelbaren Zertifikate entspricht einer CO2-Einsparung von 62 Prozent in der Industrie bis 2030 im Vergleich zu 2005. Damit liegt die Einigung sogar noch ein Prozent über dem Kommissionsvorschlag und ist eine deutliche Verschärfung der bisher geltenden Regelung, die nur 43 Prozent Minderung vorsah. Bis 2024 soll auch der Seeverkehr in den Emissionshandel mit einbezogen werden. Damit decke der Emissionshandel ETS-I die Hälfte der europäischen Emissionen ab, wie es aus dem Bundeswirtschaftsministerium heißt.

Kostenlose Zuteilung abgeschafft

Verschärfend wirkt auch, dass die kostenlose Zuteilung von Zertifikaten an die Luftfahrt, aber auch an exportstarke Schlüsselindustrien wie Zement-, Chemie- oder Stahlindustrie schrittweise verschwinden wird. Einige Industriesektoren erhielten kostenlose Zertifikate entsprechend ihrer Exportmenge, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit dieser Unternehmen sicherzustellen. So erhalten Unternehmen, die bisher von der kostenlosen Zuteilung profitierten, ab dem Jahr der Einführung 2,5 Prozent weniger Zertifikate kostenlos zugeteilt. Bis 2034 soll die kostenlose Zuteilung komplett verschwunden sein.

 

JahrReduktion kostenloser Zertifikate
20262,5 Prozent
20275 Prozent
202810 Prozent
202922,5 Prozent
203048,5 Prozent
203161 Prozent
203273,5 Prozent
203386 Prozent
2034100 Prozent

CO2-Grenzausgleich eingeführt

Damit europäische Unternehmen ihre Wettbewerbsfähigkeit dennoch halten können, plant die EU den CO2-Grenzausgleich einzuführen. Dabei handelt es sich um eine Art Kohlenstoff-Einfuhrzoll, der Waren die nach Europa eingeführt werden, gemäß ihrer Emissionen besteuert. So sollen Waren aus Ländern mit klimaschädlicher Energieversorgung nicht zu unfairen Preisen angeboten werden können.

Zum Jahr 2026 soll der Mechanismus schrittweise eingeführt werden und bis 2034 seine volle Wirkung entfalten. Anfänglich kommt der Grenzausgleich im Stromsektor sowie einigen Schwerindustriellen Sektoren zum Einsatz. Dazu gehören Eisen und Stahl, Aluminium, Zement, Düngemittel und Wasserstoff. Nach und nach soll die Anzahl der vom Grenzausgleich erfassten Produkte steigen. Noch vor der Einführung 2026 soll die Kommission die wirtschaftlichen Effekte des Wechsels von kostenlosen Zuteilungen zum Grenzausgleich untersuchen. Falls notwendig, sollen weitere Maßnahmen beschlossen werden, um die Wettbewerbsfähigkeit zu sicher zu stellen.

„Diese Vereinbarung wird einen enormen Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels zu geringen Kosten leisten“, sagt Peter Liese, Mitglied des Europäischen Parlaments, EVP-Fraktion. „Sie wird den Bürgern und der Industrie in schwierigen Zeiten eine Atempause verschaffen und der europäischen Industrie ein klares Signal geben, dass es sich lohnt, in grüne Technologien zu investieren.“

Emissionshandel ETS-II für Verkehr und Gebäude

Beim sogenannten ETS-II, der in Zukunft Emissionen im Verkehr und im Gebäudesektor, handeln soll, beschlossen die drei EU-Organe die Einführung erst zum Jahr 2027. Das ist ein Jahr später, als die Kommission ursprünglich vorgeschlagen hatte. Der Vereinbarung zufolge sollen in diesen beiden Sektoren die Emissionen bis 2030 um 43 Prozent im Vergleich zum Referenzjahr 2005 fallen. Das soll erreicht werden, indem die Emissionszertifikate jährlich um 5,1 Prozent und ab 2028 um jährlich 5,38 Prozent fallen. Kostenlose Zuteilungen von Zertifikaten sind diesem Emissionshandelsmodel nicht vorgesehen.

Klimasozialfonds

Um einkommensschwache Haushalte und Kleinstunternehmer angesichts gestiegener Preise an den Tankstellen und beim Heizen nicht noch weiter zu belasten, einigte sich der Trilog auf einen Ausgleichsfonds. Der EU-Fonds ist mit 86 Milliarden Euro ausgestattet und hat eine Laufzeit von 2026 bis 2032. Etwa 65 Milliarden Euro davon sollen aus den Einnahmen des Emissionshandels bereitgestellt werden. Die Differenz wenden die Mitgliedstaaten aus eigenen Haushaltsmitteln auf. Mittels eines Verteilungsschlüssels findet auch ein europaweiter Ausgleich zwischen den Mitgliedstaaten statt.

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