Varta läutet Generationswechsel bei Batteriespeichern ein

Varta, Heimspeicher

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Dominik Gluba ist General Manager Energy Storage bei Varta

Foto: Varta

pv magazine: Sie haben auf der Intersolar die neue Batterie „Varta.wall“ vorgestellt. Das ist eine Batterie zur Verwendung mit handelsüblichen Batterie- oder Hybridwechselrichtern. Bisher haben Sie nur Speichersysteme angeboten, die auch die Leistungselektronik enthalten. Warum nun die Entscheidung zur reinen Batterie?

Dominik Gluba: Ich sehe zwei Segmente im Markt: Zum einen die Batterien mit integrierten Batterie-Wechselrichtern, diese machen über den Daumen gepeilt 30 bis 40 Prozent des Marktes aus. Zum anderen die DC-Speichersysteme. Vor zweieinhalb Jahren mussten wir uns entscheiden, ob wir die bestehende Generation unserer Speicher durch eine neue Generation ersetzen, oder ob wir auch in das DC-Speichersegment gehen. Wir haben uns für Letzteres entschieden und die bisherigen Produkte durch entsprechende Produktpflege „up-to-date“ gehalten.

Dahinter steht also die Einschätzung, dass die DC-Systeme die Zukunft sind?

Wir werden auch zukünftig beides anbieten. Auf unserer Roadmap stehen natürlich weiterhin integrierte Energiespeichersysteme. Es gibt jedoch viele Kundeninstallationen, bei denen DC-Systeme Vorteile haben. In Zukunft wird All-in-one bei uns auch hybrid, also DC, sein. Aber wir glauben auch daran, dass wir als Battery-Brand Varta die bisherige Lücke im Energy-Storage-Portfolio schließen müssen, um Kundinnen und Kunden eine Alternative mit Batterien made in Germany zu geben. Bisher gab es aus unserer Perspektive keine ernstzunehmende Alternative zu BYD, die in diesem Segment Marktführer sind. Da wollen wir uns stark positionieren.

In dem pv magazine-Webinar mit Varta im Mai  haben Ihre Kollegen gesagt, dass der Trend zu effizienten Hochvoltspeichern von allen durch die Verkaufszahlen der Hybrid-Wechselrichter begründet ist. Woran liegt das?

Wer ein Haus mit Photovoltaik und Speicher nachrüsten will, sucht eine möglichst effiziente Lösung. Die Hybrid-Wechselrichter und DC-Speichersysteme sind da ein Game Changer. Sie sparen hier ein Gerät im Vergleich zur AC-Lösung. Diese ist wiederum zur Nachrüstung besser. Die Hybrid-Wechselrichter helfen auch, wenn man wegen der Investitionssumme noch Bedenken hat, da man die Batterie auch später anschließen kann.

Man hört oft das Argument, dass es dann manchmal ein Garantiegerangel gibt, wenn eine Firma die Batterie verkauft und die andere den Wechselrichter. Während bei All-in-one-Systemen der Vorteil ist, dass es eine Garantie gibt.

Grundsätzlich teile ich die Einschätzung, dass es gut ist „one face to the customer“ zu haben. Deswegen haben wir uns bisher teilweise auch für All-in-one-Systeme entschieden. Wenn wir jetzt mit europäischen Wechselrichterherstellern wie SMA oder Kostal sprechen, mit denen wir auch den Markt-Roll-out planen, dann ist das ein großes Thema. Wir planen gegenseitige Servicekonzepte, so dass ein Kunde immer gut versorgt wird. Das heißt, dass er einen Ansprechpartner hat und dass sein Anliegen in einer zufriedenstellenden Zeit gelöst wird.

Wann im nächsten Jahr wird es den Roll-out des neuen Speichers geben?

Unser Ziel ist die zweite Jahreshälfte. Wir sind aktuell sehr gut im Projektplan.

Sind Sie zuversichtlich, dass in der zweiten Hälfte nächstes Jahr alle Komponenten verfügbar sein werden,  bei Ihnen und bei Ihren Wechselrichterpartnern?

Die gesamte Branche hat nun seit Jahren und besonders im Moment mit der Bauteilversorgung zu kämpfen. So auch unsere Wechselrichter-Partner, die, ähnlich wie wir, teilweise große Herausforderungen mit der Beschaffung von Halbleitern haben. Für uns haben wir die so genannten Langläuferkomponenten für die Anlaufphase der Produktion im zweiten Halbjahr gesichert. Materialseitig sind wir dann produktionsfähig. In der jetzigen Lieferkettensituation ist aber nichts auszuschließen. Aber ich bin für unsere Komponenten sehr zuversichtlich.

Wie sieht es mit der Verfügbarkeit der bereits existierenden Komponenten aus? Kann man im Augenblick Varta-Speicher kaufen?

Ja, Varta-Speicher kann man kaufen. Wir haben ja zwei Systeme: den „Varta pulse neo“ und den „Varta element backup“. Der „pulse neo“ hat etwas kürzere Lieferzeiten, der „element backup“ etwas längere. Man muss im Moment zwar einige Monate warten, bis das System ausgeliefert wird, wir haben aber teilweise auch noch fürs nächste Jahr Mengen zu verteilen, weil wir unsere Produktion massiv ausgebaut haben.

Sie haben ja eben schon zwei Partner für die „Varta.wall“ genannt, mit deren Hybrid-Wechselrichter die Batterie betrieben werden kann. Ist zu erwarten, dass es auch asiatische Hersteller als Partner geben wird?

Wir konzentrieren uns zunächst auf die zwei genannten und einen weiteren europäischen Partner. Das ist auch eine bewusste Entscheidung, dass wir Schritt für Schritt in den Markt kommen. Aber langfristig möchte ich das nicht ausschließen.

Kommen wir zu den technischen Details des Produkts. Wie schmal ist es und warum ist es Ihnen so wichtig, dass es so schmal ist?

Mit zehn Zentimetern Bautiefe passen wir standardmäßig hinter die Tür. Baufläche und Bauraum werden immer begrenzter, wenn man neu baut, weil Fläche teuer ist. Daher haben wir uns dazu entschieden, bestehenden Raum möglichst gut auszunutzen. Das ist in Hauswirtschaftsräumen und in Gebäudetechnikräumen hinter einer Tür. Ein zweiter Grund ist, dass das System in der Garage aufstellbar ist und dass auch da der Platz knapp ist. Dort kann man das System zum Beispiel an der Seitenwand montieren und man kommt mit dem Auto trotzdem noch rein.

Eine Aufstellung in der Garage ist nicht outdoor. Trotzdem, welche Spezifikationen benötigt eine Batterie, damit sie in der Garage aufgestellt werden darf?

Ich würde es schon outdoor nennen. In der Garage haben wir zwei Herausforderungen: den im Vergleich zum Keller größeren Temperaturbereich und eine höhere Luftfeuchte von oft weit über 70 Prozent. Das muss ein System langfristig vertragen.

Ihr Speicher ist auf minus zehn Grad Minimaltemperatur spezifiziert. Muss man heizen, wenn es kälter wird, oder reicht es, dass das Gerät abschaltet?

Er verträgt auch niedrigere Temperaturen und passt seine Leistung auf Basis der Zelltemperatur an. Wenn die Mindesttemperatur unterschritten wird, lässt er keine Leistung mehr zu. Wird es wärmer, ist er wieder betriebsfähig.

Sie betonen, dass das Produkt ein Aludruckgussgehäuse hat. Was hat es damit auf sich und warum halten Sie das für wichtig?

Wir wollten möglichst viel Ressourcen sparen. Dazu dient das Aludruckgussgehäuse, denn dadurch reicht ein einziges Gehäuse aus. Sonst sieht man oft Gehäuse in Gehäuse. Wettbewerbsprodukte haben beispielsweise ein Gehäuse, in dem sich Batteriemodule mit eigenen Gehäusen befinden, in denen die Batteriezellen fest eingepackt sind. Wir haben das Aludruckgussgehäuse, in dem die Zellen direkt an der Außenwand befestigt sind. Das spart Material und trägt zur geringen Bautiefe des Speichers bei. Gleichzeitig ist das Gehäuse eine Art Wärmesenke, das heißt, die Zellen sind thermisch angebunden. Wir führen durch unsere Konstruktion Wärme über das Gehäuse ab und haben Tests gemacht, die zeigen, dass es in verschiedenen Transport- und Aufbauszenarien verbindungssteif ist.

Was für Propagationstests haben Sie gemacht?

Im ersten Schritt nutzen wir die übliche Methode, gehen dann aber deutlich darüber hinaus. Das bedeutet, wir stechen eine Zelle mit einem Nagel an und prüfen dann, ob sich die Beschädigung auf weitere Zellen im Modul auswirkt. Zusätzlich stechen wir zwei Zellen nebeneinander an, was in der Norm nicht gefordert ist. Das machen wir bei diversen Umgebungstemperaturen, sodass wir die wirklichen Umweltbedingungen abbilden. Die Tests waren sehr positiv. Wenn eine Zelle beschädigt wird, bleibt es bei dieser einen Zelle. Selbst wenn ich eine Zellhavarie habe, was statistisch durch eine beschädigte Zelle in seltenen Fällen auftreten kann, hat das aus Kundenperspektive keinen großen negativen Einfluss.

Die Entladeleistung der „Varta.wall“ steigt mit der Kapazität. Bei zehn Kilowattstunden haben Sie eine Entladeleistung von fünf Kilowatt. Wenn man Solarenergie über die Batterie abends ins Elektroauto laden will, braucht man eventuell höhere Ladeleistungen. Wieso haben sie so entschieden?

Für das Beladen meines E-Autos aus dem Batteriespeicher sind zehn Kilowattstunden Kapazität nicht ausreichend. Ich würde eher einen größeren Batteriespeicher nehmen. Wir haben das System bei der Auslegung der Leistungen auf Langlebigkeit getrimmt. Das ist eine bewusste Entscheidung.

Was war Ihnen beim Design des Systems noch wichtig?

Für den Installateur ist wichtig, dass unser System erst im zusammengebauten Zustand ein Hochvoltsystem ist. Das realisieren wir dadurch, dass wir Doppelmodule nutzen. In der Batterie mit 5 Kilowattstunden sind zwei Module à 2,5 Kilowattstunden verbaut. Diese zwei Module haben im nicht verbundenen Zustand je 48-Volt. Sie werden dann in Reihe zu einem 96-Volt-Modul geschaltet. Für den Installateur ist es ein Low-Voltage-System und er braucht keine gesonderte Schulung. Wir haben das zum Patent angemeldet.

Sie fertigen ja bereits Batteriezellen in Deutschland, in einer ersten Serienfertigung auch Lithium-Ionen-Rundzellen. Haben Sie bereits konkrete Pläne, diese Rundzellenfertigung weiter auszubauen und in stationären Energiespeichern einsetzen?

Das ist für die Zukunft natürlich eine sehr interessante strategische Option. Wir wollen weiter in großformatige Zellen investieren, sei es in das Rundzellenformat oder andere großformatige Zellen. Grundsätzlich haben wir uns bereits vor zehn Jahren bewusst dafür entschieden, in das Geschäft mit Lösungen zur Vermeidung des Klimawandels zu gehen. In den letzten zwei Jahren haben wir die Tätigkeiten evaluiert und die Entscheidung getroffen, dass wir angesichts der Herausforderungen, vor der die Gesellschaft steht, hier noch stärker fokussieren. Unseren Varta-Claim „Empowering Independence“ setzen wir bei Energy Storage um, in dem wir jeden empowern, saubere Solarenergie zu nutzen und zu speichern. Daraus resultiert unsere neue Strategie. Die Varta.wall ist das erste Produkt der neuen Generation auf Basis dieser Strategie. In deren Fokus steht, dass wir bei Varta Cleantech made in Germany produzieren und exportieren, zukünftig auch weltweit.

Sie haben schon lange die Speichersysteme „Varta pulse neo“ und „Varta element backup“. Inwiefern ist das jetzt eine neue Dimension?

Es ist eine neue Dimension in der Größe der Investition und in der Stringenz, wie wir das Geschäft aufbauen. Bis dato ist Varta als Battery-Company bekannt. Varta wird zukünftig aber auch eine Erneuerbare-Energie-Company sein.  Batterien spielen eine Schlüsselrolle für das Gelingen der Energiewende – und wir leisten mit unseren Speichern einen Beitrag dazu. Varta steht eben nicht nur für die Batterien, die man aus dem Haushalt kennt oder aus der Industrie, sondern auch für erneuerbare Energie.

Just zu diesem Zeitpunkt ist der Aktienkurs stark eingebrochen. Man liest, dass Apple einen Teil seiner Lieferanten diversifizieren will. Das betrifft Varta, da sie Lieferant für die Batterien und Batteriezellen für Kopfhörer sind. Im Bericht für das dritte Quartal berichten Sie, dass der Umsatz in dem Segment um 25 Prozent zurückgegangen ist. Wird dadurch die Investitionssumme für diesen stärkeren Fokus auf erneuerbare Energien und vielleicht stationäre Batteriespeicher wieder reduziert?

Wir können Kundenbeziehungen nicht kommentieren, da bitte ich um Verständnis. Zu Ihrer Frage: Nein. Natürlich sehen wir am Aktienmarkt gewisse Bewegungen. Die sieht man immer. Viele Unternehmen leiden gerade unter Veränderungen im gesamten Weltmarkt bei Rohstoffen und Energie. Aber auf die Investitionsbereitschaft der Varta AG in diesen Bereich angesprochen, da ändert sich nichts. Wir haben Investitionssummen allokiert. Wir bauen jetzt in den nächsten Wochen und Monaten eine Fertigung für den neuen Speicher auf. Wir wachsen und stellen im Bereich Energy Storage jeden Monat Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein, um diesem Wachstum nachzukommen. Von daher haben wir einen klaren Blick in Richtung Wachstum.

Als BYD vor sechs oder sieben Jahren in den Markt für Heimspeicherbatterien ging, war das Unternehmen in dem Segment nahezu unbekannt und verkündete ein Marktanteil-Ziel von 20 Prozent. Das klang damals nach sehr viel. Inzwischen hat es das erreicht. Haben Sie auch so ehrgeizige Marktanteilsziele?

Ja, natürlich haben wir so ehrgeizige Ziele.

Was ist da das Ziel?

Wir haben ganz klar die Ambition, als Varta in allen Segmenten, in denen wir unterwegs sind, unter den Marktführern zu sein. Das gilt für Consumer-Batterien, für Hörgeräte-Batterien und für die in den von Ihnen benannten Kopfhörer, den True-Wireless-Headsets. Ob das kurzfristig immer Top 1 heißt, sei mal dahingestellt, aber natürlich wollen wir eines der Top-3-Unternehmen in Europa werden, das Energiespeicher in die Haushalte bringt.

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