Der Atomausstieg Deutschlands ist nach dem Atomausstiegsgesetz sicher. Glauben viele. Doch das Thema Wiederkehr der Atomenergie ist schon lange in der Diskussion, auch wenn es hierzulande in der Öffentlichkeit wenig zur Kenntnis genommen wurde. Nun hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck angekündigt, zwei der drei verbliebenen, über 34 Jahre alten AKW, die laut Gesetz Ende 2022 abgeschaltet werden müssten, bis Mitte April 2023 am Netz zu belassen. Sie sollen als Reservekraftwerke genutzt werden. Habeck beruft sich dabei auf die Ergebnisse des sogenannten Stresstests 2.0. Dieser ist umstritten und Kritiker fordern, „den Riss-Reaktor Neckarwestheim 2 und das unter Rissverdacht stehende AKW Isar 2“, so die Anti-Atom-Organisation „.ausgestrahlt“, dürfe man nicht länger laufen lassen. Selbst der Betreiber des AKW Isar 2 hält Habecks Pläne für ungeeignet. Die Meiler als „Kaltreserve für den Notfall vorzuhalten, sei riskant und nicht umsetzbar“, zitiert „Der Spiegel“.
Habecks Schritt ist ungeachtet der vordergründigen Argumentation eine politische Entscheidung. Sie greift erstmals frontal den Markenkern der Grünen Partei an, die sich seit ihrer Gründung 1980 mit dem Ausstieg aus der Kernkraft identifiziert hatte. Entsprechend hoch schlagen die Wellen, nicht nur in der Anti-Atom-Bewegung, sondern auch innerhalb der Grünen Partei. Hatten die Mitglieder noch weitgehend geschluckt, dass der Kohlekompromiss gekippt und der Gas- und LNG-Einkauf mit bisher nie gekannter Geschwindigkeit durchgedrückt wurde, während das sogenannten Osterpaket zur „Lame duck“ verkümmerte, geht es nun um die letzte Bastion des grünen Selbstverständnisses. Bisher haben 157 Grüne einen Antrag unterstützt, den sogenannten Streckbetrieb der beiden AKWs auf der kommenden Bundesdelegiertenkonferenz zu thematisieren und zu kippen. Ausgang offen.
Auch wenn der aktive AKW-Betrieb momentan noch mit einem Konjunktiv verknüpft ist – falls es im Winter zu einer “ krisenhaften Situation“ kommen sollte – die Stimmen für eine Laufzeitverlängerung, also eine Novellierung des Atomgesetzes, sind ganz und gar nicht verstummt. Im Gegenteil. Nach Habecks Entscheidung muss man hinter der Annahme, der Atomausstieg sei beschlossene Sache, ein Fragezeichen setzen. Es wäre ja nicht die erste Kehrtwende in Sachen AKW in diesem Land. Das ganze Palaver um ein Revival der Atomkraft ist eingebettet in die sogenannte Gaskrise, die der Einfachheit halber dem russischen Präsidenten Putin in die Schuhe geschoben wird. Dieses Narrativ wird gegenwärtig von Seiten der Parlamentsparteien, der Regierung und der Medien wie ein Mantra verkündet. Dessen ungeachtet ist und bleibt es ein innerdeutsches Politikum.
Betrachtet man die wirtschaftliche wie auch die technische Seite, also die Situation der Energiewirtschaft, wird deutlich, mit Strom aus den AKW lässt sich die gegenwärtige Situation, die als Gaskrise bezeichnet wird, nicht meistern. Der Strompreis bildet sich nämlich im europäischen Markt. Nicht nur die Preise in der Spitzenlast sind sehr hoch – also dort wo Gaskraftwerke nach dem Merit-Order-Prinzip den Preis bestimmen – sondern auch die in der Grundlast. Und dort spielt Gas gar keine Rolle. Der von Habeck so bezeichnete Streckbetrieb trägt nicht zur Versorgungssicherheit im Winter bei. Dazu wären die unflexiblen AKWs auch gar nicht in der Lage. Auf die stark gestiegenen Strompreise hat der AKW Streckbetrieb keinen Einfluss. Auf die Gaspreise schon gar nicht.
Bezieht man die Situation in Frankreich mit ein, wo im laufenden Sommer bis zu 32 der 56 AKW abgeschaltet werden mussten, sorgte das Defizit bei Atom und Wasserkraft im Nachbarland für satte Gewinne bei den deutschen Versorgern. Sie exportieren vornehmlich Kohle- und Gasstrom und malen zugleich das Schreckgespenst der Stromknappheit an die Wand. Diese Stromknappheit gibt es nicht. Weder das Thema der Versorgungssicherheit noch die hohen Strompreise rechtfertigen die Ausdehnung bzw. Laufzeitverlängerung der beiden AKW. Weder die einheimische Wirtschaft noch die Bürger sind auf den Atomstrom angewiesen.
Die neue Wortschöpfung des Streckbetriebes ist vielmehr ein Paradebeispiel für politisches Framing. Der Begriff erzeugt eine völlig andere Assoziation als Laufzeitverlängerung“: Ein Gummiband, das man auseinanderzieht, dehnt sich, lässt sich strecken und geht danach wieder in seine alte Form und Größe zurück. Diese Metapher soll mit dem Weiterbetrieb der AKW verbunden werden und dafür sorgen, dass der Vorgang harmloser erscheint als er ist.
Warum wird das Thema Laufzeitverlängerung von Habeck und Spitzenfunktionären in Partei und Regierung so gepusht? Erinnern wir uns, und das ist noch nicht so lange her, an die Debatte um die Taxonomie-Regeln der EU. Im Juli 2022 hatte das Straßburger Parlament die Einstufung von Gas und Atom als nachhaltig gebilligt. Damit wurde der Weg für das Öko-Label auf beide Energiequellen frei gemacht. Daraus folgt, dass in Zukunft Investitionen in Atomkraftwerke begünstigt werden. Dies gilt wohlgemerkt für zukünftige Investitionen und betrifft nicht die in Ausmusterung begriffenen Altmeiler. Wer glaubt, mit deren Abschaltung wäre das Thema Atomkraftwerke ein für allemal erledigt, liegt falsch.
Schon damals war der Widerstand der Grünen gegen die Aufwertung der Atomkraft mit einem Ökosiegel, gelinde gesagt, mäßig. Sind sie im Begriff, sich denjenigen Kräften zu öffnen, die in der Atomkraft „die einzige CO2-freie Energiequelle sehen, die zuverlässig und rund um die Uhr elektrischen Strom liefern kann, zu jeder Jahreszeit und fast überall auf der Welt, und die nachgewiesenermaßen im großen Maßstab funktioniert“. Dieses Zitat stammt von Bill Gates aus seinem 2021 erschienenen Buch „Wie wir die Klimakatastrophe verhindern“ (S. 108).
Ist dies eine bösartige Unterstellung oder eine auf der Hand liegende Schlussfolgerung, die sich aus der grünen Politik seit Beginn der Ampel-Koalition ergibt? Damit soll keinesfalls allen Grünen unterstellt werden, sie würden ihre Liebe zu den erneuerbaren Energien an den Nagel hängen. Ganz und gar nicht. Viele dürften nach wie vor überzeugte Anhänger von Solar-, Wind- und Bioenergie sein. Aber welche Verschiebungen der innerparteilichen Kräfteverhältnisse haben zu diesem Umschwung in Sachen AKW, den Habecks Entscheidung markiert, geführt? Und hört dieser Prozess auf oder wird er weitergehen?
Betrachtet man die politischen Kursänderungen und lässt die Beteuerungen, man setze nach wie vor auf 100 Prozent erneuerbare Energien, einmal als Innenpolitik beiseite und wirft den Blick über die Grenzen Deutschlands, ja der EU hinaus, so stellt man fest: Natürlich sind die erneuerbaren Energien weltweit im Aufwind, aber die großen Kapitalmagnaten und mit ihnen das Gros der konservativen Kräfte trommelt zunehmend für die neue Generation kleiner Atomkraftwerke. Sie könnten dezentral und in großer Anzahl gebaut und platziert werden. Sie gelten zugleich als gewinnträchtige Kapitalanlage, nicht nur bei dem vorgeblichen Philanthropen Bill Gates, der mit Milliardensummen Firmen aufgebaut hat, die diese Technologien erforschen, entwickeln und später bauen sollen.
Man mag das für einen nebelverhangenen Blick in die Zukunft halten, denn aktuell und vorerst geht es um die Ausbeutung der verfügbaren beziehungsweise erreichbaren fossilen Quellen, vornehmlich von Öl und Gas unter der auftauenden Arktis. Aber diese sind endlich und alle Supermächte der sich zur Multipolarität wandelnden Welt befassen sich mit den neuen Generationen von AKW. Allerdings ist dies in weiten Teilen der Energiewende- und Klimaschutzbewegung kein Thema. Hier herrscht mehrheitlich noch der Glaube, die Erneuerbaren würden sich automatisch, gewissermaßen einer Gesetzmäßigkeit des Fortschritts folgend, durchsetzen.
Fundamentale Veränderungen der politökonomischen Großwetterlage senden, seismischen Wellen gleich, ihre Botschaft oftmals weit im Vorfeld aus. Es wird sich aber bald zeigen, wohin sich die Waage in Sachen Akzeptanz der Atomkraft in der Gesellschaft – nicht nur bei den Grünen – neigt. Bei den Grünen mag das bei der nächsten Bundesdelegiertenkonferenz der Fall sein. In der bundesdeutschen Gesellschaft dürfte es etwas länger dauern, bis der gegenwärtig noch unausgesprochene Zweikampf zwischen Atom und Solar entschieden sein wird. Allerdings müssen beide Entscheidungen nicht gleich ausfallen.
— Der Autor Klaus Oberzig studierte in Mannheim und der FU Berlin Wirtschaft und Politikwissenschaften. Nach Tätigkeiten in einem Chemiebetrieb wechselte er in die Publizistik und arbeitete bei Printmedien, im Hörfunk und in Pressestellen. 2002 gründete er das Medienbüro „Scienzz Communication“, das sich mit Wissenschaftsthemen, vornehmlich Energie und Medizin, befasst. Erneuerbare Energien und die Energiewende sind aber schon seit den 1980er Jahren sein bevorzugter Schwerpunkt. Er ist Mitglied im Bündnis Bürgerenergie, wo er gegenwärtig als Aufsichtsrat fungiert. —
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Wenn der Autor des Artikels Berater im Wirtschaftsministerium wäre könnte, – Daten und Fakten fundiert – keiner seine Thesen widerlegen. Selbst die eingefleischten Lobbyisten, kämen ins Schwitzen.
Meine Kommentare hier betreffend, möchte ich eine Passage des Artikel heraus greifen.
Zitat…Der von Habeck so bezeichnete Streckbetrieb trägt.. „nicht“.. zur Versorgungssicherheit im Winter bei. Dazu wären die unflexiblen AKWs auch gar nicht in der Lage. Auf die stark gestiegenen Strompreise hat der AKW Streckbetrieb keinen Einfluss. Auf die Gaspreise schon gar nicht. Bezieht man die Situation in Frankreich mit ein, wo im laufenden Sommer bis zu 32 der 56 AKW abgeschaltet werden mussten, sorgte das Defizit bei Atom und Wasserkraft im Nachbarland für satte Gewinne bei den deutschen Versorgern. Sie exportieren vornehmlich Kohle- und Gasstrom und malen zugleich das Schreckgespenst der Stromknappheit an die Wand…. DIESE STROMKNAPPHEIT GIBT ES NICHT. Weder das Thema der Versorgungssicherheit noch die hohen Strompreise rechtfertigen die Ausdehnung bzw. Laufzeitverlängerung der beiden AKW. Weder die einheimische Wirtschaft noch die Bürger sind auf den Atomstrom angewiesen. Zitat Ende.
Dazu siehe die von mir ständig verlinkte Grafik.
https://de.statista.com/statistik/kategorien/kategorie/10/branche/e-commerce/
Schaut Euch die Entwicklung nach 2010, der bekannten Ermächtigungsverordnung an, die ich hier gebetsmühlenartig das „Faule Ei“ nenne. Es gibt keine Stromknappheit sagt der Autor, und das zu Recht.
Physikalisch ist der Strom da, es werden lediglich seit 2010 die Erneuerbaren im Versorgungssystem unterschlagen.
Siehe dazu im Folgenden meinen Kommentar vom 13 Sept. um 15.25 Uhr
https://www.pv-magazine.de/2022/09/12/es-braucht-aenderungen-am-strommarktdesign/#comments
Auf die AKW bezogen gibt es zwei markante Punkte, zum einen der Verbraucherpreis und zum anderen die Verfügbarkeit.
Punkt 1) …Auf den Verbraucherpreis hat das keinen mindernden Einfluss wenn sie weiterlaufen.
Siehe hier wie der Verbraucherpreis entsteht.
https://de.wikipedia.org/wiki/Merit-Order
Das letzte noch für die jeweilige Nachfrage benötigte Kraftwerk bestimmt den Preis, alle anderen werden zu diesem Preis bezahlt, und profitieren von einem so genannten „Mitnahme Effekt“
Am meisten profitieren abgeschriebene AKW weil die die niedrigsten Gestehungskosten haben. Deshalb nennt man die im Volksmund auch „Gelddruckmaschinen“
Punkt 2) Verfügbarkeit.
Da sind wir wieder bei der Tatsache, dass die EE seit 2010 nicht mehr offiziell im Versorgungssystem berücksichtigt werden, und deshalb die Nachfrage an der Börse „Virtuell“ erhöht wird.
Dazu siehe hier das Bild 3 wo nach Angebot und Nachfrage der Preis entsteht. https://de.wikipedia.org/wiki/Merit-Order
Wenn die EE noch im System wären, das heißt den Bilanzkreisen der Versorger zwingend zugeteilt würden, müssten die Versorger an der Börse weniger nachfragen. N1 auf der Grafik würde zu N2 und somit P1 zu P2. Der AKW Strom, der Physikalisch ohnehin kompensiert ist, wäre auch „Virtuell“ kompensiert.
Damit dieses gegenwärtig praktizierte Spielchen überhaupt so stattfinden kann, hat man 2010 gleich mit beschlossen, dass der Ökostrom nur noch „Kaufmännisch“ gehandelt werden darf.
Siehe hier:https://www.netztransparenz.de/portals/1/EEG-Jahresabrechnung_2018.pdf
Korrektur.
Beim Link zur Entwicklung der Export Geschäfte ab 2010 ist offensichtlich was schief gelaufen.
Hier ist der Richtige.
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/153533/umfrage/stromimportsaldo-von-deutschland-seit-1990/
Zitat aus dem im Anschluss verlinkten Artikel:
„Im Jahre 2021 ist der Anteil der Atomkraft am kommerziellen Strommix zum ersten Mal in über vier Jahrzehnten wieder unter die 10-Prozent-Marke gerutscht. Der historische Höhepunkt wurde schon 25 Jahre früher mit 17,5 Prozent erreicht. Alle Spitzenwerte der Schlüsselindikatoren der Atomindustrie wurden bereits vor Jahrzehnten erreicht: bei der Stromproduktion im Jahr 2006, bei der Anzahl der in Betrieb befindlichen Reaktoren 2002, bei Betriebsaufnahmen Mitte der 1980er-Jahre, bei im Bau befindlichen Reaktoren 1979, bei Baustarts 1976. Haben wir den Höhepunkt der Entwicklung, das «peak-atom», also bereits überschritten?„
https://www.ews-schoenau.de/energiewende-magazin/zugespitzt/EU-Taxonomie-Kommentar-Mycle-Schneider/
Das Kalkül von Merz und Consorten, wenn sie ständig an dem Randthema „Weiterbetrieb der Kernkraftwerke“ rummachen, ist, dass sie damit die Grünen in Realos und Fundis spalten können. Wenn man diese Spaltung aktiv betreibt, wie es hier Herr Oberzig macht, tut er genau das, was Herr Merz von ihm will.
Es ist ein fundamentaler Unterschied, ob man einem Streckbetrieb mit alten Brennelementen, ohne nachgeholte PSÜ, und mit verlängertem, eigentlich sich schon auf die Rente freuenden Personal zustimmt, oder die Weichen Richtung längerfristigem Weiterbetrieb stellt, indem man neue Brennelemente bestellt, die PSÜs nachholt, und neues Personal ausbildet. Der Streckbetrieb ist natürlich auch schmerzhaft, denn damit verzögert sich der Ausstieg nochmal um ein paar Monate. Man kann aber davon ausgehen, dass auf jeden Fall eine Mehrheit der Deutschen, wahrscheinlich sogar eine Mehrheit der Grünenwähler ganz erleichtert zur Kenntnis nimmt, dass das Thema mit der Lösung der Bundesregierung erledigt ist. Dass die Kernkraft keine Zukunft hat, sieht man ja an dem französischen Desaster, für das die deutschen Stromverbraucher unverschuldet mithaften müssen, weil auch bei uns die Strompreise dadurch gestiegen sind, schon bevor Putin seinen Terrorangriff auf die Ukraine gestartet hat.
Ich verstehe diese Spalter nicht: Ist es eine prinzipielle Unfähigkeit, sich Mehrheiten zu beugen, ist es ein unbedingtes Rechthabenwollen ohne Nachdenken über die Konsequenzen, oder ist es schlicht Lust am Zoff, die Hoffnung sich damit profilieren zu können? Natürlich muss man manchmal zwischen Regen und Traufe entscheiden. Bloß weil man sich für Regen entscheidet, ist man doch nicht schuld daran, dass es regnet. Man wählt halt das geringere Übel. Warum verstehen das manche nicht?
Ergänzend möchte ich noch hinzufügen: Ein nicht unerhebliches Problem des Weiterbetreibs der KKW scheint auch die Betriebsversicherung zu sein. So wird das jedenfalls in der FDP gesehen (Interview der Deutschen Welle mit Johannes Vogel vom 25.9.22). Bei jedem Weiterbetrieb der Kernkraftwerke müsste wohl der Staat als Übernehmer des Betriebsrisikos einspringen. Abgesehen von der Frage, ob er das nach EU-Recht überhaupt für längere Zeit dürfte, wäre uns allen der Barwert dieser Risikoübernahme zu hoch, oder etwas einfacher ausgedrückt: Der Betrieb von Kernkraftwerken ist sehr teuer, da gibt es billigere Möglichkeiten Strom zu produzieren. Wir bauen jedes Jahr 6 oder mehr GW PV zu (entspricht nach der produzierten Strommenge einem halben KKW) und wir schaffen hoffentlich schnell auch wieder die gleiche Leistung an Windkraft, was einem ganzen KKW entspricht. Schon im nächsten Winter sind diese zusätzlichen Leistungen am Netz, und dann braucht man 1,5 KKW weniger. Zusammen mit den 1,5 KKW von diesem Jahr sind dann ohnehin alle drei noch laufenden KKW ersetzt, und zwar mit Strom, der in seiner Produktionscharakteristik besser an den Strombedarf angepasst ist, als diese ohne Rücksicht auf den Tagesgang des Strombedarfs 24/365 durchpowernden KKW. Die drei jetzt noch laufenden KKW bis in den April ’23 weiterlaufen zu lassen ist zwar nur ein homöopathisches Pflaster auf der wunden Seele des deutschen Stromverbrauchers, aber es sei ihm gegönnt. Grüne sollten doch intelligenter sein, als diese tumben und staatszersetzenden CDU-A*********r.
JCW schreibt.
Dass die Kernkraft keine Zukunft hat, sieht man ja an dem französischen Desaster, für das die deutschen Stromverbraucher unverschuldet mithaften müssen, weil auch bei uns die Strompreise dadurch gestiegen sind, schon bevor Putin seinen Terrorangriff auf die Ukraine gestartet hat.
@ JCW
Und warum sind bei uns die Strompreise gestiegen ?? Doch nur weil wir seit 2010 Strom aus Sonne und Wind, offiziell aus unserem Versorgungssystem raus genommen haben, und separat an der Börse als Überschuss verramschen.
Siehe hier unter Auswirkungen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Ausgleichsmechanismusverordnung
Das ist der Hauptgrund weshalb bei uns Gaskraftwerke wieder die Macht ergreifen konnten. Und wenn ich dann lese, dass der Staat Millionen Prämie zahlt, wenn ein Kohlekraftwerk, früher als vereinbart vom Netz geht, müssen doch die Betreiber bescheuert sein, wenn sie die diese Möglichkeit nicht nutzen, wohl wissend, dass das ihren Gaskraftwerken durch Einsatzzeiten zugute kommen kann.
Würden die Erneuerbaren noch „physisch“ gewälzt, das heißt den Versorgern zwingend zugeteilt, würde Gas in unserem Strompreis so gut wie keine keine Rolle spielen, weil nach dem Merit Order Prinzip Gaskraftwerke kaum noch zum Zuge kämen.
Dazu siehe bei meinem obigen Kommentar den Punkt 2) Verfügbarkeit.
Davon, dass Sie hier immer wieder das gleiche schreiben, wird es auch nicht relevanter. Ich fürchte, jeder das sieht, denkt: „Schon wieder dieser SPAM“. Weil Sie es offensichtlich immer noch nicht verstanden haben: Wenn wir heute, mit dem hohen Anteil von Erneuerbaren wieder zu dem vor 2010 geltenden System zurückkehren würden, hätten wir nur folgende Alternativen:
a) Abkoppelung des deutschen Strommarkts vom europäischen.
oder
b) Starke Benachteiligung der deutschen Energieversorgungsunternehmen gegenüber ihren ausländischen Konkurrenten, weil sie verhältnismäßig wertlosen Strom zu hohen Preisen übernehmen müssten, und soweit sie ihn nicht an ihre Konzessionsgebiet-Kunden verkaufen könnten, an diese ausländischen Konkurrenten verschleudern müssten, die sich die Hände rieben, dass sie mit dem Rückenwind dieser Zusatzgewinne ihre deutsche Konkurrenz mit Dumpingpreeisen aus dem Markt kicken könnten.
oder
c) Erreichen, dass auch die ausländischen Konkurrenten im gleichen Verhältnis deutschen EEG-Strom zu den zu hohen Preisen übernehmen müssten.
a) wird sicher nicht gewählt werden, b) war die Situation vor 2010, aber lange geht das nicht gut, wenn die Menge des zu übernhemenden Storms relevante Grenzen übersteigt, und c) kann man ja mal versuchen, aber ich sehe da keine Erfolgsaussicht.
Also: Hören Sie doch auf, diesen Mist zu posten, beschäftigen Sie sich lieber mit der Frage, wie wir den Markt der Zukunft gestalten müssen, damit er unter „Normalbedingungen“ (d.h. ohne Energiekrieg eines wichtigen Lieferanten) gut und gerecht funktioniert, und dank seiner weise gewählten Mechanismen selbst bei unverhersehbaren Belastungen die Lasten gerecht und sinnvoll verteilt. Mit Ausfällen wie in Frankreich muss man immer rechnen, das muss also in den Marktmechanismen abgedeckt sein. Vor Spielchen, wie sie Herr Putin mit uns spielen will, kann man sich nur durch möglichst weitgehende Autarkie schützen, was aber unnötig teuer wäre. Aber schon eine Verteilung des Ausfallrisikos auf viele Lieferanten würde unseren Energiemarkt wesentlich robuster machen.
@JWC
ruhig bleiben. Der Ausstieg aus Atomenergie ist Gesetz.
Ein „Streckbetrieb“ ist letztendlich nur eine Betrachtung für die Verfügbarkeit der verbleibenden Brennstoffe/ Brennstäbe.
Ein Weiterbetrieb von AKWs über die nächsten 3-4 Jahre, wie mehrfach von der politischen Seitenlinie ins Spiel gebracht, wird nur durch den Gedanken einer möglichen anhaltenden kritischen Energieversorgung der nächsten Jahre geschuldet, entbehr aber jegliche Sachkentnis.
Eine gesetzlich verankerte Notwendigkeit der geforderten 10jährigen großen Revision, die schon seit 3 Jahren für die verbliebenen Meiler einvernehmlich aussteht und damit trotzdem überfällig ist, wird von den Vortragenden geflissentlich ausgeblendet. Lieferzeit von neu zu bestellenden Brennstäben verhält es sich ebenso.
Nein! H. Habeck hat genau das Richtige in die Wege geleitet.
Ein AKW-Revival wird es zum Glück nicht geben.
Die Öffentlichkeit lässt gute Nachrichten links liegen und umso reißerischer eine schlechte Nachricht ist umso öfter wird sie gelesen und kommentiert. CDU CSU haben eine sehr gute Strategie entwickelt. Sie tun so als ob sie schon über 10 Jahre in der Opposition sind und jetzt endlich mal dran sind alles besser zu machen. Da sie ursächlich und hauptsächlich für diesen Schlamassel verantwortlich sind wird oft nur in einem Nebensatz in der Presse oder von Herrn Habeck erwähnt. Die These Blackout oder weiterlaufen der AKWs ist auch tiefschwarz eingefärbt. Auch die Forderung eines Ex-Ministers nicht nur nach Technologieoffenheit sondern auch nach neuen AKWs zeigt, dass bei vielen immer noch erneuerbare Energien nicht gefragt sind. Einen Bericht über die sicherlich katastrophale Stromversorgung in Frankreich interessiert niemanden bei den schwarzen Parteien und es findet sich auch kein längerer Beitrag zu einer guten Sendezeit bei den Öffentlich-Rechtlichen, wenn mit der Schifffahrt die AKWs ausfallen. Wären die Grünen trotz viel Kritik bei einem klaren Nein geblieben und hätten dies auch dokumentarisch verständlich gemacht hätte das dieser Partei besser zu Gesicht gestanden. Gleichzeitig ein Turbo Programm mit Repowering von Windrädern und neuen Solarparks in LNG- Geschwindigkeit hätte dieses Nein sanft begleiten können.
Sehe ich auch so. Die Grünen schienen etwas überrumpelt von der Thematik. Wobei es eine billige und schmutzige Kampagne ist, die erstaunlicherweise von den Leitmedien fraglos weiter getragen wird. Verantwortung? Union? Keine Spur.
Es wäre tatsächlich nicht so kompliziert gewesen, die mediale Deutungshoheit inhaltlich so behalten. Der Punkt geht an die Union. Das muss man ihnen lassen, Kontakte zu Medien, Aufbauen einer landesweiten Kampagne über Wochen hinweg. Füllen sämtlicher TV Lücken mit Gesprächsrunden darüber. Für am Ende: nichts. Und das halbe Land plappert den Unsinn nach.
Ich verlinke gern den Wikipedia Artikel über Flamanville oder das Chaos AKW in Finnland. Da vergeht einem dann sehr schnell wieder die Lust an der Kernenergie. Die tun so, als könne man das einfach kosequenzenlos per Klick weiterbetreiben und kommen mit der Masche auch noch durch!
Eine Frechheit, dass das in den Medien so durchgepeitscht wird, wo sonst bei jeder AKW Störung in Belgien die Anrainermedien ausflippen.
Es wäre im Winter sinnvoller, es würde Frankreich gelingen mehr AKWs zum Laufen zu bringen und am Laufen zu halten als dass wir stattdessen unsere drei „AKW-Ruhestandskandisaten“ mit höherem Sicherheitsrisiko und höheren Kosten weiterfinanzieren. Wir haben eine europäische Stromversorgung und wir helfen uns länderübergreifend bei der Stromversorgung.
Gelinde gesagt: Das französische nukleare Energiesystem steht mehr oder weniger vor dem (technisch/finanziellen) Kollaps. Der Kraftwerkspark ist in die Jahre gekommen und braucht dringend sehr viel Geld für Sanierungen.
Dazu kommt: Der geplante Neubau in Flamanville ist eine einzige Katastrophe, ein planungstechnischer Super-Gau und dazu ein ökonomisches Grab, ein Fass ohne Boden. Die angekündigten Neubauten von AKWs sind da doch ein nicht ernstzunehmender Witz. Vor 2040 geht da kein neues AKW mehr ans Netz. Die Technologie ist unbezahlbar, von Anfang an, und nicht erst am Ende mit Rückbau und Entsorgung. Das Desaster beginnt lange bevor die erste Turbine Energie erzeugt.
Die nötigen Investitionen in das nukleare System sind derart hoch, dass weder der Staatskonzern EDF noch der französische Staat in der Lage waren, das zu finanzieren. Das wiederum war einer der Gründe, warum Kernenergie heute als „grüne“ Technologie gilt, um letztlich Kredite der Banken zu ermöglichen.
Das Spielchen ist sowas von durchschaubar und einfach gestrickt. Am Ende muss der Steuerzahler sowieso alles bezahlen: Die Energie plus das Risiko. Und Risiko ist keineswegs allein der Supergau, sondern schlicht ein „zu warmer“ Sommer.
Lesen Sie sich das hier durch, Abschnitt „Neubau Block 3“.
-> Sie werden aus dem Staunen nicht heraus kommen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Kernkraftwerk_Flamanville
Der letzte Satz haut einen fast um:
„Mitte Juli 2022 wurde öffentlich bekannt, dass ein Teil der installierten Reaktorsteuerung nicht funktioniert. EdF weiß seit 2019 von dem Problem“
Das Desaster kostet den Steuerzahler nun schon schätzungsweise 16 Milliarden Euro (geschätzt waren 3,3). Es gibt noch immer noch kein Datum für eine realistische Inbetriebnahme und die Kosten werden weiter steigen ohne eine einzige weitere KWh: Für einen einzigen neuen Block in einem einzige AKW. Herzlichen Glückwunsch.
Und das will die Union in Deutschland in 2022 und der Zukunft? Am besten die alten Dinger wieder reaktivieren? Dann können wir gleich das X-Fache für LNG-Gas bezahlen. Zinskosten für Kredite staatlicher Zuschüsse lassen sich im Haushalt aber viel einfacher verstecken bzw. fallen nicht so unangenehm auf wie der Gaspreis für den Endkunden, also den Wähler.
Diese Meiler sind in jeder Hinsicht eine einzige Vollkatastrophe, gar nichts daran ist positiv, überhaupt nichts. Nicht einmal kurzfristig. Außer für die Betreiber natürlich, denn der zahlt die wahren Kosten nicht.
Vllt. sollte „der Staat“ beim Thema Energie besser nicht den Anspruch haben, die Sache eigenmächtig führen zu wollen.
Genauso viel Lust auf Kernenergie bekommt man beim zweiten europäischen AKW Prestige-Projekt in Finnland:
https://de.wikipedia.org/wiki/Kernkraftwerk_Olkiluoto
Die Finnen haben aus ihrem Desaster immerhin scheinbar gelernt:
„Am Standort Olkiluoto war ein vierter Block geplant, dessen Bau im Mai 2015 von Investor TVO abgesagt wurde“
Dass man dieses Thema überhaupt immer und immer wieder neu auf die Agenda setzt, grenzt geradezu an Wahnsinn.