Neue Übergangsregelung für Anlagenzertifikat greift für Photovoltaik-Anlagen ab 135 Kilowatt bis 2025

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In den vergangenen Monaten hatte sich das Problem massiv verschärft: Viele Photovoltaik-Anlagen waren einspeisebereit, doch durften wegen des fehlenden Anlagenzertifikats nicht ans Netz. Die Zertifizierer arbeiteten mit Hochdruck, doch die neuen komplexeren Anforderungen stellten alle Seiten vor große Schwierigkeiten (siehe pv magazine Deutschland, März 2022, Warten auf den Netzanschluss). Der Rückstau von nicht angeschlossenen Photovoltaik-Anlagen ab 135 Kilowatt, die dieses Zertifikat brauchen, wurde entsprechend immer größer.

Die Politik hat mittlerweile reagiert. Fast ging der Beschluss unter, denn er fand parallel mit der Entscheidung statt, das Netzanschlussprozedere für Photovoltaik-Anlagen zu digitalisieren. Ende Juni hatte Bundestag die Änderungen im Energiewirtschaftsgesetz beschlossen. Auf Anfrage von pv magazine erklärte das Bundeswirtschaftsministerium, dass im Zuge der EnWG-Novelle seien die Änderungen in der NELEV am 24. Juni beschlossen worden. NELEV ist die Elektrotechnische-Eigenschaften-Nachweis-Verordnung, die im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) enthalten ist.

Die Neuregelung tritt zwei Tage nach Veröffentlichung in Kraft. Die Veröffentlichung des Gesetzestextes erfolgte wie die des EEGs 2023 am heutigen Donnerstag – damit gilt die neue Regelung ab Samstag (30. Juli 2022). „Um kurzfristig für Entlastung beim Zertifizierungsverfahren zu sorgen, wurde die rechtliche Grundlage für die Zertifizierung, die ‚Verordnung zum Nachweis von elektrotechnischen Eigenschaften von Energieanlagen‘ (NELEV) angepasst. Die Novellierung ermöglicht, dass innerhalb eines Übergangszeitraums Stromerzeugungsanlagen von 135 bis 950 Kilowatt schon vorläufig ans Netz angeschlossen werden dürfen, auch ohne alle notwendigen Nachweise eingereicht zu haben“, erklärte eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums auf Anfrage von pv magazine. Die akkreditierten Zertifizierungsstellen könnten bis 31.12.2025 das Anlagenzertifikat unter der Auflage erteilen, dass noch fehlende Nachweise der Erfüllung der technischen Anforderungen innerhalb einer Frist von 18 Monaten nachzureichen sind.

Lediglich vier essenzielle Mindestanforderungen für die Systemsicherheit müssten nach der neuen Regelung nachgewiesen werden. Sie sind in der NELEV definiert und umfassen gültige Einheitenzertifikate für die zertifizierungspflichtigen Erzeugungseinheiten, verschiedene mit dem Netzbetreiber vereinbarte Leistungsangaben zu Schein- und Wirkleistung, ein Schutzkonzept sowie ein Konzept zur Wirkleistungssteuerung des Netzsicherheitsmanagements.

Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, muss die Zertifizierungsstelle das Anlagenzertifikat B unter auflagen ausstellen. Die Photovoltaik-Anlagen können damit vorläufig den Betrieb aufnehmen. Wenn innerhalb der 18 Monate nicht alle erforderlichen Nachweise erbracht werden können, dann müssten die Anlagen wieder vom Netz getrennt werden. Wenn die Nachweise erfolgen und die Konformitätsprüfung durch die Zertifizierungsstellen positiv ausfällt, gibt es die endgültige Betriebserlaubnis für die Photovoltaik-Anlagen.

Der Grünen-Politiker Hans-Josef Fell lobte die gefundene Regelung für das Anlagenzertifikat. „Nun ist in der EEG-Novelle 2023 der Ampelkoalition eine gute Übergangslösung gelungen, die es den Betreibern ermöglicht, schnell anzuschließen. Damit kann ein wichtiger Beitrag geleistet werden, die Laufzeitverlängerung der letzten drei AKW zu verhindern und die Stromsicherheit zu gewähren“, erklärte er.

Die Regelung gelte für alle Photovoltaik-Anlagen, also auch jene, die bereits installiert sind, wegen des fehlenden Anlagenzertifikats jedoch noch nicht ans Netz gehen und Solarstrom einspeisen konnten. Mit Verweis auf seine Parteikollegin Ingrid Nestle schreibt Fell, dass zudem unter Führung des Bundeswirtschaftsministeriums im „Branchendialog Beschleunigung Netzanschlüsse“ über weiteren Möglichkeiten zur Beschleunigung und Vereinfachung des Verfahrens diskutiert werde.

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