Zu Beginn der weltweiten Corona-Pandemie zeigten sich Regierung und Bundesnetzagentur verständnisvoll und verlängerten die Realisierungsfristen für die großen Photovoltaik-Anlagen aus den Ausschreibungen. Noch immer wirkt Corona nach, denn nun fordert Juwi eine erneute Anpassung der Regelung. Diesmal sind die „gestörten Lieferketten“, die einen schnellen Ausbau von erneuerbaren Erzeugungskapazitäten konterkarierten. Dabei will die Bundesregierung aktuell den Ausbau von Photovoltaik und Windkraft mit dem EEG-„Osterpaket“ noch beschleunigen.
„Nun drohen gestörte Lieferketten und Materialengpässe vor allem bei netztechnischen Komponenten wie Umspannwerken, Transformatoren, Trafostationen und Übergabestationen dieses Ziel zu konterkarieren. Denn die aktuellen Lieferzeiten für diese Komponenten liegen zum Teil. bereits bei zwei Jahren – und sind damit schon länger als die vom Gesetzgeber eingeräumten Fristen zur (straffreien) Realisierung der Projekte“, erklärt der Projektentwickler aus Wörrstadt. Gerade den Engpass und die langen Wartezeiten bei Transformatoren hatten viele von pv magazine befragte EPC-Unternehmen während der Intersolar Europe in München vor einem Monat bestätigt.
Der Vorschlag von Juwi ist, eine kurzfristig wirkende Verlängerung der Realisierungszeiten um zwölf Monate zu beschließen. Zudem sollte es eine Verordnungsermächtigung für die Bundesnetzagentur geben, künftig die Realisierungsfristen auch ohne Gesetzesänderung anpassen zu können. „Damit laufen Erneuerbare-Energien-Projekte nicht nur Gefahr unverschuldet mit Strafzahlungen für eine nicht fristgerechte Realisierung belegt zu werden und ihre Zuschläge zu verlieren, auch die Ziele der Bundesregierung geraten so außer Reichweite“, argumentiert Juwi. Für die Gesetzesanpassung sollte die anstehende EEG-Novelle genutzt werden. Sie soll voraussichtlich am 23./24. Juni im Bundestag beraten und beschlossen werden.
„Wir erleben gerade, dass viele Hersteller aufgrund der angespannten Situation in der Ukraine und den aktuell vorherrschenden Materialengpässen keine Liefertermine mehr vertraglich garantieren können“, erklärte Christian Arnold, Vorstand des Projektentwicklers Juwi. „Damit steht ganz klar die Gefahr im Raum, dass Projekte nicht realisiert werden, weil bereits erteilte Zuschläge verfallen, oder sich Projekte massiv verteuern.“ Beides könne nicht im Sinne der Energiewende sein. „Leider thematisieren weder der Bundesrat in seiner Stellungnahme noch die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung dieses wichtige Anliegen“, so Arnold weiter
Juwi sieht zudem, dass Projektentwickler ein überproportionales Risiko tragen müssten. Um die fristgerechte Inbetriebnahme einhalten zu können und Pönale zu umgehen, müssten sie unter den aktuellen Lieferbedingungen eigentlich schon vor der Bezuschlagung durch die Bundesnetzagentur die Finanzierung sicherstellen und die Komponentenbestellung auslösen. „Für einen Großteil der Marktteilnehmer ist das aber erst nach dem Zuschlag und gesicherter Einspeisevergütung finanziell darstellbar. Das bisherige Nebeneinander von finanzstarken und kleineren Marktakteuren droht so unter die Räder zu kommen“, sagte Arnold.
Bei Photovoltaik-Freiflächenanlagen greift die erste Strafzahlung bereits nach 18 Monaten und sieht einen Abschlag von 0,3 Cent pro Kilowattstunde auf die Vergütung vor. Bei Windparks greift die Pönalisierung nach 24 Monaten. „Eine pauschale Verlängerung der Realisierungszeiten um 12 Monate stellt aus unserer Sicht eine schnelle und sachgerechte Lösung dar“, sagt Arnold. Juwi ist sowohl in der Realisierung von Wind- als auch Solarparks in Deutschland aktiv. „Denn trotz verlängerter Realisierungszeit wird jeder Projektentwickler aus Gründen der Liquidität und der Gewinnerzielungsabsicht weiterhin seine Projekte schnellstmöglich fertigstellen wollen und die Inbetriebnahme vorantreiben.“ Mit einer pauschalen Verlängerung würde den Unternehmen jedoch mehr Sicherheit gegeben, eine fristgerechte Realisierung auch tatsächlich zu erreichen.
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Hier besteht die Gefahr, dass insbesondere Grossprojekte von Firmen, welche die enormen Gewinne aus Oel und Gas nutzen, um Erneuerbare Projekte zu finanzieren, erheblich verzoegert werden koennen. Damit kann der Oel- und Gaskonsum stimuliert werden und nebenbei wird auch noch wertvolle Flaeche blockiert.
Ich bin vor einiger Zeit ueber ein Windpark-Projekt (nicht in D) einer aus der traditionellen Energiegeneration bekannten Firma gestolpert, welches sich seit ueber 20 Jahren in der Projektierung befindet. Man hat gerade erst, mal wieder, die neuesten Windturbinen in einem neuerlichen Aenderungsantrag bewilligt bekommen. Auf dieser Flaeche ist noch kein Spatenstich erfolgt, es kann auch kein Anderer dort ein Projekt verwirklichen. Alle paar Jahre wird der Projektumfang veraendert und neu beantragt. Das Gaskraftwerk in der Naehe laeuft praechtig.
Aehnliches kann in grossen Offshore-Anlagen beobachtet werden, welche bei bestimmten Firmen regelmaessig teils um Jahre verzoegert sind und bei anderen Firmen ohne alternative Geschaeftsmodelle und -interessen aus irgendeinem Grund scheinbar sehr viel reibungsloser realisiert werden.
Nicht alle Firmen haben die gleichen Interessen und einige Firmen mit derzeit enormer Liquiditaet haben eigentlich gar kein Interesse, ihre Projekte auch nur annaehernd zeitnah zu realisieren, da jegliche Verzoegerung das Kerngeschaeft am Brummen haelt.